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Alphavampir

Titel: Alphavampir
Autoren: Sandra Henke
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zu ziehen, überlegte es sich aber anders, als er den Speckrand und die Schuppen bemerkte. Lieber ging er zu ihm. Er schaute dem Reporter tief in die Augen, versenkte seinen Blick förmlich in ihm und sprach in einem hypnotischen Singsang auf ihn ein. Alles ließ er ihn vergessen – nicht nur ihren Besuch, sondern dass er sie überhaupt jemals gesehen hatte, die Werwölfe, die Illusionisten, das Nostalgia Playhouse und die Skua.
    Um Jerkins zu beschäftigen, pflanzte Kristobal ihm ein, einem Chupacabra auf der Spur zu sein. Das lateinamerikanische Fabelwesen wurde angeblich inzwischen auch öfter in den USA gesichtet. Da man ihm nachsagte, Kleinvieh auszusaugen, erklärte es alte Kollateralschäden der Vampire. Außerdem liebte Matt Jerkins urban legends . Er würde den Köder fressen und auf eine falsche Fährte gelockt werden – und jeder andere in Alaska würde den Reporter für durchgeknallt halten.
    Als Nanouk hinter Kristobal das Appartement verließ, befürchtete sie, an der Staublunge erkrankt zu sein. Sie hustete absichtlich, aber sie fühlte sich erst besser, nachdem sie in den Escalade eingestiegen und einen Schluck aus der Wasserflasche, die in der Getränkehalterung stand, genommen hatte.
    Kristobal fuhr los und Nanouk lehnte sich zurück. Gedankenversunken schaute sie aus dem Fenster.
    So viel war geschehen. Die letzten Wochen blieben ihr als eine Berg- und Talfahrt in Erinnerung, aber alle Differenzen mit den Vampiren waren gelöst. Die Werwölfe betrachteten sie wie Halbbrüder und -schwestern, weil sie früher einmal Lykanthropen gewesen waren und Kristobal noch einen rudimentären Wolf in sich trug. Ob das Rudel und die Blutsauger jemals Freunde werden würden, stand auf einem anderen Blatt. Sie versuchten friedlich nebeneinander in Anchorage zu leben. Aber das bedeutete nicht unweigerlich auch miteinander.
    Claw und Kristobal hatten sich schätzen gelernt. Wer hätte gedacht, dass sich die beiden Alphas eines Tages vertrauen würden? Claw akzeptierte – zähneknirschend, aber er erkannte die Notwendigkeit – dass sich die Vampire an den Theaterbesuchern nährten, jedoch nur so viel, dass die Menschen keinen Schaden davontrugen und sich an nichts erinnerten.
    Im Gegenzug trat Pavel nicht mehr in der Show auf, was dem Werwolf ganz und gar nicht passte. Die Ahs und Ohs des Publikums, die Aufschreie und der Beifall, das alles war Balsam für seine Seele gewesen, die einzige Möglichkeit, mehr zu sein als ein Diener der Vampire. Nanouk hatte seine Unentschlossenheit gewittert. Würde er fortgehen? Er war sauer auf die Illusionisten, wollte sich allerdings auch nicht Claws Rudel anschließen, weil die Werwölfe Schuld an seinem Auftrittsverbot trugen.
    Als Kristobal vor dem vierstöckigen Haus parkte, in das Nanouk allein wegen der uringelben – Lupus behauptete, es sei Schwefelgelb – Fassade nicht eingezogen wäre, erwachte sie aus ihren Gedanken.
    Im Treppenhaus spornte ihre Wölfin sie an, schneller die Stufen hochzusteigen, denn gleich würde sie Lupus endlich wiedersehen. Nach dem Tribunal waren sie beide zu erschöpft gewesen, um Zeit miteinander zu verbringen.
    Kaum hatte er die Wohnungstür geöffnet, flog sie auch schon in seine Arme. «Wie geht es dir?» Er sah frischer aus. Menschen mochten den feinen Unterschied nicht bemerken, aber Nanouk sah, dass sein Teint nicht mehr kreidebleich, sondern cremeweiß war. Seine Augen waren nicht mehr blutunterlaufen und er hielt sich aufrechter.
    «Die Wandlung ist vollkommen abgeschlossen, aber vom Bluttrinken wird mir immer noch kotzübel», zur Begrüßung nickte er dem Alphavampir zu, aber das Nicken machte mehr den Anschein einer versteckten Verbeugung, «und ich habe Kreislaufstörungen.»
    «Das gibt sich bald.» Kristobal schloss die Tür hinter sich. «Dein Körper muss sich erst umstellen.»
    «Ich vermisse ihn», sagte Lupus leise zu seiner ehemaligen Rudelgefährtin und blinzelte seine Tränen weg.
    «Denk an Elise.» Nanouk wusste, dass er seinen Wolf meinte, und drückte liebevoll seine Hand, die kalt wie ein Fisch war, aber auch sie spürte eine tiefe Trauer in sich. Sie würde sich niemals, auch nicht Kristobal zuliebe, von ihrer Timberwölfin trennen. Das wäre, als würde man ihr das Herz herausreißen.
    Claw kam aus dem Wohnzimmer und machte mit einer Geste klar, dass Eile geboten war. «Er liegt vor dem Kamin. Kommt mit. Die Zeit läuft uns davon. Es sieht schlecht aus. Er atmet immer flacher.»
    Nanouk und Kristobal folgten dem
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