Almuric
antwortete ich bitter, »schreien eure Frauen und Mädchen vergebens unter den Foltern der geflügelten Bestien. Narren! Oh, ihr Narren!«
»Aber was sollen wir tun?« meinte Gutchluk trübsinnig.
»Folgt mir!« schrie ich wütend. »Wir ziehen ihnen entgegen, und ich werde es allein mit ihnen aufnehmen!«
Ich drehte mich um und marschierte los, ohne zurückzusehen – aber die Krieger von Koth kamen, mit Kopfschütteln und ratlosem Gemurmel. Näher und näher rückte die Phalanx der Feinde – erst nur ein dunkler Streifen am Horizont, dann einzelne Gestalten, ein haariger massiver Körper neben dem anderen. Waffen blitzten auf, aber ich schritt weiter. Weder Vorsicht noch Furcht fühlte ich in diesen Minuten, nur das Feuer meines verzweifelten Zorns brannte in mir.
Nur mehr hundert Meter trennten die beiden Heerscharen, als ich meine einzige Waffe – den Yagadolch – zu Boden schleuderte, Ghor, der mich zurückhalten wollte, abschüttelte und allein und unbewaffnet, mit erhobenen Händen dem Feind entgegenging.
Sie waren stehen geblieben, zur Schlacht bereit, und meine unverständliche Handlungsweise, wohl auch mein ungewöhnliches Aussehen, verblüffte sie offensichtlich. Ich erwartete jeden Augenblick das Krachen eines Schusses, aber nichts geschah, bis ich auf wenige Meter an die vorderste Gruppe der Feinde herangekommen war. Hier standen die größten und stärksten der Kriegshäuptlinge von Khor neben einer massigen, grauhaarigen Gestalt: das war Bragi, ihr alter Fürst, wie Khossuth mir gesagt hatte. Schon früher hatte ich von ihm gehört; er war ein gnadenloser, grausamer Mann, den sein unerbittlicher Hass gegen alle Feinde verhärtet hatte.
»Halt!« rief er und hob sein Schwert. »Was für ein Trick ist das? Wer bist du, dass du mit leeren Händen in den Krieg ziehst?«
»Ich bin Esau Eisenhand vom Stamme Kotha«, antwortete ich. »Ich möchte mit dir verhandeln.«
»Er redet irre«, knurrte Bragi. »Than! Schieß ihm eine Kugel durch den Kopf.«
Aber der Krieger namens Than, der mich schon die längste Weile gespannt angestarrt hatte, stieß einen Ruf aus und warf sein Gewehr zu Boden.
»Bei meinem Leben – nein!« schrie er und kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. »Bei Thak, er ist es! Erinnerst du dich nicht an mich, an Than Schwertschwinger, dessen Leben du in den Hügeln gerettet hast?«
Er hob sein Kinn und wies auf eine breite verwachsene Narbe auf seinem Hals.
Erstaunt rief ich: »So bist du der, der mit der Säbelzahnkatze kämpfte! Ich hätte nie geglaubt, dass du diese fürchterlichen Wunden überleben würdest!«
»Wir Männer von Khor sind nicht so leicht umzubringen!« lachte er und umarmte mich freudig. »Was tust du bei diesen Hunden von Koth? Du solltest bei uns kämpfen!«
»Wenn es nach mir geht, so gibt es gar keinen Kampf«, antwortete ich. »Ich möchte nur mit euren Häuptlingen und Kriegern sprechen – dagegen ist doch nichts einzuwenden!«
»Natürlich nicht!« stimmte Than zu. »Bragi, du wirst ihm das doch nicht verweigern?«
Bragi brummte etwas in seinen Bart und sah mich hasserfüllt an.
»Lass deine Krieger bis hierher vorrücken«, ich deutete eine Linie an, »und Khossuths Männer werden sich gegenüber aufstellen. Dann mögen beide Heere mir zuhören. Wenn daraufhin keine Einigung erzielt wird, sollen sich beide Seiten hundert Meter zurückziehen – und dann erschlagt euch, ihr Narren!«
»Der Narr bist du!« Der alte Bragi riss mit wütender Hand an seinem Bart. »Das ist eine Hinterlist. Zurück zu deinen Gesellen, Hyäne!«
»Ich bin deine Geisel«, antwortete ich. »Ich bin unbewaffnet. Ich werde nicht aus der Reichweite deines Schwertes gehen – und bin ich auf Verrat aus, so kannst du mich jederzeit niederhauen.«
»Aber warum das Ganze?«
»Ich war Gefangener der Yagas!« rief ich mit erhobener Stimme. »Und ich will allen Guras erzählen, welche Dinge geschehen im Lande Yagg!«
»Die Yagas haben meine Tochter entführt!« schrie ein Krieger und brach durch die Reihen. »Hast du sie gesehen in Yagg?«
»Sie holten meine Schwester« – »Und meine junge Braut« – »Und meine Nichte!« von allen Seiten erhob sich ein Chor von Klageschreien, und die Männer umringten mich, vergaßen ihre Feinde über ihren aufgerührten Gefühlen.
»Zurück, ihr Wahnsinnigen!« brüllte Bragi und schlug mit der flachen Klinge seines Schwertes auf sie ein. »Zurück! Sollen euch die Kothaner niedermähen in diesem Gewühl? Seht ihr nicht, dass das
Weitere Kostenlose Bücher