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Alles Sense

Alles Sense

Titel: Alles Sense
Autoren: Terry Pratchett
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fällt mir in diesem Zusammenhang die Geschichte von der Kuh mit den drei Holzbeinen ein. Tja, allem Anschein nach gab es da eine Kuh, und sie…«
    Der Quästor ließ seine Gedanken treiben. Er kannte die Geschichte. Erzkanzler Ridcully ruinierte immer die Pointe, aber das spielte kaum eine Rolle, da der Witz ohnehin nichts taugte. Der Quästor nutzte die Gelegenheit, an wichtigere Dinge zu denken.
    Immer wieder blickte er zu dem kleinen Tisch.
    Im Grunde genommen war der Quästor ein freundlicher, wenn auch recht nervöser Mann, und er fand Gefallen an seinem Job. Niemand sonst wollte ihn. Viele Zauberer strebten den Posten des Erzkanzlers an oder wollten Oberhaupt von einem der insgesamt acht magischen Orden werden. Aber niemand legte Wert darauf, in irgendeiner staubigen Kammer zu sitzen, Akten zu wälzen und zu rechnen. Die Schreibarbeiten der Unsichtbaren Universität wiesen die eigentliche Tendenz auf, sich im Arbeitszimmer des Quästors anzusammeln, was bedeutete: Er ging abends müde zu Bett, aber wenigstens schlief er gut und brauchte keine Skorpione in seinem Nachthemd zu erwarten.
    Für raschen Aufstieg in den thaumaturgischen Fakultäten galt die Ermordung höherrangiger Zauberer als anerkanntes Mittel. Doch wer konnte es schon auf den Quästor abgesehen haben? Nur jemand, der sich an langen, säuberlich niedergeschriebenen Zahlenkolonnen erfreute, und solche Leute werden normalerweise nicht zum Mörder. 2
    Er erinnerte sich an seine Kindheit in den Spitzhornbergen. Am Silvesterabend hatten seine Schwester und er ein Glas Wein sowie Kuchen für den Schneevater nach draußen gestellt. Damals war alles anders gewesen. Als Knabe hatte er nicht viel gewußt, woraus sich weniger Probleme und mehr Frohsinn ergaben.
    Zum Beispiel hatte er nicht geahnt, irgendwann einmal ein Zauberer zu sein, der zusammen mit anderen Zauberern Wein, Kuchen, verdächtig anmutende Hühnchenpastete und einen Papphut als…
    … Abschiedsgaben vorbereitete.
    Als kleiner Junge hatte der Quästor viele Silvesterfeiern erlebt, und sie alle zeichneten sich durch ein bestimmtes Muster aus. Wenn die Kinder fast vor Aufregung platzten, sagte einer der Erwachsenen: »Ich glaube, wir bekommen besonderen Besuch.« Was sich als erstaunlich zuverlässige Prophezeiung erwies: Schon wenig später läuteten draußen kleine Glocken. Und dann öffnete sich die Tür, und…
    … und jemand kam herein.
    Der Quästor schüttelte den Kopf. Natürlich handelte es sich nicht um den Schneevater, sondern um einen Opa mit angeklebtem Bart. Um einen Alten, der mit Schnee an den Stiefeln eintrat. Und mit einem Sack, der Spielzeug enthielt. Doch dieser Besucher schenkte einem etwas.
    Doch heute abend…
    Nun, vermutlich sah der alte Windle die Sache aus einer anderen Perspektive. Nach hundertdreißig Jahren übte der Tod wahrscheinlich einen gewissen Reiz aus: Vielleicht entwickelte man Interesse daran, was danach geschah.
    Die mühsame Anekdote des Erzkanzlers ging ihrem wirren Ende entgegen. Die versammelten Zauberer lachten pflichtbewußt und versuchten anschließend, den komplizierten Witz zu verstehen.
    Der Quästor warf einen verstohlenen Blick auf die Uhr. Zwanzig Minuten nach neun.
    Windle Poons hielt eine Rede. Er sprach über die gute alte Zeit und wies auf den seltsamen Umstand hin, daß er sich offenbar in der Gesellschaft von Personen befand, die schon seit fünfzig Jahren im Grab ruhten. Es war ein zusammenhangloses Gefasel, aber niemand störte sich daran – die Magier hatten es sich längst angewöhnt, dem alten Windle überhaupt nicht zuzuhören.
    Der Blick des Quästors kehrte zur Uhr zurück. In ihrem Innern quietschten Pedale, während der Dämon geduldig in Richtung Ewigkeit strampelte.
    Fünfundzwanzig Minuten nach neun.
    Der Quästor fragte sich, auf welche Weise es passieren mochte. Hörte man – Ich glaube, wir bekommen besonderen Besuch – draußen das Pochen von Hufen?
    Öffnete sich die Tür, oder schritt Er einfach durch sie hindurch? Dumme Frage. Er war bekannt für seine Fähigkeit, verschlossene Orte zu erreichen. Sie stellten sogar seine besondere Spezialität dar, wenn man genauer darüber nachdachte. Man suche einen vollkommen versiegelten Ort auf – dann dauerte es nicht lange, bis Er kam.
    Der Quästor hoffte, daß Er nicht einfach durch die Wand glitt, sondern die Tür öffnete – mit seinen Nerven stand es ohnehin nicht zum besten.
    Den anwesenden Zauberern schien allmählich der Gesprächsstoff auszugehen, und
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