Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün
Autoren: David Foster Wallace
Vom Netzwerk:
verfolgte Unschuld / gekränkte Frau.«
    »Er tauchte nur noch zum Schlafen in meiner Wohnung auf. Fast die ganzen Weihnachtsferien hat er nur gearbeitetoder geschlafen und fuhr eine Woche früher als nötig nach Cambridge zurück, bloß um mit seiner Arbeit voranzukommen. Seine Abschlussarbeit ist ein Versepos über variable Systeme des Informations- und Energietransfers.«
    »Sie betrachtete die Dinge, die mir etwas bedeuteten, als ihre Feinde und verstand nicht, dass sie in Wirklichkeit das ›Ich‹ waren, das sie scheinbar so eifersüchtig begehrte.«
    »Er will der erste wahrhaft große Dichter der Technologie werden.«
    »Ich sehe das, wie ich ein Unwetter kommen sehe.«
    »Er glaubt, Kunst als Literatur würde mit der Zeit immer mathematischer und technischer werden. Er sagt, Worte wie ›korrelative Signifikanten‹ würden verdorren.«
    »Worte als Erfüllungsgehilfen der kunstkommunikativen Signifizierungsfunktion werden genauso verdorren wie frühere Formregeln. Bedeutung wird rein sein. Nein, sagt sie? Sofern es sie genug interessiert, um es überhaupt verstehen zu wollen? Gesetzt dann, dass Kunst zwangsläufig in einem Spannungsverhältnis zu ihren eigenen Standards steht. Dass der schwerfällige und überflüssige Logos aller Vergangenheiten der Frische, Richtigkeit und Befriedigung jeder neuen Zeit weicht. Dass Dichtung so dynamisch ist wie alles, was unter dem Begriff Leben rubriziert und subsumiert wird. Das Überflüssige existiert immer nur, um einen Tritt in den Arsch zu kriegen. Der Norbert Wiener von heute wird in der darwinistischen Arena von morgen triumphieren.«
    »Er sagte, das wäre das Wichtigste in seinem Leben. Wie soll ich mich da wohlfühlen?«
    »Es liegt im Hier. Im Jetzt. Die nächsten Schönheiten werden und müssen neu sein. Ich habe sie aufgefordert, eine kristalline Renaissance zu erschauen; kühl und chipflach; Glanzfasern, die in ästhetischen Matrizen unter einem sich ausbreitenden Natriumfrühlicht blinken. Was uns anrührtund ergo leitet, ist das, was sich anwenden lässt. Ich spüre die bevorstehenden Umwälzungen einer großen Reinigung, einer nahenden Sauberkeit, die an allen Ecken und Enden der Bedeutung schäumt. Ich wittere Wandel und eine Erleichterung von Kosten wie die modrige Verheißung eines Sommerregens. Eine neue Zeit und eine neue Einsicht in Schönheit als Serialität statt Punktualität. Keine singuläre Telizität mehr, Kontemplationen, warmer Kleeatem, wogende Brüste, Geschichten als Symbol, Kolosse; kein Mensch mehr, Faust an der Stirn oder Hand am Dekolleté, verstanden im Sinn einer stampfenden, dröhnenden, erhitzten Natur, ihrerseits begriffen als gefärbt, geformt, umgeben von Düften, sinnstiftend kraft Qualitäten. Keine Qualitäten mehr. Keine Metaphern mehr. Gödelnummern, kontextfreie Grammatiken, Zustandsautomaten, Korrelationsfunktionen und Spektren. Hier nicht sinnlich, sondern kausal verstanden, hier wirksam. Hier im intimsten Sinne. Plasmaelektronik, Makrosysteme, Operationsverstärkungen. Ich sehe mich zugegebenermaßen als Ästhetiker der Kälte, der Neuheit, der Richtigkeit, des wahren und makellosen Hiers. Verteilt gemäß Poisson, morphisch dicht: Elemente, deren Gestalt, Dimension, Eigenart und Implikationen sich wie Sargassen nach einer einzigen strukturierten Relation und einem Funktionskriterium ausbreiten können. Oden auf und von Green, Bessel, Legendre und Eigen. Ja, es gab in diesem letzten Jahr Momente, in denen ich meine Augen fast vor den Reflexionen des Prozessors abschirmen musste: Ich selbst wurde Axiom, Sprache und Bildungsgesetz und leuchtete glühfadenweiß vor rechtschaffenem Feuer.«
    »Er sagte, er wäre bereit, mich mitzunehmen. Und als ich fragte, wohin, wurde er wütend.«
    »Ich war überzeugt, ich könne singen wie ein Draht bei Kelvin, hoch und blass, ohne Zündung oder Reibung brennen, kühl wie ein zitroniger Mond glänzen, verbunden mit einemKristallgitter reiner Bedeutung. Interferenzloser Transfer. Aber ein kleines, leises, höfliches, parfümiertes, geschickt geordnetes System neuer Signale hat mir irgendwie einen Kopfschuss verpasst. Mit Worten und Tränen hat sie mir etwas amputiert. Ich schenkte ihr die intime Bedeutung meiner selbst, und ihr Bus fuhr ab, und etwas für mich Entscheidendes blieb in ihr wie der Stachel einer Biene. Und jetzt will ich nur noch weit weg fahren und bluten.«
    ›Was hier nichts zu sagen hat.‹
    » Dort aber sehr wohl. Maine ist anders, sogar fundamental anders als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher