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Alles bestens

Alles bestens

Titel: Alles bestens
Autoren: Beate Doelling
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Dabei ist sie eine intelligente Frau, kennt sich mit den völlig Gestörten aus, aber meine Bedürfnisse ignoriert sie. Dafür macht sie die besten Milkshakes in ganz Berlin, mit Sahne, Vanilleeis und frischen Erdbeeren, püriert das Ganze und tut frisch gezuckerte Minze dazu. So ein Drink haut einen fast gar nicht um, besonders wenn man noch zwei, drei edle Tropfen Cognac untermischt. Das ist gut für die Knie.
    Im Erdbeerbeet waren genau fünf rote Erdbeeren. Ich konnte sie legen und wenden, wie ich wollte, es wurden nicht mehr. Logisch, denn Erdbeeren vermehren sich nicht einfach so in einer hungrigen Männerhand. Ich warf sie alle auf einmal ein. Wenigstens hatte ich jetzt einen besseren Geschmack im Mund. Erdbeergeschmack, wenn ihr’s genau wissen wollt. Aber mein Magen spielte verrückt und knurrte wie der fiese Dobermann aus der Matterhornstraße. Mit diesem Knurren im Bauch wurde ich mir meiner miserablen Situation erst richtig bewusst. Aber ich wollte das Beste draus machen.
    Inzwischen war es bestimmt schon halb neun. Ich pinkelte auf die Fisherman’s Friends, Mamas Lieblingsrosen, und blinzelte in die Sonne. Zweifelsohne würde heute ein wunderschöner Tag werden, jedenfalls was das Wetter anbelangte. Also beschloss ich, runter zum Schlachtensee zu gehen und mir so lange die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen, bis mir eine geniale Idee käme.
    Mann, ich kann euch sagen, dieses Barfußlaufen war die pure Tortur. Da merkt man erst mal, was so alles auf dem Bürgersteig liegt. Scherben, Steine, Kronkorken. Ich versuchte, so cool wie möglich Richtung See zu latschen, summte sogar vor mich hin, das soll ja bekanntlich die Stimmung verbessern, half bei mir aber nicht, auch nicht in Verbindung mit dem frischen Grün in den Gärten und an den Bäumen.
    Es waren jede Menge Rentner unterwegs, mit Einkaufswagen, Pudel, Spazierstock. Alle verrenkten sich die Hälse nach mir! Fehlte nur noch, dass sie mir hinterherpfiffen. Ich verstand das nicht. Da liefen die Mädchen in hauchdünnen, durchsichtigen Tops herum, die nicht größer waren als ein Taschentuch, sodass ihnen die Titten oben nur so herausquollen, und man starrte mich an, mich!, obwohl meine Shorts länger waren als jeder verdammte Minirock.
    Endlich war ich am See und haute mich sofort ins Gras. Ich war inzwischen alles andere als ein Mann. Ich war ein zittriger kleiner Zwerg, der sich am liebsten in ein Kaninchenloch gestürzt hätte. Aber dann hätte ich wahrscheinlich Alice getroffen, und keine Ahnung, was anstrengender gewesen wäre: Alice, die durchgeknallte Königin und die falsche Suppenschildkröte – oder mit Sandra I , II und III durch Baustellen zu reiten.
    Erotischer war auf jeden Fall meine Version, auch wenn ich mich nicht mehr so richtig an alles erinnere.
    Die Liegewiese war noch leer und im See schwammen nur ein paar Enten. Ein nebliger Schatten lag über dem Wasser. Die Enten tauchten nach Futter, kleine Wellen plätscherten ans Ufer. Mir war bis dahin noch nie aufgefallen, wie schön unser Schlachtensee ist, wahrscheinlich weil meine Eltern mit mir jedes Jahr nach Florida oder auf die Seychellen abdüsten und ich nur märchenhaft türkisfarbenes Meer kenne weit, weit weg von hier. Aber der Schlachtensee war ein See mitten in Berlin. Grün und schlammig. Er war immer da. Jeden Tag ging ich an ihm vorbei, zur S -Bahn. Er gehörte zu mir. Wahrscheinlich war er meine wirkliche Heimat. Alles Leben kam aus dem Schlachtensee.
    Ich stellte mir gerade vor, wie die gesamte Berliner Bevölkerung aus dem Schlachtensee kam, da liefen mir Jogger durchs Blickfeld. Jogger in Gelb und Orange, manche auch in Hellgrün. Mein Alter ist auch mal um den Schlachtensee gejoggt. In Schwarz. Schwarz macht schlank. Aber seine Wampe hat er damit nicht weggekriegt.
    Früher bin ich mit meinen Eltern am See spazieren gegangen. Wir haben ein prima Restaurant am Schlachtensee, die Alte Fischerhütte , in der man wunderbar deftig oder süß frühstücken kann, vorausgesetzt natürlich, man hat das nötige Kleingeld dabei.
    Ich seufzte.
    Plötzlich musste ich an diesen armen Irren denken, den wir im letzten Winter in Englisch behandelt hatten, Holden Caulfield, aus The Catcher in the Rye . Mich hat das Buch ja nicht gerade umgehauen, ehrlich gesagt, es hat mich bis zum Erbrechen gelangweilt. Und dann auch noch auf Englisch!
    Irgend so ein Idiot fliegt zum vierten Mal von der Schule und tingelt ein paar Tage in New York herum, bevor er heimlich nach Hause geht und
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