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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen
Autoren: John Holgate
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darin war Stan ein absoluter Meister.
    Deswegen nahm ich dankend an. »Wir haben zwei Gehege, Nummer 52 und 53. Wie sind die Preise in letzter Zeit gewesen?«
    »Nicht so gut, wie sie eigentlich sein müßten. Wir haben noch ein paar Minuten Zeit, habt ihr Lust, mit in >The Pot< zu kommen aufn Tee mit ‘nem Brötchen?«
    Ich sagte zu, aber John hatte andere Pläne. »Geht ihr zwei, ich komm’ später nach.«
    Der >Teapot< — das war eigentlich der richtige Name — war ein kleines Restaurant gegenüber dem Markt. Es wurde von zwei älteren, unverheirateten Damen geführt, die sämtliche Mahlzeiten selbst kochten und auch die Backwaren selbst herstellten — eine Tatsache, die von den Bauern, welche gutes Essen liebten, sehr geschätzt wurde.
    Das Restaurant war zwar sehr gut besetzt, aber Stan entdeckte noch zwei Stühle an einem Ecktisch; er hielt sie so lange frei, bis ich den Tee und zwei große, noch ofenwarme Brötchen geholt hatte. Als ich schließlich mit dem vollbeladenen Tablett zurückkam, diskutierte Stan bereits mit zwei der drei anderen Männer, die auch an dem Tisch saßen, über die Eskapaden des Lammhandels. Der dritte Mann, der mir entfernt bekannt schien, lächelte, aber er beteiligte sich nicht an der Unterhaltung.
    Sowieso hatte kaum jemand eine Chance, auch nur ein Wort zu sagen, wenn Stan so richtig loslegte. Er liebte es, Zuhörer zu haben. Er behauptete, daß die Preise viel zu niedrig waren, um einem Mann einen angemessenen Verdienst zu gewährleisten, damit er sich um den Lebensunterhalt für- seine Familie keine Sorgen zu machen brauchte. Wenn die Dinge sich nicht sehr bald änderten, würden wir alle auf der Konkursliste stehen. Er redete von ziemlich deprimierendem Zeug.
    »Und was tun die, um die Sachlage zu bessern?« fragte er herausfordernd. »Ich werd’s euch sagen: nichts! Denn die kümmern sich ‘n Dreck um die Bauern. Die wirtschaften nur in die eigene Tasche, und wir können, wenn’s nach denen ginge, ruhig verhungern.«
    Ich sah mich kurz im Restaurant um, um mich davon zu überzeugen, daß von seiner düsteren Prophezeiung noch keine sichtbaren Zeichen zu erkennen waren.
    >Die< in Stans brillantem Vortrag konnten alle möglichen Menschen sein, wie es einem gefiel: Minister, Politiker im allgemeinen, Schlachter, Hausfrauen, Städter oder Fremde verschiedenen Glaubens oder anderer Hautfarbe. Es war ein Wort, das vielfältig verwendbar war.
    Leider mußte er wegen des vorrückenden Uhrzeigers abbrechen. Die Auktion sollte in wenigen Minuten beginnen, und wir mußten gehen.
    »Komm, wollen mal sehen, wie sie uns heute wieder bestehlen«, rief Stan mir fröhlich zu.
    Er stopfte sich den letzten Bissen des Brötchens in den Mund, spülte ihn mit einem großen Schluck Tee hinunter, wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen, stand auf — und überließ sich der Ausbeutung.
    In Wahrheit standen Lämmer hoch im Kurs. Wir brauchten erst gar nicht Stans List anzuwenden, als der Auktionator, der sich auf dem Steg vorwärtsbewegte, den man über die Gehege mit Brettern gebaut hatte, zu dem Angebot von Egerton kam. Die ersten sechs wurden ohne Zögern nach dreimaligem Bieten verkauft, und zwar für zwölf Pfund fünfundvierzig das Stück. Mit dem zweiten Gehege verlief die Sache noch schneller.
    »Was wird geboten?« sang der Auktionator.
    »Das gleiche!« rief der dickbäuchige Schlachter, der bereits die ersten sechs gekauft hatte. Und da niemand dagegen bot, wurden sie ohne Umschweife direkt ihm zugeschlagen.
    »Nicht schlecht!« verkündete John, der sich uns wieder angeschlossen hatte. »Fast hundertfünfzig Pfund!«
    Stan lachte. »Hab’ ich nicht gesagt, daß sie viel bringen werden?«
    »Ja, das stimmt«, pflichtete ich ihm bei.
    Der Mann, der schweigend dem Tischgespräch zugehört hatte, fragte mich: »Können Sie mich im Auto mitnehmen, falls Sie direkt nach Hause fahren sollten?«
    Er trug einen grauen Stadtanzug. Ich versuchte, auf seinen Namen zu kommen.
    »Sie können gern mit uns fahren, falls Sie sich vorn neben mich und John setzen wollen.«
    »Das ist nicht notwendig«, sagte mein Sohn. »Morris Jones ist hier, ich werd’ mit ihm fahren.«
    Er lief mit einer derart fröhlichen Bereitschaft davon, die auf wenig Interesse in bezug auf meine Gesellschaft schließen ließ.
    Mein Unvermögen, den ruhigen Mann in meinem Gedächtnis unterzubringen, war offensichtlich.
    »Alfred Morris«, stellte er sich mit einem leichten Lächeln vor. »Sie waren eines Abends
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