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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst
Autoren: Douglas Coupland
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Taxi aus dem Wald auf. »Spring rein, Schwesterchen, und nimm den Kopf runter. Geben Sie Gas, Carl.«
    »Sie sind der Boss.«
    Minuten später waren sie auf dem Trans-Canada-Highway, und Sarah hielt Wades Arm fest umklammert. »Alles in Ordnung, Schwesterchen, wir fahren nach Hause. Endlich.« Er tätschelte ihren Kopf. »Hast du Hunger?«
    Sarah stieß ein quietschiges »Ja« hervor.
    »Carl, lassen Sie uns an der Tankstelle da vorne halten.«
    »Ihr Wunsch ist mir Befehl, Boss.«
    Die beiden tranken Cola und aßen Schokoriegel. Jahre später sollte Sarah sagen, dass dies die köstlichste Mahlzeit war, an die sie sich je erinnern konnte. Gut zwei Stunden später waren sie zu Hause. Carl nahm für die Tour nur hundert Dollar, mit den Worten: »Das ist vermutlich die letzte gute Tat, die ich je vollbringen werde.«
    Wade blieb am Fuß der Einfahrt stehen. Über die Heimkehr hatte er sich nicht allzu viele Gedanken gemacht. »Was sollen wir Dad sagen?«
    Sarah antwortete: »Mit dem werd ich schon fertig.«
    Und das wurde sie. Es war Samstag, und Ted saß in der Küche und aß ein Eiersalatsandwich. Sarah ging hinein und sagte: »Ich bin aus diesem Gefängnis ausgebrochen, und ich werde nicht dorthin zurückkehren, also bitte versuch nicht, mich dazu zu zwingen. Meine Entscheidung ist gefallen, und ich schäme mich kein bisschen dafür. Ich bin für jede Strafe bereit.«
    Wade, der heimlich lauschte, überlief ein kalter Schauer, als er diese Worte der Rebellion hörte, die ebenso gut er selbst hätte sprechen können. Er wartete gemeinsam mit Janet, die an der Spüle stand, einen langen angehaltenen Atemzug lang darauf, dass Ted explodieren würde wie eine Atombombe, aber stattdessen polterte dieser: »Das ist mein Mädchen! Du hast ja ganz schön Mumm in den Knochen, dieser Hölle zu entfliehen. Jan! Mach unserer kleinen Ausbrecherin ein Eiersalatsandwich!«

4
    Die letzten drei Jahre, bevor er zu seiner Familie nach Florida gekommen war, hatte Wade in Kansas City gewohnt und eine Ja-Nein-Ja-Nein-(meistens jedoch Ja)-Beziehung mit der Frau eines Major-League-Baseballspielers gehabt. Seine Affäre mit der Baseball-Frau hatte sich herumgesprochen und war in der lokalen Boulevardzeitung breitgetreten worden. Der Baseball-Spieler und drei seiner Kumpane hatten mit Louisville Sluggers bewaffnet Wades Lieblingsbar gestürmt, zum Glück während Wade auf dem Klo war, von wo aus er durch einen Hinterausgang auf den Parkplatz flüchtete und dann noch ein paar tausend Meilen nach Westen. In Las Vegas ergatterte er über einen Freund rasch einen Job als Eishockey-Spieler in einem drittklassigen Spielkasino. Er sollte mehr Geld dafür bekommen, sich mit den anderen Spielern zu prügeln, als fürs Eishockey-Spielen, und als der Trainer ihm seine Vertragsabschlussprämie von tausend Dollar überreichte, erklärte er Wade: »Ein rotes Spielfeld ist ein gutes Spielfeld. Es gibt nichts Besseres als Blut, um die Leute dazu zu bringen, ihren Wetteinsatz zu verdoppeln. Nicht mal Titten. Wenn du eine seltene Blutgruppe wie zum Beispiel Rhesus negativ hast, würde ich dir raten, dir vorher einen kleinen Vorrat davon anzulegen. Was für Leute in dieser Stadt mit Blut Geld machen, erzähl ich dir lieber nicht. Und Finger weg von den Kellnerinnen. Ich kann drauf verzichten, dass ihr Provinz-Wichser hier gebrochene Herzen und Tripper verbreitet. Sei Montagabend wieder hier. Sieben Uhr. Kein Helm.«
    An jenem Abend gewann Wade 30000 Vielfliegermeilen beim Pokern. Am nächsten Tag flog er heim nach Vancouver, energiegeladen und von wohligem Heimweh und einem Gefühl des Überschwangs erfüllt. Ein Sturm trieb die Maschine nach Westen ab, und er sah zu, wie die Städte an der Interstate 5 unter ihm vorbeisausten. Während er ein Bier trank und aus dem Fenster schaute, versuchte er sich daran zu erinnern, wann er das letzte Mal ein Mitglied der Familie gesehen hatte - es war Sarah, bei einem kurzen Treffen in einem Holiday Inn in der Nähe der University of Kansas in Lawrence. Mit allen anderen hatte er nur in größeren Abständen telefoniert, häufig von einer Flughafenlounge oder einer Telefonzelle an der Autobahn aus, wo sich jederzeit eine Möglichkeit bot, das Gespräch schnell zu beenden. Wade hatte zufällig von Sarahs bevorstehendem Besuch in Kansas gelesen, als er in der Zeitung nach den Sportergebnissen des Wochenendes suchte. Sie war als Hauptrednerin bei einem Symposium über Gene-Splicing angekündigt, und Wade hatte sich vor ihrer
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