Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle auf Anfang - Roman

Alle auf Anfang - Roman

Titel: Alle auf Anfang - Roman
Autoren: Sabine Zaplin
Vom Netzwerk:
kommt näher. Martinshorn. Polizei? Er lässt die Finger von der Maske. Lässt sie, wo sie ist. Das ist nicht Jasper. Das ist der Joker.
Bela
    Steht auf der Brücke über der Autobahn.
    Ist stehen geblieben mit dem Quietschen, Splittern, Scheppern.
    Hat die weiße Maske mit dem Lachmund gesehen.
    Zwei Arme darunter und zwei Beine. Sind gelaufen die Beine, gesprungen und dann fort. Ist das gewesen ein Clown?
    Hat sich abgestützt am Geländer der Brücke und hinunter gesehen auf die Autobahn. Ist eine Frau gekommen und hat sich gebeugt über das Bündel neben dem Autowrack.
    Ist das Frau Doktor Lund?
    Ist ihm übel geworden.
    Frau Doktor Lund.
    Hält das Bündel im Schoß. Das blutet.
    Muss er jetzt zur Arbeit und kann nicht, sind die Füße zu schwer. Setzt er Fuß vor Fuß.
    Wird zu spät kommen.
Anselm
    Claudia.
    Messerscharf brennt jeder Buchstabe auf dem Handrücken. Ohne seine Frage zu beantworten, ist sie eingestiegen und davongefahren und er hat es widerhallen hören zwischen Schädel und Sohlen: ja, ja, ja, ich sehe dich wieder.
    Und als ob von höherer Stelle ein Schalter umgelegt worden wäre, ist er in seinen Wagen eingestiegen und ihr hinterher durch die schlafende Stadt gefahren hinaus auf die Autobahn. Dabei ist sie längst weg, er kann sie nicht sehen, natürlich nicht, aber er fährt in der Gewissheit, ihr zu folgen. Sie muss hier lang gefahren sein. Er braucht nur ihrem Atem zu folgen, der liegt vor ihm auf der dunklen Fahrbahn wie eine Leuchtspur, wie sein eigener Atem, der ihm voranfliegt. Claudia.
    Sie hat das Beste in ihm wieder zum Leben erweckt. Lange hat es geschlummert und ist doch immer da gewesen und jetzt, vor ihren Augen, ist er wieder der jugendliche Held, als den sie ihn kennengelernt hatte, die große Hoffnung des Bielefelder Stadttheaters. »Staatsschauspiel München«, hat sie gesagt, und hat ihre Stimme nicht vor Bewunderung gezittert? »Mensch, Anselm, du hast es geschafft.«
    Sie weiß nichts von seiner Kantinenexistenz und davon, dass sein Vertrag nun wohl endgültig nicht mehr verlängert werden würde. Er verbietet sich den Gedanken, gibt Gas und tastet nebenbei nach dem Radioknopf. Musik. Er pfeift mit und hört darum wohl nicht das Martinshorn, und in dem Moment, als mehrere Einsatzwagen mit Blaulicht an ihm vorbeirasen, schaltet sich der Verkehrsfunk ein und bringt die aktuelle Meldung: »A95 Richtung Garmisch–Partenkirchen zwischen Kreuz Starnberg und Seeshaupt nach einem Unfall gesperrt. Bitte folgen Sie den Umleitungshinweisen.«
    Sofort nimmt Anselm den Fuß vom Gaspedal. Es soll nicht sein, oder? Der Sesam hat sich geöffnet und Claudia aufgenommen, und ehe er folgen kann, ist der Berg schon wieder verschlossen. Er steht draußen. Bloß weil irgendein Idiot mal wieder nicht das Bremspedal gefunden hat. Unsinn, nur eine kleine Pause, denkt er, nur die Rettungswagen durchlassen und dann die Umleitung suchen. Ist sie schon daheim? Claudia, ich komme und hole dich.
Urs
    Er muss eingeschlafen sein.
    Die Leselampe auf seinem Nachttisch brennt, das Buch ist neben das Bett gefallen, ein paar Seiten sind an den Ecken verknickt. Er hebt es auf, streicht die Seiten glatt und sieht hinüber auf Claudias Bettseite. Da liegt niemand, die Decke ist unberührt. Er sieht auf die Uhr. 23 Uhr 50. Hat er sie kommen hören? Ist er davon aufgewacht?
    Nachmittags hat sie ihn angerufen, hat gesagt, dass es später wird, dass sie noch ins Theater geht. Geh ruhig schon schlafen, hat sie gesagt. Er setzt sich auf. Es ist vollkommen still im Haus.
    Das muss ein langes Stück gewesen sein, er hat vergessen zu fragen, was sie anschaut. Viel Spaß, hat er ihr gewünscht und dann die Kleine ins Bett gebracht. Die Mama hat heute mal frei, hat er dem Kind erklärt, sie kommt, wenn du schläfst.
    Er steht auf. Vielleicht ein Glas Wasser? Auf dem Weg in die Küche wirft er einen Blick ins Kinderzimmer, die Tür ist eine Armlänge weit geöffnet wie immer. Die Kleine liegt verkehrt herum auf der Decke, ihr Mund ist leicht geöffnet, die obere Wange weich und rund wie bei einem Baby. Im Herbst wird sie in die Schule kommen. Das wird wieder vieles ändern.
    Er geht hinunter in die Küche, nimmt ein Glas aus dem Schrank und lässt Wasser aus dem Hahn hineinlaufen. Warum hat er sie nicht gefragt, welches Stück sie sieht? Vielleicht sollte er ihr Theaterkarten schenken zum Geburtstag. Das würde sie sicher freuen. Er trinkt das Glas in einem Zug leer und geht wieder hoch ins Bett. 0 Uhr 12. Gleich wird sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher