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All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman
Autoren: Julie Cohen
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Spieleparadies«, fügte die Frau auf Claires anderer Seite hinzu.
    »Ich weiß!«, sagte die erste. »Wisst ihr, wie Paul und ich unseren Hochzeitstag gefeiert haben? Mit zwei Kugeln Häagen-Dazs im Kino bei einem Disney-Film.«
    »Unseren habe ich vergessen!«, rief eine andere Frau quer durch den Raum. »Harry und Abby hatten beide Windpocken. Es ist mir zwei Tage später eingefallen, und dann war es auch schon egal.«
    »Schenkt dein Mann dir Blumen?«, fragte die erste Frau Claire.
    »Ähm … manchmal.« Als sie heute Morgen nach unten gegangen war, hatte ein Strauß auf dem Tisch gestanden.
    »Ich habe letztes Jahr Blumen zum Valentinstag bekommen!«, sagte die zweite Frau. »Ellie hat versucht, sie aufzuessen. Wir mussten in die Notaufnahme. Dieses Jahr gab es keine Blumen.«
    »Waren sie giftig?«
    »Wir haben uns vor allem wegen dem Cellophan Sorgen gemacht. Sie hat drei Tage lang nicht Groß gemacht. Ich hatte eine Heidenangst.«
    »Einmal hat Alfie zwei Wochen lang nicht Groß gemacht. Ich hatte genug Pflaumenmus in ihn hineingeschaufelt, dass es für ein Pferd gereicht hätte.«
    »Das hast du alles noch vor dir«, sagte die erste Frau zu Lacey. Lacey saß in einem geblümten Sessel in dem sonnigen, überfüllten Wohnzimmer ihrer Wohnung, die Hände über ihrem gewölbten Bauch verschränkt. Sie lächelte, als könne sie sich nichts Schöneres vorstellen, als einem Baby Pflaumenmus in den Mund zu schaufeln.
    Und Claire konnte es ihr nur zu gut nachfühlen.
    »Wein?« Laceys Mutter, eine nette Dame mit sehr roten Haaren, machte die Runde mit einer Flasche Pinot grigio. Kopfschüttelnd hielt Claire ihr Glas hoch, das bereits mit Mineralwasser gefüllt war. »Sie haben einen so schönen Kuchen gebacken«, sagte Laceys Mutter. »Einfach köstlich! Nehmen Sie denn gar nichts davon?«
    »Nein danke. Ich esse eigentlich keinen Kuchen.«
    »Verträgst du kein Gluten?«, fragte die erste Frau. »Kein Wunder, dass du so schlank bist. Ich nehme schon zu, wenn ich bloß eine Scheibe Brot anschaue.«
    »Ich versuche nur, mich gesund zu ernähren«, sagte Claire. »Aber ich backe eben wahnsinnig gern.«
    »Wie soll das Baby heißen?«, wollte jemand von Lacey wissen.
    »Wir nennen ihn Billy.«
    Die Runde seufzte anerkennend.
    »Ich mag einfache Namen«, sagte die erste Frau. »Es gibt zu viele Modenamen. Ein Mädchen in Alfies Kindergarten heißt Fairybelle.«
    Die Frauen stürzten sich in eine Debatte über die Namen ihrer Kinder – wie sie beinahe geheißen hätten, wie sie Gott sei Dank nicht hießen, wie sie geheißen hätten, wenn sie ein Junge beziehungsweise ein Mädchen geworden wären. Die Frau, deren Tochter das Cellophan von den Blumen gegessen hatte, stand auf und ging auf die Toilette. Da setzte sich Georgette, die andere Kollegin von der St. Dominick’s School, auf den frei gewordenen Platz neben Claire.
    »Tut mir leid«, murmelte sie. »Es geht natürlich nur um Babys.«
    »Ist schon in Ordnung. Daran bin ich gewöhnt. Außerdem ist es Laceys Tag. Sie sieht fabelhaft aus, nicht?«
    Sie sahen beide Lacey an. Eigentlich war sie die Art Mensch, die nicht viel Aufmerksamkeit auf sich zog: eine gute Lehrerin, die in ihrer Freizeit wandern und zelten ging.
    Sie sah in der Tat fabelhaft aus.
    »Trotzdem«, sagte Georgette. »Ich finde, die Leute könnten ein bisschen sensibler sein. Nicht jeder will die ganze Zeit über Babys reden.«
    Georgette hatte zwei Kinder. Claire erinnerte sich noch an die Geburt des zweiten Kindes. Es war etwa zu der Zeit, als Claire selbst gerade beim dritten Versuch einer künstlichen Befruchtung war, dem letzten, bei dem der National Health Service die Kosten übernahm, bevor sie sich privat behandeln ließen. Claire hatte eine Einladung zur Taufe erhalten, doch darin befand sich eine kleine handgeschriebene Notiz: Ich kann es verstehen, wenn du das Baby-Großaufgebot lieber meidest.
    Sie war nicht zu der Taufe gegangen – nicht, um das Großaufgebot an Babys zu meiden, sondern das Verständnis der anderen.
    Die anwesenden Frauen beklagten sich über ihr Leben, doch unter der Oberfläche waren sie glücklich. Claire konnte es riechen, mit der Nase einer Außenstehenden. Sie verströmten warme Zufriedenheit wie einen Hefeduft. Ihr war aufgefallen, dass es immer das Gleiche war, wenn Frauen mit kleinen Kindern zusammentrafen. Das Gespräch drehte sich um die Opfer, die sie brachten, um Katastrophen, Missgeschicke und eingebildete Sorgen, aber der Sinn des Ganzen war nicht,
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