Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
Treppenstufen klacken, dann betrat eine blonde Frau den Raum.
    Sie sah gar nicht schlecht aus, vielleicht ein wenig streng. Ihre Augen waren schiefergrau, ihr blondes Haar schimmerte messingfarben, wirkte etwas unnatürlich durch die zusätzlich aufgetragene Farbe aus der Flasche. »Hab Sie beide draußen rumstehen sehen, da dachte ich mir, ich komm runter.«
    Sergeant Cummins informierte Sally Hawkins, wer Jury war. »Er möchte Ihnen bloß gern ein paar Fragen stellen zu dem Samstagabend.«
    Sie warf eine gelbe Haarlocke über die Schulter. »Ich hab Ihnen doch gesagt, was ich weiß, nämlich rein gar nichts. Also, ich schenk mir jetzt einen ein. Wollen Sie auch was?« Ohne großes Interesse an der Antwort trat sie hinter die Theke, griff sich gekonnt ein Glas vom Regal und hielt es bei einem weniger hochwertigen Gin unter den Dosierhahn.
    Jury hätte nicht erwartet, dass sie Sambuca mit obenauf
schwimmenden Kaffeebohnen trinken würde. Er setzte sich auf einen Barhocker. Cummins blieb stehen. »Tut mir leid, dass Sie alles noch mal durchkauen müssen«, sagte Jury. »Aber ein neuer Blickwinkel kann immer ganz nützlich sein.«
    Ihr ungehaltenes Stöhnen bezeugte, dass sie anderer Meinung war. Ihrem Gin sprach sie dennoch munter zu.
    »Sind Sie bloß vorübergehend hier?«
    Sie nickte.
    »Sie haben eine Nichte, die bei Ihnen wohnt?«
    »Keine Nichte, eher so was wie ein Mündel.«
    Eine recht vage Bezeichnung, fand er, für die Existenz eines kleinen Mädchens. Er wartete ab, doch sie ließ sich nicht weiter über »so was wie« aus.
    »Ist sie grade hier?«
    »Nein, in Bletchley bei ihrer Cousine. Heute Abend kommt sie wieder. Ich hab sie fortgeschickt, als das da passiert ist.« Bei diesen Worten deutete Sally Hawkins in Richtung Parkplatz.
    »Bletchley?«, sagte Jury. »Da wollte ich sowieso mit einem Freund hin. Nach Bletchley Park. Ich nehme an, Sie kennen es.«
    »Wo sie im Krieg mit den Codes herumgemurkst haben? Klingt furchtbar öde. Ich möchte bloß wissen, wann sie das Absperrband da draußen abmachen. Bloß lauter Schaulustige kriege ich hierher!«
    »Ich nehme an, heute Abend kommt es weg«, sagte Cummins. »Sie verstehen aber doch, warum es sein musste. Wir wollen schließlich nicht, dass die Leute auf dem Tatort herumtrampeln.«
    »Ach was, wer soll denn da trampeln, möchte ich wissen, bei den Bauarbeiten da draußen? Drei Viertel weniger Umsatz haben wir deswegen. Konnte ja keiner da parken bis heute. Fast eine Woche lang. Ich kann Ihnen sagen.«
    Sie schüttelte den Kopf über eine Welt, die es darauf angelegt hatte, ihr das Leben schwer zu machen. Als sie schließlich nichts mehr hatte, worüber sie sich beklagen konnte, verfiel sie nur
noch tiefer in Unzufriedenheit und zog eine Zigarette aus einem Päckchen auf der Theke.
    Jury fragte: »Hatten Sie die Frau schon mal gesehen oder haben Sie eine Ahnung, wer sie sein könnte?«
    »Natürlich nicht. Hab ich den dämlichen Bullen doch schon gesagt. Ich weiß nicht, was die da draußen gemacht hat.«
    »Am Samstagabend war eine Party bei…« Jury sah zu Sergeant Cummins hinüber.
    »Bei den Rexroths. Im Deer Park House, ein Stück weiter die Straße rauf.«
    Jury fuhr fort: »So, wie die Frau gekleidet war, könnte es sein, dass sie dort war oder aber zumindest dorthin gehen wollte.«
    »Komischer Aufzug dafür«, erwiderte Sally und verpasste Jury eine gehörige Portion Rauch direkt ins Gesicht. »Mit den Schuhen. Ich glaub’s nicht.«
    »Da haben Sie recht. Jimmy Choo«, sagte Cummins. »Ha!«, machte Sally. »Hört euch das an.« Ihr Glas war leer, und sie wandte sich wieder dem Dosierhahn zu.
    Cummins wurde rot. »Meine Frau. Sie hat es mit Schuhen. Wirklich. Sie liebt sie.«
    »Na, dann wollen wir mal hoffen, dass sie Sie noch mehr liebt, Schätzchen«, entgegnete Sally mit dem Rücken zu ihm. »Solche Schuhe kosten ein Heidengeld.« Sie wandte sich ihnen wieder zu, zwei Fingerbreit Gin im Glas.
    »Sie hätte im Black Cat ja mit jemandem verabredet sein können. War am Samstagabend jemand im Pub, irgendein Fremder?« Wenn der »Fremde« aber einen Mord geplant hätte, dann hätte er es ja wohl vermieden, sich zur Schau zu stellen.
    Sally klopfte ihre Zigarettenasche in ein Blechschälchen. »Ha! Irgendein Fremder? Hier waren ja nicht mal die Stammgäste, bis auf Johnny Boy mit seinem alten Hund und Mrs. Maltese.«
    Als Jury ihn fragend ansah, nickte der Sergeant. »Mit denen hat die Polizei schon gesprochen. Ohne Erfolg! Keiner von den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher