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Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Titel: Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit
Autoren: Dawn Cook
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würdest.« Die polierte Oberfläche einer hölzernen Schatulle füllte ihre Hände. »Das hast du vergessen – wieder einmal.«
    Stumm ließ sie aus ihren Gedanken ein schwaches Licht entstehen und öffnete die Schatulle. Darin lagen Redal-Stans Uhr, ein weißer Samen von der Größe eines Kieselsteins und eine einzelne Euthymienblüte. Alissas Herz verkrampfte sich. Das war alles, was ihr geblieben war.
    »Wir haben alle geduldig auf dich gewartet.« Lodesh starrte ergeben in die Nacht.
    Sie stellte das Kästchen beiseite und holte die Blüte heraus. Der Duft von Äpfeln und Kiefern stieg um sie auf und brachte die Erinnerungen an den Tanz zurück, an Lodesh und sie, an eine Nacht, erfüllt von Musik und Begehren. Sie schloss die Augen, denn sie konnte die Erinnerung nicht ertragen. Sie liebte Strell, ermahnte sie sich, als es ihr die Kehle zuschnürte und Tränen über ihre Wangen liefen. Sie konnte ihr Herz nicht zwei Männern schenken. Sie konnte es sich nicht erlauben, Lodesh zu lieben.
    Er nahm die Blüte aus ihren gefühllosen Fingern und betrachtete sie. »Diese eine Blüte habe ich dir jetzt schon zweimal geschenkt. Ich glaube nicht, dass ich es ein drittes Mal versuchen werde.« Seine Finger krümmten sich und drohten sie zu zerquetschen.
    »Lodesh!«, rief sie und legte die Hand auf seine. Er keuchte auf, und seine Finger öffneten sich. »Die gehört mir«, sagte sie und holte sie sich zurück. »Du hast sie mir geschenkt, bereits zweimal, wie du eben sagtest.«
    Seine Miene wurde verzweifelt, panisch. »Das ist grausam, Alissa.«
    »Grausam ist es, mir eine wunderschöne Welt zu zeigen, die ich nicht haben kann«, erwiderte sie, und Zorn schwang in ihrer Stimme mit.
    »Du hättest ja bleiben können«, schoss er zurück.
    »Du hast mir keine Wahl gelassen!«
    Lodesh saß steif und mit zusammengebissenen Zähnen da. »Du hattest so viel Wahlfreiheit, wie du brauchtest. Alles, alles war deine Entscheidung, niemals meine.« Seine Augen begannen zu funkeln. »Was, wenn ich Strell bereitwillig geholfen hätte? Du hättest mich nur umso früher verlassen.«
    Sie reckte das Kinn. »Mag sein.« Dann schlug sie die Augen nieder. »Wahrscheinlich.« Sie fühlte sich schuldig und fügte hinzu: »Also schön. Ja, ich wäre früher zurückgegangen.«
    »Ich hätte also in jedem Fall verloren, deshalb habe ich mich dafür entschieden«, er hämmerte praktisch auf dem Wort herum, »unsere gemeinsame Zeit zu schützen. Ich habe befürchtet, dass das für mich die einzige Zeit mit dir sein würde«, flüsterte er. »Niemand sollte dich mir wegnehmen. Ich habe dich zuerst geliebt. So war es.«
    Und damit konnte Alissa sich erlauben, ihm zu verzeihen. »Lodesh«, hauchte sie. »Es tut mir leid.«
    Er zitterte, obgleich das im Dunkeln kaum zu sehen war. »Nun ist es also vorbei.« Seine Stimme klang wieder gefühllos und leer. »Gib mir meine Blüte zurück und sag mir, dass du mich nicht liebst.«
    Sie spürte, wie sie blass wurde, und ihr Mund war plötzlich trocken. »Das kann ich nicht«, flüsterte sie.
    »Zu Asche sollst du verbrannt sein, Alissa«, schäumte er. »Ich habe drei Lebensspannen auf dich gewartet, und nun willst du mir nicht einmal sagen, dass du mich nicht liebst?«
    Ihr Gesicht verzerrte sich, und sie wandte sich beschämt ab. Weil sie ihn lieben könnte, dachte sie still für sich. Weil sie, wenn sie mit ihm zusammen war, gar nicht anders konnte, als zu vergessen …
    Doch er hatte ihre Worte an sich selbst gehört, die Wölfe sollten ihr helfen – sie glaubte tatsächlich, dass er sie gehört hatte, denn er keuchte auf und wich zurück. »Ich kann nicht, Alissa«, sagte er heiser, und Trauer zeichnete seine Züge. »Ich kann nicht zur Feste und zu den anderen zurückkehren.« Er machte eine schwache Geste. »Ich habe Talo-Toecans Respekt verloren, Strells Freundschaft und meine Ehre, alles nur, um dein Herz zu gewinnen. Nun, da ich es habe, bin ich deiner Liebe nicht wert.«
    Sie streckte die Hände aus und umfing die seinen. Sie waren kalt, zum allerersten Mal. »Bitte«, flehte sie. »Ich habe fast alle anderen verloren.«
    Lodesh blieb noch einen Moment lang still sitzen, ohne sie anzusehen, mit leerem Gesichtsausdruck. Dann stand er wortlos auf und warf sein Bündel vom Baumstamm. Er folgte ihm so rasch, dass er beinahe gleichzeitig auf dem Boden landete. Er hob die Hand, nahm ihr Kästchen voller Erinnerungsstücke an sich und half ihr herunter. Er starrte sie an, und ihr wurde kalt bei der
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