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Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit

Titel: Alissa 3 - Die verlorene Wahrheit
Autoren: Dawn Cook
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Vorstellung, was er auf ihre Bitte hin würde ertragen müssen.
    »Was du von mir verlangst, ist unmenschlich«, sagte er schließlich. Er hob sein Bündel auf und warf es sich über die Schulter, so dass es das Emblem der Stadt verdeckte. »Vielleicht ist das eine angemessene Bestrafung.«
    Flügel schwirrten, und Alissa schrak zusammen, als Kralle auf ihrer Schulter landete. Der Falke hatte die ganze Zeit in den Bäumen gehockt. »Ich will nicht, dass du allein bleibst«, protestierte sie schwach.
    Er wandte sich der Feste zu, und gemeinsam begannen sie den langen Fußweg. »Dazu ist es zu spät«, sagte er leise. »Das bin ich schon.«

 
    – 46 –
     

    K omm schon, Strell.« Alissa hämmerte an seine Tür. »Ich weiß, dass Connen-Neute dich die halbe Nacht lang hat spielen lassen, aber es ist schon …« Sie rechnete rasch nach. »… fast sieben.« Sie steckte sich den angeschlagenen Fingerknöchel in den Mund. »Glaube ich«, fügte sie leise hinzu. Vergangene Nacht hatte er einen peinlichen Vers nach dem anderen von »Taykells Abenteuer« gespielt, obwohl Strell darauf beharrte, das Lied heiße »Taykell und seine Maid«, und so habe es schon immer geheißen. Nach einem besonders unanständigen Vers war sie mit flammenden Ohren geflohen.
    »Strell?« Sie hob probeweise den Riegel an. Die Tür öffnete sich knarrend, Alissa klopfte an den Türrahmen und schob den Kopf durch den Türspalt. Sein Bett war leer und ordentlich gemacht. Ein großer Teppich in weichen, gedämpften Sandtönen war über den Fußboden gebreitet. Ein geschnitzter Tisch hatte sein wackeliges Tischchen ersetzt. Er stand zu nah an seinem kalten Kamin, mit einem Becher vergessenem Tee darauf. Ihre Augenbrauen hoben sich, als sie den Wandbehang mit einer Wüstenlandschaft bemerkte, doch was sie am meisten überraschte, war der Riss in der Wand, oder vielmehr dessen Fehlen. Jemand hatte ihn repariert. Strell ließ sich offenbar endlich häuslich nieder.
    »Aber wo bist du?« Sie zog sich auf den Flur zurück. Eine geistige Durchsuchung der Feste brachte weder Strell noch Lodesh zum Vorschein. Entweder waren sie irgendwo außerhalb ihrer Reichweite, oder jemand verbarg sie vor ihr. Nutzlos allerdings fand sie im Garten. Neugierig ging sie hinunter. Er wusste vielleicht, wo die beiden waren.
    Als sie den obersten Treppenabsatz über der großen Halle erreichte, blieb sie stehen, um auf das Pendel hinabzublicken, das gemächlich seine Bahnen zog und die Stunden maß, ob jemand Notiz davon nahm oder nicht. Es war Viertel nach drei. Nutzlos hatte sich heute Morgen nicht die Mühe gemacht, es wieder richtig einzustellen. Sie holte Redal-Stans übergroßen Ring hervor, den sie an einer Schnur um den Hals trug, und hielt ihn so vor sich hin, dass die Sonne durch das winzige Loch auf der Seite fiel. Sie richtete ihn für den neuen Tag aus und wartete, bis er ganz still hing. Es war kurz nach sieben. Lächelnd legte sie ihre Uhr sorgsam auf die Brüstung, bevor sie sich hochstemmte und daraufstellte. Während sie noch mit dem Gleichgewicht kämpfte, verwandelte sie sich. Als Raku schnappte sie sich ihre Uhr und ließ sich halb taumelnd, halb gleitend in einer engen, erregenden Spirale fallen.
    Das Pendel war nun ein Spielzeug. Mit Leichtigkeit fing sie es auf und verschob es auf sieben Uhr, bevor sie es wieder losließ, damit es die Zeit in Ordnung brachte. Alissa sah zu, wie es von ihr weg- und wieder zurückschwang, bevor sie sich in ihre ursprüngliche Gestalt zurückverwandelte. Mitsamt Schuhen, dachte sie, sehr zufrieden mit sich selbst. Ihre Neugier wuchs, und sie ging in die Küche. Der Anblick der Tür zum Garten ließ sie stutzen. Nutzlos hatte sie leuchtend blau gestrichen. Alissa war nun seit fast einer Woche wieder da, doch diese Tür überraschte sie immer wieder.
    Kralle keckerte, ließ sich aus dem Gebälk fallen und landete auf Alissas Schulter. »Psst«, machte Alissa und brachte den Vogel mit sanften Fingern zum Schweigen. »Wo sind denn alle?« Kralles Federn waren kühl und rochen nach frischer Luft, und Alissas Blick huschte zur Hakenleiste. Sowohl Strells als auch Lodeshs Mantel fehlten. Stirnrunzelnd begab sie sich auf die Suche nach Nutzlos.
    Die Morgensonne war warm, denn die drohende Kälte hatte sich zurückgezogen und den letzten, heißen Tagen des Sommers noch ein wenig Platz gelassen. Alissa ging den ungepflegten Pfad entlang und verzog das Gesicht über das wuchernde Unkraut. Nutzlos’ Garten war eine Schande, und das
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