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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit
Autoren: Dawn Cook
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auf sonstige Weise misshandelt worden, dass er nur noch ein Schatten seines früheren Selbst war. Aber wenn Strell noch eine Woche länger geblieben wäre, hätte er es vielleicht nicht vor dem ersten Schneefall nach Hause geschafft.
    Gedanken an seine Familie beschäftigten Strell, während er den jämmerlichen Hut auf seinem Kopf zurechtrückte und das Bündel schulterte. Er sehnte sich danach, die bunten Spitzen der Zelte, in denen seine Familie wohnte, wie Pilze über dem Rand ihrer Schlucht aufragen zu sehen. Sein Großvater Trook hatte den richtigen Ort für ihre Ansiedlung mit großer Sorgfalt ausgewählt. In der fernen Vergangenheit hatte ein mächtiger Strom eine tiefe Schlucht in den harten, lehmigen Boden gegraben. Das Wasser war längst verschwunden, das Land wertlos für jede Form von Ackerbau, selbst wenn sein Vater je so tief gesunken wäre. Doch es war perfekt für den Beruf seiner Familie – Tonarbeiten.
    Strell musterte die schwachen Spuren desjenigen, der vor ihm hier gewesen war, und wandte dem Pfad und den Bergen den Rücken zu, um sich durch die Wälder seiner immer noch fernen Heimat zu nähern. Er ging nicht nach Hause, um für immer zu bleiben – dies war nur ein Besuch –, doch er würde sich die mühsame Überquerung der Berge nicht noch einmal antun. Nun, da er sämtliche Geschichten und Lieder besaß, die die Küste ihm zu geben hatte, würde er bleiben, wo er hingehörte, tief im geliebten, trockenen Flachland.
    Strell zögerte im kühlen Schatten der Kiefern; es widerstrebte ihm, die bestellten Felder zu betreten. Jenseits der Felder graste eine kleine Herde Schafe. Nein, erkannte er, als ein wachsamer Kopf mit scharfen Hörnern sich in seine Richtung wandte. Es war auch eine Ziege dabei. Ein Stück weiter stand ein hübsches kleines Haus im Schutz hoher Bäume.
    Gestern hatte Strell versucht, der Spur des unbekannten Reisenden durch den Wald zu folgen, doch seine Hoffnung, ihn einzuholen, war rasch verflogen. Er hatte nicht lange gebraucht, um festzustellen, dass der Narr ins Gebirge unterwegs war, nicht hinaus. Irgendwie waren sie aneinander vorbeigelaufen, ohne es zu bemerken. Strell wünschte ihm viel Glück und fragte sich, was so wichtig sein mochte, dass der Unbekannte sein Leben dafür aufs Spiel setzte.
    Am frühen Vormittag war Strell über etwas gestolpert, das offensichtlich Teil der Bewässerungsanlagen eines Bauernhofs war. Die Gräben, das musste er widerwillig zugeben, waren für einen Bauern ganz hervorragend angelegt. Und nun hatte dieses Bewässerungssystem ihn hierhergeführt.
    Strell betrachtete den stillen kleinen Hof, rückte nervös sein Bündel zurecht und dachte nach. Einerseits wollte er unbedingt erfahren, wo genau er war, andererseits fürchtete er sich ein wenig vor knurrenden Hunden und erbosten Bauernsöhnen mit Mistgabeln. Tiefländer waren im Vorgebirge nicht willkommen. Besorgt fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. Er sollte sich lieber schnell entscheiden. Diese Ziege starrte ihn so merkwürdig an.
    Er legte die Hände zu einem Trichter zusammen und rief: »Hallo-o-o!« Dann wartete er und lauschte. »Hallo? Ist jemand da?« Strell behielt die Ziege im Auge, die nun gemächlich auf ihn zukam; ihre Glocke klingelte leise.
    Am Haus flog ein Fensterladen auf, und begleitet von einer dichten Rauchwolke lehnte sich eine Frau heraus, die laut hustete. Strell winkte, um auf sich aufmerksam zu machen. Er deutete auf die Herde und rief: »Ist das Eure Ziege?« Die Frau verschwand vom Fenster. Gleich darauf öffnete sich die bunt bemalte Tür, und sie trat nach draußen.
    »Zicke!«, schalt sie. Ihre angenehme Stimme drang schwach über die Felder herüber. »Lass den jungen Mann in Ruhe.« Die Ziege drehte sich um, schien zu verstehen und kam nicht weiter drohend auf ihn zu. »Zicke wird Euch nichts tun«, rief die Frau und winkte ihn zu sich heran. »Kommt nur her.«
    Strell ging vorsichtig über das Feld und achtete darauf, reichlich Abstand zu den grasenden Tieren zu wahren, ganz gleich, was die Frau sagte. Als er näher kam, zog er die Augenbrauen hoch, denn das Haus sah nur von weitem unscheinbar aus. Seine Meinung über die Bewohner stieg noch ein Stück. Das war keine Hügelland-Kate, befand er. Dieses Haus gehörte offensichtlich einer recht wohlhabenden Familie. Nun gut, er hatte noch nie ein Hügelland-Haus mit eigenen Augen gesehen, aber jeder wusste doch, dass sie an dieses hier nicht heranreichten!
    Die Frau blieb stehen, wartete auf ihn und
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