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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit
Autoren: Dawn Cook
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bedeutete ihm schließlich, sich auf eine schlichte, aber fein polierte Bank vor dem Haus zu setzen. »Ich würde Euch ja hereinbitten«, erklärte sie entschuldigend, »aber das Haus muss erst einmal gelüftet werden.« Sie setzte sich und lud Strell erneut dazu ein, Platz zu nehmen. »Mein Name ist Rema«, sagte sie, ohne ihren Nachnamen zu nennen. Das war ungewöhnlich, aber unter diesen Umständen nicht unhöflich.
    »Strell«, erwiderte er und lehnte ihre Einladung, sich zu setzen, mit einer Geste ab. Verwirrt kam er zu dem Schluss, dass sie trotz des schweren Hügelland-Akzents aus der Ebene stammen musste. Dunkles Haar und dunkle Augen fand man nur im trockenen Tiefland, und ihre Haut war so dunkel wie seine. Die Hügelländer waren ausnahmslos helle, teigig aussehende Wesen. Eine Frau von so würdevoller Ausstrahlung hatte unter diesen ungebildeten Bauern nichts verloren. Sie würden kaum ein Wort mit ihr wechseln oder sie gleich davonjagen, und doch saß sie vor ihm, als gehörte sie hierher.
    »Ihr kommt also von der Küste?« Rema faltete anmutig die Hände im Schoß. Ihr Akzent war auf einmal der des tiefsten Flachlands.
    »Ja.« Strell wurde sich plötzlich seiner schmutzigen Reisegewänder bewusst. »Ich bin auf dem Weg nach Hause. Ich war sechs Jahre lang fort.«
    Sie lächelte wissend. »Du meine Güte, das ist eine lange Zeit. Ihr müsst also der jüngste Sohn Eurer Familie sein.«
    Überrascht nickte Strell. »Woher wisst Ihr das?«
    Sie deutete auf seine Füße. »Eure Stiefel sind zwar alt, aber gut gearbeitet, ebenso wie Euer Mantel, der allerdings neu und maßgefertigt ist. Euer Akzent beweist eine hervorragende Abstammung, und Ihr müsst der Jüngste einer großen Familie sein, sonst hätte man Euch nie erlaubt fortzugehen. Nur ein jüngerer Sohn bekommt die Möglichkeit, sich seinen Beruf selbst zu wählen, und nur dem jüngsten würde man gestatten, sich sechs Jahre lang in der Wildnis herumzutreiben! Ich würde vermuten, Ihr seid ein reisender Dichter oder Barde, sonst wäre Euer Mantel nach der Mode der Küste geschnitten, nicht der des Tieflands.« Sie lächelte. »Hab ich recht?«
    Strells Mund stand offen. »Äh, ja. Musikant, genau genommen.«
    Rema lachte leise und blickte zu den Ästen auf, die sich sacht im Wind wiegten. »Entschuldigung«, sagte sie, und von ihrem Hügelländer-Akzent war nichts mehr zu hören, »aber es ist sehr lange her, dass ich zuletzt eine so unpassende und charmante Mischung von Kleidungsstilen und veralteten Stücken gesehen habe. Sie stehen Euch wirklich sehr gut.«
    »Hm«, brummte Strell, der dringend das Thema wechseln wollte. »Wisst Ihr, wie weit es von hier noch bis zum Hirdun-Tal ist?«
    »Hirdun …« Remas Blick schweifte in die Ferne. »Ihr meint die Hirdun-Töpfer?« Sie stand auf und schnitt ihm damit das Wort ab. »Sehen wir doch auf meinen Karten nach«, sagte sie über die Schulter und ging ins Haus.
    Strell putzte sich vor der Schwelle sorgfältig die Stiefel ab und ging auf Zehenspitzen hinein. Diese Dame verlangte das Beste von einem Menschen, und er wollte einen guten Eindruck hinterlassen. Stumm nahm er die sauber gefegten Böden zur Kenntnis, die großen Fenster und die geschickt platzierten Einrichtungsgegenstände, die einen bescheidenen Reichtum zur Schau stellten. Am Kamin lag sogar ein Buch, das auch noch gebraucht aussah und wohl nicht nur zur Zierde diente.
    Rema stand an einem Tisch in einem Raum, der offensichtlich die Küche darstellte. Licht strömte herein und ließ den eigentlich recht niedrigen Raum hell und großzügig wirken. Der bittere Geruch von verbranntem Brot hing in der Luft. Ein dicker Stapel feiner Häute war vor ihr aufgestapelt, und sie blätterte die ledernen Seiten durch und legte eine nach der anderen vorsichtig beiseite. Strell trat näher. Das hier hatte er nicht erwartet. Die Häute waren mit leuchtenden Farben erstaunlich kunstfertig bemalt. »Woher habt Ihr die?«, flüsterte er. Das waren die prächtigsten Karten, die er je gesehen hatte, und sie hatte Dutzende davon.
    »Sie gehörten meinem Mann.« Rema biss sich auf die Lippe und hielt den Blick auf den Tisch gerichtet.
    »Ohhh«, entfuhr es Strell, als seine Finger unwillkürlich eine der Karten berührten. Sie zeigte das Gebirge, das er eben überquert hatte. Pfade waren in leuchtendem Gelb eingezeichnet, Flüsse und Seen in Blau, und die kleinen roten Kreuze markierten vermutlich gute Lagerstellen. Auch die Küste war verzeichnet, und Strell
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