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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II
Autoren: Robert Thurston
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Wie­der­ver­wer­tungs­kör­per ge­schlüpft sind, glau­ben Sie an die Dau­er­haf­tig­keit der Din­ge. Im Au­gen­blick glei­chen Sie Nar­zis­sus, der nichts als sein Spie­gel­bild be­trach­tet und sich mit ei­nem ein­zi­gen Teich zu­frie­den­gibt. Ach, mit Ali­cia wird schon al­les gut­ge­hen, da­von bin ich über­zeugt.«
    »Soll­ten Sie nicht stän­dig mit ihr ar­bei­ten, da­mit sie den Wie­der­ho­lungs­test auch wirk­lich be­steht?«
    »Sie ist erst neun.«
    Die end­gül­ti­ge Ant­wort.
     

 
3
     
    Ich weiß nicht, wie oft ich ver­such­te, Ali­ci­as Va­ter mit ei­nem Trick da­zu zu brin­gen, daß er über ih­re Mut­ter sprach, wie oft ich in die­sen kal­ten grau­en Au­gen nach ei­ner Re­ak­ti­on auf mei­ne schlau­en Fra­gen forsch­te. Ich hat­te mich auch an Ali­cia selbst ge­wandt, doch sie hat­te kei­ne Er­in­ne­rung an ih­re Mut­ter mehr. Ich ver­ste­he nicht, warum ich es wis­sen muß­te. Viel­leicht lag es nur dar­an, daß ich als Er­neu­er­ter in ei­nem sechs­und­zwan­zig Jah­re al­ten Kör­per die ro­man­ti­schen Ide­en mei­ner fast ein Jahr­hun­dert zu­rück­lie­gen­den Ju­gend wie­der auf­griff.
    Es war nicht schwer, In­for­ma­tio­nen über Ali­ci­as Mut­ter zu­sam­men­zu­tra­gen. Dem un­ter­neh­men­den Schnüff­ler sind In­for­ma­tio­nen im­mer zu­gäng­lich.
    Sie, die ers­te Ali­cia, hat­te Clau­de Rey­nals Auf­merk­sam­keit er­run­gen, weil sie ei­ne Fröh­lich­keit aus­strahl­te, der kei­ne Spur der häu­fig bei Aus­ge­mus­ter­ten an­zu­tref­fen­den iro­ni­schen Bit­ter­keit an­haf­te­te. Sie hat­te nur ei­ni­ge we­ni­ge Le­bens­jah­re – nun, da woll­te sie die­se we­ni­gen Jah­re auch voll ge­nie­ßen. Die Zeit da­mals war frei­zü­gi­ger. Es­ka­pis­mus war das Lo­sungs­wort. Qua­li­fi­zier­te amü­sier­ten sich mit Aus­ge­mus­ter­ten, und Er­neu­er­te ga­ben bei ge­räusch­vol­len Be­lus­ti­gun­gen und zwei­fel­haf­ten Ge­wohn­hei­ten den Ton an.
    (Ich er­in­ne­re mich an mich selbst zu je­ner Zeit. Ich war ein al­ter Son­der­ling mit pur­pur­nen Adern und Po­cken­nar­ben, kaum im­stan­de, den Löf­fel mit dem weich­ge­koch­ten Ei-Er­satz zu he­ben, und ich ze­ter­te ge­gen die­se Frei­hei­ten, die in mei­ner Ju­gend nicht er­laubt ge­we­sen wa­ren.) Ali­ci­as Va­ter und Mut­ter hei­ra­te­ten oh­ne große Um­stän­de, und die Welt, die die Wich­tig­keit von Prio­ri­tä­ten noch nicht ent­deckt hat­te, nahm sehr we­nig No­tiz da­von. Sie war acht­zehn und strahl­te vor Le­bens­freu­de. Er war ein gut­aus­se­hen­der Mann, der sich den mitt­le­ren Jah­ren nä­her­te.
    We­gen ei­ni­ger po­li­ti­scher Pam­phle­te, die er ge­schrie­ben hat­te, war er in Aus­ge­mus­ter­ten-Krei­sen recht be­liebt. Mir wur­de be­rich­tet, daß die Hoch­zeits­gäs­te ihn in ein Schwimm­be­cken vol­ler Cham­pa­gner war­fen und daß er la­chend wie­der in die Hö­he kam. Aber ich be­zwei­fe­le die­se An­ek­do­te. Nicht nur, weil dar­in ge­wis­sen­los mit ei­ner so sel­te­nen Wa­re wie Cham­pa­gner um­ge­gan­gen wird (al­ler­dings war da­mals oder ist viel­leicht im­mer ei­ne Be­gleiter­schei­nung des Es­ka­pis­mus der Hang zum Zer­stö­ren), son­dern weil ich mir un­mög­lich vor­stel­len kann, wie Ali­ci­as Va­ter la­chend – oder auch nur lä­chelnd – aus je­ner spru­deln­den Flüs­sig­keit auf­tauch­te.
    Es ge­lang mir schließ­lich, aus ihm her­aus­zu­ho­len, daß er sie nach ei­ni­gen Jah­ren der Kin­der­lo­sig­keit kurz vor dem En­de der ihr zu­ge­stan­de­nen Le­bens­span­ne ab­sicht­lich schwän­ger­te. Nur da­mit er sie bei sich be­hal­ten durf­te. Jetzt, wo ich dar­über nach­den­ke, er­staunt es mich, wie gut er in die­sen un­dis­zi­pli­nier­ten Zei­ten po­li­ti­schen Druck aus­zuü­ben ver­stand.
    Er muß ei­ne ein­fluß­rei­che Per­sön­lich­keit ge­kannt ha­ben, die Er­laub­nis zur Ge­burt des Kin­des gab, statt ei­ne Ab­trei­bung oder ei­ne Ver­pflan­zung des Fö­tus an­zu­ord­nen. Wer mag es ge­we­sen sein? Oder, und das ist wahr­schein­li­cher, wa­ren die Leu­te da­mals so wild dar­auf, neue Wie­der­ver­wer­tungs­kör­per zu er­zeu­gen, daß sie auf ein Ba­by
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