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Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Titel: Alicia - Gefaehrtin der Nacht
Autoren: Kerstin Michelsen
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trank, während wir erbittert kämpften und Desans kräftige Pranken an mir rissen. Bald spürte ich die ersten Wunden, die er mir mit seinen scharfen Nägeln zufügte. Doch Desans Blut war zu süß, um aufzuhören. Selbst als ich spürte, dass er mich besiegen würde, konnte ich nicht von ihm lassen. Ich vergaß Laurean und Alesh und die Mönche und gab mich dem Blutrausch hin. Inmitten dieser Raserei spürte ich, wie das erdrückende Gewicht mir mehr und mehr den Atem nahm. Ich wusste, dass ich nicht mehr lange durchhalten würde. Meine Kiefer lockerten sich und ich machte mich zu einer letzten Anstrengung bereit. Ich musste Desan abwerfen. Doch plötzlich war das Schwere fort, einfach so. Ich wollte mich erheben, doch ich war unfähig, mich auch nur zu rühren. Blut lief mir aus den Mundwinkeln, doch ich konnte nicht einmal die Zunge herausstrecken, um den dickflüssigen Saft abzulecken. Über mir stand Laurean, ich sah, wie seine rechte Hand das Amulett berührte, dabei bewegte er lautlos die Lippen. Ich wurde sehr müde. Mein letzter Gedanke, bevor ich in eine Art Schlaf oder Bewusstlosigkeit versank, war die Frage, was mit Alesh geschehen war.
     

9. Kapitel
    Irgendwann war ich auf unserem Lager erwacht und meine Wunden waren verheilt . Meinen Kampf mit Desan erwähnten wir nie wieder, noch sprachen wir darüber, was der erneute Verrat für unser Volk bedeutete. Es entsprach nicht der Art der Salizaren, sich um die Zukunft zu sorgen. Was geschehen würde, würde geschehen. Wenn sie uns angriffen, dann würden wir zurückschlagen.
    Laurean hatte indessen die Drohung wahrgemacht und Desan zum Sklaven der Inzepat bestimmt. Während ich noch bewusstlos in dem heilenden Schlaf lag, in den Laurean mich versetzt hatte, schloss er sich mit einigen Nobilat und den Gefangenen in einer entlegenen Ecke der Gruft ein. Sie brachen ihren Widerstand und so hatte Laurean erfahren, was mit Alesh geschehen war: Desan hatte die Weissagung und Aleshs Bedeutung an die Mönche des Heiligen Vânatŏr verraten. Kurz nach der Übergabe an die Blutammen vertauschte er den Abkömmling des Fürsten mit einem anderen Salizarenjungen. Die Mönche hatten ihm die Herrschaft über einen begrenzten Stamm von Blutdurstigen versprochen, wenn er half, Laurean zu besiegen. Die Mönche planten, jene Salizaren, die sich ihnen wie die Morganthen ergaben, als Sklaven zu halten und alle anderen zu vernichten. Desan wollte lieber der Fürst einer Sklavenkolonie sein, der letzte Blutdurstige, der seine Reißzähne behalten durfte, als gar nicht zu herrschen. Wieder hatte er sich verführen lassen, wie einmal schon, als er auf den niederträchtigen Damianor gehört hatte. Nun war Desans Rechnung nicht aufgegangen und er würde die Gruft niemals wieder verlassen, ebenso Tamor, der junge Salizar, den er als Alesh ausgegeben hatte.
    I ndessen waren wir unserem Ziel, den Entführten wiederzufinden, keinen Schritt näher gekommen. Vermutlich hätte Desan unter den Qualen, die Laurean ihm zufügte, auch dies noch verraten, wenn er es gewusst hätte. Die Mönche waren jedoch vorausschauend genug gewesen, Alesh an einen abgelegenen und geheimen Ort zu bringen. Alles, was Desan wusste, war, dass sie ihn bei den Sklaven hielten. Es mochte sein, dass Alesh nicht einmal um seine Abstammung wusste.
    Eine der Unseren hatten die Mönche nun also bereits vernichtet, doch es war weiterhin ungewiss, ob sie die Villa und die Gruft bereits ausfindig gemacht hatten und nur auf einen günstigen Augenblick für einen Angriff warteten. Die alte Feindschaft mit den Morganthen war hingegen bedeutungslos geworden, denn die wenigen Überlebenden des Bruderstammes, der von Anfang an unter keinem guten Stern gestanden hatte, waren zu zahnlosen Sklaven geworden. Nun gab es nur noch die Mönche und uns und das Ziel, Alesh zu befreien und die Rückkehr der Blutgöttin zu feiern.
    Wenn wir des Nachts auf Beutejagd gingen, hielten wir nach glatzköpfigen Männern mit Haarkranz Ausschau. Früher oder später würden wir sie finden, denn auch wenn sie sich noch immer Mönche nannten, war aus dem Orden, der vor langer Zeit ein Hort keuscher und arbeitsamer Gläubiger gewesen war, ein Geheimbund von sadistischen und triebhaften Männern geworden. Desans Bericht hatte unter anderem offenbart, wie die Mönche mit ihren Sklaven verfuhren. Es war nur eine Frage der Zeit, bis einer von ihnen auf unsere einschlägigen Angebote im Internet eingehen würde.
    Die Zeit verging, ohne dass etwas geschah.
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