Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexander

Alexander

Titel: Alexander
Autoren: Klaus Mann
Vom Netzwerk:
sich kaufen, was ihm gefiel.
    Er leistete sich eine Armee, deren Sauberkeit und Disziplin sprichwörtlich wurde; daneben aber auch Bildung. Für die jungen Offiziere, für die Edelknaben seiner Umgebung wurden Lehrvorträge obligatorisch; die Burschen hatten griechische Tragiker und Homer auswendig zu lernen, wer steckenblieb, bekam unbarmherzig die Peitsche. Es herrschte eine schneidige Kulturfreundlichkeit. – Er leistete sich die griechischen Pädagogen für sein Kind; thessalische Tänzerinnen, die niedlich waren; Sternenkundige aus dem Osten; Einbalsamierer aus Ägypten, die seine verstorbenen Verwandten wickeln und parfümieren mußten; Lustknaben aus Athen, weil die Päderastie Mode war, eigentlich lag sie ihm gar nicht; überhaupt Griechen, Griechen von allen Arten und Berufen. Es war lächerlich, wie viele man kaufen konnte: Schauspieler, Literaten und Rhetoren; Salbenmischer, Köche, Tänzerpack. Sie kamen an, sorgfältig hergerichtet, geistreich und moralisch verwahrlost; sie blieben, solange man wollte, eher noch etwas länger.
    Sie blieben und ließen sich‘s gut sein; aber was sie nach Athen berichteten, war nicht eben schmeichelhaft für den König, von dem sie sich aushalten ließen. Die Fresken des Zeuxis erwähnten sie nur ganz flüchtig, dafür schilderten sie ausführlich die Roheiten dieser mächtigen, doch unzivilisierten Hauptstadt. Die Familien, die hier ausschlaggebend waren, was schienen sie für bäurisch ungehobeltes Gesindel. Sicher konnte keiner von ihnen orthographisch schreiben, fraglich blieb, ob sie sich öfter denn einmal monatlich wuschen. In ihren Kreisen waren Sitten lebendig geblieben, deren Altertümlichkeit jeden Großstädter grotesk berührte. Wer etwa noch keinen Feind getötet hatte, mußte bei den Festmählern stehen, statt zu sitzen oder zu liegen, ebenso der, dem es noch nicht gelungen war, einen Eber im Sprung zu erlegen.
    Eine besondere Rolle spielte in den amüsanten Berichten der Plauderer die unheimliche Königin mit den saugenden Augen und dem Löwenmund, deren barbarische Frömmigkeit Anstoß erregte. Eine so intime Verbindung mit den Unterirdischen war skandalös, sie trieb es zu schlimm mit ihren Schlangen, ihren geheimen Opfern.
    Man erzählte sich, der Sohn, den sie mit so anstößiger Zärtlichkeit liebte – während sie der nachgeborenen Tochter, der bleichsüchtigen kleinen Kleopatra, ziemlich gleichgültig gegenüberstand –, sei wahrscheinlich nicht auf natürliche Weise, sicher nicht von ihrem Gatten empfangen. Ein Geheimnisvoller sei bei ihr gewesen, man frage sich nur, in welcher Gestalt. War er als Blitz in ihren Schoß gefahren, hatte er ihr sich als Tier im Walde genaht? Sie hatte sich einer Gottheit hingegeben, das war der Kern des Gerüchts, allerdings kaum einer der Olympischen, Hellen, vielmehr einer der Chthonischen, die ihre Heimat in der Tiefe haben. Oder er war aus der Ferne zu ihr gekommen, da sie ihn mit großen Listen beschwor, aus Babylon, aus Ägypten. Kein Zufall, daß in der Nacht von Alexanders Geburt das Heiligtum der Göttermutter von Ephesos unter sehr bedenklichen Umständen abgebrannt war, alles stand mysteriös im Zusammenhang.
    So umgaben die Schmarotzer aus Griechenland Olympias ganz mit Geheimnis. Nur ihr Verhältnis zum König belustigte einfach, in Athen pflegte man dergleichen anmutiger zu kaschieren. Daß Philipp sie, die erbberechtigte Monarchentochter von Epiros, nur aus Politik geheiratet hatte, wußte man ohnehin; aber so hassen brauchte man sich nicht gleich. Aus ihren Augen schossen schwarze Flammen der Antipathie, wenn sie den Gemahl bei offiziellen Anlässen begrüßen mußte. Sie neigte den Kopf, kaum daß sie angewidert die Lider senkte, zugleich die Mundwinkel, mit einer Verachtung, so deutlich, daß sie keinem entging. Dafür blamierte der König sie, wo er konnte. Schon wie er‘s öffentlich mit anderen Frauen hielt, war infam. Diese Philina, eine thessalische kleine Hure, behandelte er wie seine rechte Gemahlin, und mit dem Bastard, den er von ihr hatte, dem Arrhidaios, war er liebevoller als mit Alexander, obwohl der arme Arrhidaios ein Idiot zu werden schien.
    Noch schlimmer wurde es, als er die Kleopatra zu lieben begann, die aus guter Familie war. Ihr Oheim Attalos war ein schwarzbärtiger Intrigant aus der nächsten Umgebung des Königs. Bei den großen Saufgelagen war er einer derjenigen, der am meisten vertrug, immer saß er, aufrecht, besonnen, beim König, den er mit unanständigen Spaßen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher