Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Al Wheeler und die gespenstige Lady

Al Wheeler und die gespenstige Lady

Titel: Al Wheeler und die gespenstige Lady
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
Kuriositätenkabinett ist«, sagte George eifrig. »Und ich weiß,
daß es Onkel Ben völlig egal ist, wenn Sie es ohne ihn ansehen. Soll ich es
Ihnen mal schnell zeigen ?«
    »Großartig !« sagte ich. »Das wäre reizend von Ihnen .«
    Wir
gingen zusammen aus dem Wohnzimmer und grinsten uns dabei an wie echte alte
Kumpels. Ich hatte mir zuvor Sorgen gemacht, ob ein solch plötzlicher Wechsel
meines Verhaltens nicht zu dick aufgetragen wäre — aber George schluckte alles
gierig hinunter und bettelte förmlich um mehr. Ich folgte ihm in den hinteren
Teil des Hauses, durch die Küche, wo uns die Köchin einen mißbilligenden Blick zuwarf, bis zu einer Treppe.
    »Früher
hat man dort die Kohlen aufbewahrt, bevor die Ölheizung eingebaut wurde«, sagte
George, indem er mir voran die Treppe hinabstieg. »Jetzt ist es der Geheimtresor
des alten Onkels Ben .« Er lachte ungefähr zwanzig
Sekunden lang schrill, bis ich endlich begriff, daß er nicht übergeschnappt
war, sondern einen Witz gemacht hatte.
    Unten
sah es mehr nach einem Trödelladen als nach einem Geheimtresor aus. Über den ganzen
Boden lag irgendwelches Zeug verstreut — Seemannskoffer, grellbunte
Sonnenschirme, Holzschnitzereien, ein ausgestopfter Tiger in gefährlich
aussehender Sprungstellung, wobei der Gesamteindruck allerdings dadurch
beeinträchtigt wurde, daß die Hälfte seiner Füllung durch einen Riß im Fell
herausgequollen und auf den Boden gefallen war.
    Neben
mir stand eine kleine Kommode, und ich zog die oberste Schublade ein wenig zu
weit heraus. Ein Haufen billigen Eingeborenenschmucks, den man in einem
Ramschladen nicht zu verkaufen wagen würde, drang wie ein kleiner Wasserfall
heraus und überschwemmte auf scheußliche Weise den Raum. Halsbänder aus
Muscheln und Tierzähnen, alles, was es an Geschmacklosigkeiten gab, war
vorhanden.
    »Großartig,
nicht?« George strahlte mich mit feuchten Augen an und kaute in echter Erregung
auf seiner zitternden Unterlippe.
    »Ich
finde, das Zeug stinkt«, sagte ich.
    »Was?«
Seine Augen begannen bereits hervorzuquellen.
    »Ich
finde, das Zeug stinkt«, wiederholte ich. »Ich habe genauso das Recht, das zu
sagen, was ich von Onkel Bens Schmuck und miesem Kram halte, wie Sie, sich
darüber zu äußern, wie Sie über mich denken .«
    »Wirklich?«
Seine Augenbrauen schienen bei dem Versuch, die hochgewölbte Stirn zu
übersteigen, bersten zu wollen.
    »Na
sicher«, knurrte ich. »Wie Sie sagten: >Dieser stinkige Lieutenant, der die
ganze Nacht herumschnüffelt und Dreckspuren verfolgt...<«
    Er
traf Anstalten, wieder rückwärts die Treppe hinaufzugehen, und sein Gesicht
hatte die Farbe schmutziger Asche.
    Ich
schnupperte hörbar. »Komisch, George, ich kann jetzt mehr Dreck riechen als
vorher. Es riecht wie ein Abfallhaufen .« Ich ging auf
ihn zu, noch immer laut schnuppernd. »Wissen Sie was ?« sagte ich mit unterdrückter Stimme. »Ich glaube, Sie sind das, George !«
    Er
hielt die Hand vors Gesicht und fuchtelte dann blindlings mit ihr in der Luft
herum. »Rühren Sie mich nicht an !« wimmerte er. »Wagen
Sie ja nicht, mich anzurühren !«
    Vielleicht
wartet der Sadist in jedem Menschen im Grund immer auf die Gelegenheit, herausgelassen
zu werden. Ich spürte plötzlich ein Ekelgefühl, als mir bewußt wurde, wie sehr
ich Georges blindes Entsetzen genoß. Aber um Loraines willen konnte ich die
Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen.
    »George!«
Meine Stimme klang barsch. »Wir wollen die Sache so schnell wie möglich hinter
uns bringen. Wenn Sie je Loraine wieder anrühren, schlage ich Sie zu Brei.
Verstanden?«
    »Ja,
ja !« wimmerte er eifrig. »Ich verstehe völlig,
Lieutenant. Ich werde es nie wieder tun. Ich weiß gar nicht, was letzte Nacht
in mich gefahren ist — ehrlich! Ich...«
    Was,
zum Kuckuck, sollte man mit einer Qualle tun, der plötzlich Nagelschuhe
wachsen, mit denen sie über ihre Schwester wegtrampeln kann? Jedenfalls muß man
ihr ihrerseits die Nagelschuhe zu spüren geben.
    »Kann
ich jetzt gehen, Lieutenant ?« winselte er
hoffnungsvoll. »Ich werde es nicht vergessen, ich verspreche es .«
    »Ich
werde Ihrem Erinnerungsvermögen ein bißchen nachhelfen«, sagte ich mürrisch.
    Ich
rammte ihm vier steif ausgestreckte Finger kräftig in den Solarplexus, aber
nicht allzu kräftig. Er klappte, die Hände über dem Bauch verkrampft, zusammen,
als müßte er sterben. Und während er noch vornübergebeugt dastand, holte ich
mit beiden Armen seitlich aus, so weit es ging,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher