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Al Wheeler und die Besessene

Al Wheeler und die Besessene

Titel: Al Wheeler und die Besessene
Autoren: Carter Brown
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Wirklichkeit erscheint«, übersetzte ich hoffnungsvoll
seine Ausführungen in Worte, die ich selber wenigstens halbwegs zu verstehen
vermochte.
    »Genau das, Lieutenant.« Maybury nickte ermutigend.
    »Und was war Nina Ross’
Wahnvorstellung ?«
    »Daß sie besessen wäre«, sagte
er einfach.
    »Vom Teufel, meinen Sie, oder
von sonst etwas ?«
    »Von einer Hexe, um es genau zu
sagen. Nina Ross glaubte fest, ihr Körper und ihr Geist seien von einer Hexe
besessen, die ihr ursprünglich in Gestalt einer weißen Katze erschienen sei .«
    »Die Maske, die sie über den
Kopf gezogen hatte ?« fragte ich.
    »Das Symbol ist
offensichtlich«, sagte er nachdrücklich. »Aber vor heute
morgen habe ich die Maske noch nie gesehen. Die Hexe habe ein paar
Monate, bevor sie zu mir kam, Besitz von ihr ergriffen, behauptete sie, und
habe sie gezwungen, schreckliche Dinge zu tun, wie Hexensabbaten beizuwohnen, an
schwarzen Messen und Orgien teilzunehmen und so weiter. Sie dachte, ich könnte
die Hexe aus ihrem Gemüt und ihrem Körper austreiben .« Er zog eine nervöse Grimasse. »Vergessen Sie nicht, in jeder anderen Beziehung
war sie vollkommen normal, Lieutenant. Ich habe vielleicht mehr Zeit auf ihre
psychotherapeutische Behandlung und Analyse verwandt als richtig war, aber sie
war der faszinierendste Fall, den ich je im Sanatorium hatte .«
    Wieder begannen seine Finger,
einen scharfen Trommelwirbel auf der Schreibtischplatte zu schlagen. »Dann,
eines Morgens, sagte sie mir, es sei sinnlos. Die Hexe, so meinte sie, schiene
während ihres Aufenthalts im Sanatorium sogar eine noch stärkere Macht auf sie
auszuüben und deswegen verließe sie uns jetzt. Ich konnte nichts tun, um sie zu
halten — sie war freiwillig gekommen—, und ich wußte, daß sie, wenn ich sie
gezwungen hätte dazubleiben, einfach die Geschichte mit der Besessenheit
abgeleugnet und überzeugendere Beweise geistiger Gesundheit erbracht hätte, als
mir selber zu erbringen je möglich gewesen wäre.«
    »Haben Sie nichts mehr von ihr
gesehen oder gehört, nachdem sie das Sanatorium verlassen hatte ?«
    »Bis heute früh nicht«, sagte
er völlig niedergeschlagen.
    »Was ist mit ihrer Familie ?«
    »Sie hat keine — zumindest hat
sie mir das erzählt. Keinerlei Verwandte.«
    »Soviel ich mich erinnere,
nehmen Sie hier nur allerbestes Publikum auf«, sagte ich kalt. »Ihre Preise
sind ziemlich gesalzen, Doktor. Hatte Nina Ross niemals Schwierigkeiten, sie zu
bezahlen ?«
    Sein Gesicht nahm die Farbe
eines verwaschenen Sonnenuntergangs an. »Ihr Arbeitgeber und offensichtlich
einziger Freund hat alles bezahlt. Er gab ihr ursprünglich den Rat,
hierherzugehen .«
    »Wie heißt er ?«
    »James Arist .«
Er buchstabierte den Namen.
    »Was wissen Sie über ihn ?«
    »Nur das wenige, das Nina
selber von ihm erzählte: Er sei ein gütiger Mensch und ein großzügiger
Arbeitgeber. Ich habe ihn nie kennengelernt, Lieutenant. Am Tag nach Ninas
Ankunft rief er im Büro des Sanatoriums an und sagte, er würde — äh —
finanziell für alles aufkommen .«
    »Sie haben also seine Adresse«,
sagte ich. »Wie steht es mit der von Nina Ross ?«
    »Beide Adressen sind bestimmt
bei den Krankenpapieren .« Maybury nahm den Telefonhörer ab. »Ich werde sie bei der Schwester an der Pforte
hinterlassen, Lieutenant, so daß Sie sie dort abholen können, wenn Sie gehen .«
    Als er den Hörer wieder
auflegte, fiel mir plötzlich etwas ein. »Was sagten Sie doch dort draußen? —
Etwas über Stigmata?«
    »Die Narben an ihrem
Oberschenkel«, sagte er und nickte. »Eine ganz natürliche Sache, aber Nina war
überzeugt, sie stammten von der Hexe, die dem Teufel befohlen hatte, die Spuren
seiner Zähne dort für alle Zeiten zu hinterlassen .«
    »Obwohl ich Ihre Beschreibung
der Paranoia im Kopf habe, Doktor«, brummte ich, »wird die Sache immer unglaubhafter .«
    »Stigmata sind von jeher und
durch alle Jahrhunderte hindurch Gegenstand des Aberglaubens gewesen,
Lieutenant«, sagte er mit leicht gönnerhafter Stimme. »Es paßt vorzüglich zu
ihrer Wahnvorstellung, daß sie vom Bösen besessen gewesen sei .«
    »Ich komme wieder«, sagte ich
abrupt. »Ich werde Sergeant Polnik dalassen, damit er
sich um alles kümmert, Doktor .« Ich hatte das Gefühl,
daß ich, wenn ich mich noch länger in diesem Raum aufhielte, in null Komma
nichts selber in einer Gummizelle landen würde.
    »Natürlich, Lieutenant.« Er biß
wie wild auf seinem Daumennagel. »Sie vergessen doch nicht, was ich
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