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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel
Autoren: Mischa Martini
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Schwester, sie ist zehn, mit noch zwei Freundinnen dazukam, ist der Kerl mit einem roten Mofa abgehauen. Er trägt eine blaue Jacke und einen grauen Helm. Es könnte der vom Sonntag in Föhren sein.«
    »Wer hat uns gerufen?« fragt Walde.
    »Die Mädchen wohnen hier gleich neben dem Spielplatz. Sie sind nach dem Föhrener Vorfall von ihren Eltern gewarnt worden und haben sofort reagiert. Ich habe Conny erreicht, die hat zwar Urlaub, ist aber zum Glück nicht verreist. Sie kommt gleich ins Präsidium und hilft bei den Vernehmungen.«
    »Was ist mit Spuren auf dem Spielplatz?«
    »Der Lehmboden ist hart wie Beton«, sagt Harry. »Der hätte sein Mofa schon durch den Sandkasten steuern müssen …«
    Ein Funkspruch kommt aus dem Wagen: »Tatverdächtiger Mofafahrer zwischen Fastrau und Fell gesehen.«
    Harry springt blitzschnell in den Wagen. Als Walde auf den Beifahrersitz plumpst, dröhnt schon das Martinshorn, und die Schaulustigen hasten zur Seite. Harry ist in seinem Element, mit Affenzahn schleudern sie die Serpentinen zur Hauptstraße hinunter, wo sie mit 180 Sachen an einem Einkaufszentrum vorbeirasen. Walde erkundigt sich bei der Zentrale, woher die Meldung stammt. Ein Mitarbeiter der Wochenpost soll angerufen haben.
    Harry brüllt zu Walde herüber: »Den kenn’ ich, der ist vor Jahren bei uns rausgeflogen und arbeitet jetzt als freier Journalist, der hört Tag und Nacht Polizeifunk und grast die Unfälle ab.«
    In Fell drosselt Harry die Geschwindigkeit. Kein Mofa ist in Sicht. Am Ortsende teilt sich die Straße. Harry entscheidet sich für die in Richtung Thomm. Wie hätte es anders sein können? Alljährlich wird auf dem kurvenreichen Anstieg ein Bergrennen veranstaltet. Walde läßt ihn gewähren, die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig. Gleich hinter dem Ort sieht Walde, wie ein Helm links hinter einem Busch verschwindet. Harry hat es auch bemerkt und biegt auf einen Schotterweg ab. Walde wäre froh, seine Dienstwaffe dabei zu haben, um einen Warnschuß abzugeben. Harry hat seine Waffe immer dabei, aber er steuert den Wagen mit so hoher Geschwindigkeit über den unbefestigten Weg, daß Walde ihn lieber nicht danach fragt. Die Reifen wirbeln blaue Schieferplättchen auf. Walde stemmt die Beine fest unter das Armaturenbrett. Mit der rechten Hand hält er sich am Außenspiegel fest. Der warme Fahrtwind ist staubig. Nur schemenhaft ist das Gefährt vor ihnen zu sehen.
    Rechts ist ein Steilhang mit endlosen Schieferhalden. Links fliegen vergitterte Eingänge zu ehemaligen Bergwerken vorbei. Früher wurde in den Stollen Schiefer abgebaut. Die Sonne hat den ganzen Tag gnadenlos gebrannt. Die Hitze wird durch den Boden festgehalten. Jetzt am Spätnachmittag herrschen hier höllische Temperaturen.
    Fußgänger, die sich am Wegrand in Sicherheit gebracht haben, verschwinden im aufgewirbelten Staub. Harry steuert nach links einen Stichweg hoch. Das Mofa ist fast eingeholt. Der Fahrer trägt einen grauen Helm. Sein blauer Blouson bläht sich am Rücken. Walde versucht, das kleine Nummernschild zu entziffern. In einer scharfen Rechtskurve umklammert er den Außenspiegel so fest, daß er fürchtet, ihn abzureißen. Der Wagen kommt an einer Böschung zum Stehen. Harry muß zurücksetzen. Mit durchdrehenden Reifen nehmen sie wieder Fahrt auf und sehen, wie der Mofafahrer sich hinter dem Schild Besucherbergwerk zwischen Loren und Holzbuden hindurchschlängelt. Der Weg endet dahinter vor einer dicht bewachsenen Anhöhe.
    »Das Spiel ist aus«, schreit Harry nach einem waghalsigen Slalom. Noch während der Wagen über den feinen Schiefer schlittert, reißt Walde die Tür auf und sieht, wie das Mofa wenige Meter vor ihm in einem schwarzen Schacht verschwindet.
    »Blockier’ den Eingang«, ruft Walde und spurtet in den Stollen. Der Kreis der vom Scheinwerfer des Mofas angestrahlten Wände wird immer kleiner. Walde atmet Abgase und Modergeruch. Als das Mofa wenig später hinter einer Biegung verschwindet, schaut Walde zurück. Vom Eingang dringt nur noch spärliches Licht zu ihm. Aus den dunklen Wänden stehen feucht glänzende Zacken hervor. An der Decke führt ein Bündel Kabel entlang. Walde läuft mit eingezogenem Kopf weiter.
    Hinter der Biegung ist es stockdunkel. Walde bleibt stehen, es fröstelt ihn. Das Knattern hallt durch den Gang. Weder vor noch hinter ihm ist etwas zu erkennen. Er kramt den Autoschlüssel aus seiner Tasche und drückt auf den Knopf, der ein kleines Birnchen aufleuchten läßt, das bei
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