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Afrika, Meine Passion

Afrika, Meine Passion

Titel: Afrika, Meine Passion
Autoren: Corinne Hofmann
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fest, dass auch die kleinen, einheimischen Verkaufsbuden wieder am Straßenrand stehen dürfen. Vor über zwanzig Jahren, als der erste Supermarkt eröffnete, wurden sie abgerissen. Inzwischen hat man wohl eingesehen, dass Konkurrenz belebt und viele Touristen gerne bei den einheimischen Künstlern vorbeischauen und beobachten wollen, wie sie ihr Handwerk ausführen.
    Wir nähern uns »meiner« Gegend. Schon kommen wir am Africana Sea Lodge Hotel vorbei. »Klaus, bitte fahr langsamer. Ich möchte mir die Gegend in Erinnerung rufen, mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir nicht mehr weit entfernt vom Kamau-Village sind, wo ich vor meiner Rückkehr in die Schweiz gelebt habe. Und Priscilla war meine Nachbarin«, erkläre ich ihm aufgeregt. Klaus schaut mich erwartungsvoll an und fragt: »Ja, und wo befindet sich diese Siedlung?« Ich zucke mit den Schultern und antworte: »Irgendwo hier geht es in den Busch. Ich weiß zwar nicht genau, welche Naturstraße es ist, weil es im Gegensatz zu früher mehrere gibt. Aber wir sollten es einfach probieren und bei den Leuten nachfragen.« Klaus willigt ein, obwohl er nicht begeistert ist. Unser PKW ist für Straßen dieser Art eigentlich nicht geeignet. Ich jedoch möchte unbedingt meiner Intuition folgen.
    Wo früher Paviane herumtobten, sind inzwischen viele neue Gebäude und einfache Verkaufsstände errichtet worden. Das gesamte Straßenbild hat sich so sehr verändert, dass mir meine Erinnerung wenig hilft. Ich frage einige am Straßenrand wartende Männer: »Do you know, where is Kamau-Village?« Sie wiederholen nachdenklich das Wort Kamau-Village und schütteln verneinend den Kopf. Weiteres Nachfragen bei einem Hotelwächter führt ebenfalls zu keinem Ergebnis. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als einfach verschiedene Möglichkeiten auszuprobieren.
    Die erste Holperstraße endet an einer eingezäunten prächtigen Villa, die unvermittelt im Hinterland auftaucht. Mühsam wendet Klaus den Wagen, während uns einige Einheimische finster beobachten. Aber so schnell will ich dieses Mal nicht aufgeben. Ich möchte unbedingt meine Freundin Priscilla finden, falls sie überhaupt noch hier lebt. Wieder auf der geteerten Hauptstraße, biegen wir einige hundert Meter weiter nochmals in den Busch ein. Vor einem kleinen Laden stehen ein paar Leute, die ich nach dem Kamau-Village frage. Schweigen und Kopfschütteln ist die Antwort. Dennoch bin ich mir auf einmal fast sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Eine Frau mit farbigem Kopftuch, die hinter zwei geschlachteten, an Haken hängenden Ziegenhälften hervorlugt, ruft plötzlich: »Go ahead and later left side.« Das Gesagte unterstützt sie mit einem großen Messer, das in die angegebene Richtung zeigt.
    Freudig sehe ich Klaus an und bitte ihn weiterzufahren. Klaus schaut zwar etwas skeptisch, aber für mich gibt es kein Halten mehr. Der Wagen holpert über Steine und Grasbüschel. Kurz vor einer Kreuzung im immer dichter werdenden Busch kommt uns eine Frau entgegen, die einen Wasserkanister auf dem Kopf balanciert. Auf meine Frage nach dem Kamau-Village deutet sie nach links und erklärt, wir sollten so lange weiterfahren, bis wir an eine Steinmauer kommen, an deren Ende der Eingang sei. Nun beginne auch ich etwas zu zweifeln, da es damals keine Steinmauer gab. Je näher wir jedoch kommen, desto aufgeregter werde ich. Klaus fährt langsam an der Mauer entlang und mit einem Mal sind wir mitten im Kamau-Village.
    Die Siedlung ist um einiges größer geworden. Als Erstes fällt mir ein Baum auf, unter dem sich einige halbstarke Burschen lümmeln und uns kritisch beäugen. Hinter dem Baum entdecke ich mein ehemaliges »Wohnhaus«. Von Emotionen bewegt, rufe ich: »Klaus, schau, da vor dieser Blechtür bin ich mit Napirai oft gesessen. Auf dem krummen Baum davor ist sie herumgeklettert. Ich könnte heulen vor Freude.«
    Ich springe aus dem Auto und höre, wie Klaus hinter mit herruft: »Corinne, sei vorsichtig!« Doch seine Warnungen erreichen mich nicht. Ich fühle mich wie angekommen, denn dieser Ort war sieben Monate lang mein Zuhause und war meine letzte Station, bevor ich Kenia fluchtartig verlassen habe. Alles, was ich nicht an meinem Körper trug, hatte ich damals in dem Raum hinter dieser Blechtür zurückgelassen, Fotos, persönliche Sachen, ja sogar mein weißes Brautkleid.
    Ich trete zu den verdutzten Burschen und frage, ob sie eine Priscilla kennen, eine Massai-Frau, die am Strand Kangas verkauft. »Yes, we know her.«
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