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Aerzte zum Verlieben Band 47

Aerzte zum Verlieben Band 47

Titel: Aerzte zum Verlieben Band 47
Autoren: Marion Lennox , Alison Roberts , Fiona Lowe
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würde das wild lebende Tier mehr stressen als die Operation selbst. Becky war zwar eine kompetente Helferin, doch das reichte in diesem Fall nicht. Sie brauchte einen Experten, hier und jetzt, der sofort auf jede Änderung im Zustand des Weibchens reagieren konnte.
    Sie arbeitete, so schnell sie konnte, um die Wundränder zu säubern. Das Leben des kleinen Koalas hing an einem seidenen Faden, der jede Sekunde zu reißen drohte. Und dann wäre alles umsonst … Tori verspürte einen dumpfen Druck im Magen.
    „Jemand zu Hause?“, erklang eine Männerstimme vom Flur her.
    Die Tür zum provisorischen OP wurde geöffnet. Tori blickte auf, um den unerwünschten Besucher hinauszujagen, und der scharfe Befehl blieb ihr im Hals stecken. Es war Jake, ihr Anderthalb-Minuten-Date.
    Na und? Und wenn er die Königin von England wäre!
    „Raus!“, befahl sie.
    „Ich glaube, sie hat aufgehört zu atmen“, verkündete Becky im selben Moment.
    Schlagartig war Tori mit ihrer Aufmerksamkeit wieder bei dem Koala. Ich muss intubieren, dachte sie. Aber sie konnte sich nicht gleichzeitig um die Wunde kümmern.
    „Kann ich helfen?“, bot Jake an.
    Abwesend schüttelte sie den Kopf. „Außer, Sie können intubieren“, flüsterte sie hoffnungslos.
    „Kann ich. Machen Sie weiter.“
    „Was?“
    Jake war bereits am Instrumentenwagen. „Welchen Tubus?“
    „Vier Millimeter“, erwiderte sie automatisch.
    Ein Tierarzt? schoss es ihr durch den Kopf, als er die benötigten Instrumente auswählte und herüberkam. Was auch immer, der Mann wusste, was er zu tun hatte.
    Der weiche Gaumen der Koalas versperrte die direkte Sicht auf die Epiglottis, aber Jake zögerte nicht. Er hatte das Silikonspray gefunden und benutzte es, während er Becky knappe Anweisungen gab.
    Tori musste sich darauf konzentrieren, den Blutverlust einzudämmen, und konnte nur bewundernd zusehen, wie Jake das kleine Tier in die richtige Lage brachte und routiniert den Tubus einführte.
    Innerhalb von Sekunden führte er dem Koala Sauerstoff zu, die blaue Linie auf dem Monitor kam in Bewegung und wurde breiter.
    Ihr Patient lebte.
    „Herzfrequenz bei siebzig Schlägen pro Minute“, verkündete er sachlich. „Wie sind die Normwerte?“
    Also doch kein Tierarzt?
    „Höher, aber bevor Sie kamen, stand es ganz schlecht um sie.“ Tori war ihm unendlich dankbar, aber das würde sie ihm erst später sagen. Erst musste sie zügig die Wunde versorgen, damit sie die Narkose aufheben konnte.
    Viele Koalas starben unter der Narkose. Aber nicht dieser, bitte nicht …
    „Sie hat schon viel gelitten.“ Jake betrachtete das breitflächige Narbengewebe. „Wäre eine gnädige Spritze nicht besser?“
    „Sagt der Mann, der sie gerade gerettet hat“, murmelte Tori. „Versuchen wir sie am Leben zu erhalten, bis ich hier fertig bin. Die Moraldebatte können wir später führen.“
    „Okay.“
    Schweigend arbeiteten sie weiter. Becky assistierte, sichtlich froh darüber, dass sie Verantwortung abgeben konnte. Tori kämpfte mit ihren Gefühlen, während sie Nummer 37 verarztete. Auch der siebenunddreißigste Koala, den sie seit dem Feuer behandelt hatte, sollte keinen Namen haben. Warum hing sie trotzdem so sehr an diesem Tier? Warum war es ihr unbeschreiblich wichtig, dass sie es gesund in die Wildnis entlassen konnte, wo es hingehörte?
    Wo der Tod gewütet hatte, war jedes einzelne Leben kostbarer denn je.
    Die Wunde war verbunden, und ein rascher Blick zum Monitor zeigte Erfreuliches: Puls bei achtzig, Sauerstoffsättigung neunzig Prozent.
    Spontan berührte Tori das weiche Fell des Tieres. „Du hast es bis jetzt geschafft“, flüsterte sie. „Du wirst es auch weiterhin schaffen.“
    „Das denke ich auch“, meinte Jake, während er vorsichtig den schmalen Tubus aus der Luftröhre zog. Zufrieden sah er, dass das Weibchen langsam wieder normal atmete. „Und wer übernimmt die Rechnung?“
    „Was für eine Frage.“ Tori trug den Koala zurück in seinen Käfig. Noch war er nicht über den Berg, aber es bestanden gute Chancen.
    Mehr konnte sie nicht tun. Sie war fertig.
    Ein merkwürdiges Gefühl. Die letzten sechs Monate hatte Tori ununterbrochen gearbeitet, zeitweise mit an die fünfzig freiwilligen Helfern, als sie über dreihundert Tiere behandelte. Kängurus, Wallabys, Opossums, Kakadus, Koalas – so viele Koalas.
    Es war vorbei. Die, die sie hatte retten können, waren inzwischen ausgewildert. Im Frühling hatte es geregnet, die Natur erholte sich, und es würde
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