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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
Autoren: Greg Iles
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vorhersehbaren Entwicklungen gekommen. Jiao hat mit Shad Johnsons Behörde zusammengearbeitet, nicht aber mit dem FBI . Und die meisten ihrer bisherigen Aussagen schaden Sands, nicht ihrem Onkel in Macao. Ich kann dieser Frau wegen ihres Überlebensinstinkts keine Vorwürfe machen. Edward Po ist kein Mann, dessen Zorn sie erregen möchte.
    Niemand weiß das besser als Jonathan Sands. Dem früheren Geschäftsführer der Magnolia Queen scheint es lieber zu sein, in Mississippi wegen Mordes angeklagt zu werden, als sich vor einem Bundesgericht wegen Geldwäsche verantworten zu müssen. Da William Hull ihn nicht mehr beschützen kann – und da Po nicht in Gewahrsam, sondern in Freiheit ist –, wäre Sands ein Narr, würde er den Verbrechensboss auch nur der kleinsten Gesetzesübertretung bezichtigen. Sands mag darauf hoffen, Pos legendärer Rachsucht zu entgehen, indem er stumm bleibt; vielleicht spekuliert er auch darauf, dass das Justizministerium ihm Schutzhaft als Gegenleistung für seine Zeugenaussage anbietet. In beiden Fällen hat er meiner Meinung nach wenig Aussicht, das Jahresende zu erleben. Der Staat Mississippi ist nicht bereit, Sands den Bundesbehörden kampflos zu überlassen, und Edward Po hat einen sehr langen Arm.
    Als einflussreicher chinesischer Staatsbürger wird Po nicht an die USA ausgeliefert werden, selbst wenn Sands überlebt und gegen ihn in den Zeugenstand tritt. Doch im Rahmen der umfassenden Vollmachten des Patriot Act wird man Po zum Terroristen erklären und ihm seine amerikanischen Vermögenswerte entziehen. Da Po offiziell weniger als fünf Prozent der Golden Parachute Gaming Corporation gehören, wird Craig Weldon, der Entertainment-Anwalt aus Kalifornien, endlich die Kontrolle über das Unternehmen erlangen, die er naiverweise von Beginn an für sich beansprucht hatte. Die Golden-Parachute-Casinoschiffe werden nun als legitime Geschäfte betrieben werden und weiterhin dringend benötigte Gelder in die marode Wirtschaft von Mississippi pumpen.
    William Hulls Tage als Schurkenanwalt sind vorbei, aber ich bezweifle, dass er auch nur einen Tag im Gefängnis verbringen wird. Wie die Männer, die er verfolgte, war Hull jemand, der detaillierte Aufzeichnungen über alles anfertigte, was er im Dienst seiner Herren und Gebieter getan hat. So läuft es nun mal in der Politik, und Hull war in erster Linie ein politisches Wesen. Genau das bestätigte sich, als Shad Johnson vom Direktor des Heimatschutzes angerufen und gebeten wurde, Hull in Bundesgewahrsam zu geben. Es ehrt Shad, dass er mich nach meiner Meinung fragte, bevor er zustimmte. Ich war zu dem Schluss gelangt, dass mir die moralische Autorität fehlt, ein Urteil über Hull zu fällen. Noch vor einer Woche hätte ich Kelly beinahe befohlen, Jonathan Sands ohne ordentliches Gerichtsverfahren zu töten. Und was das Ereignis auf dem Lake St. John betrifft, so schäme ich mich zwar, es zuzugeben, doch der Unterschied zwischen Hull und mir ist eher quantitativer als qualitativer Art.
    Niemand hat etwas über das Schicksal von Seamus Quinn erfahren. Vielleicht haben diejenigen, die sich in den frühen Morgenstunden jener Nacht am Lake St. John in ihren Betten umdrehten, eine vage Ahnung, dass sich etwas Übles abgespielt hatte, aber Schüsse sind dort nicht selten, und es würde schon ein mittleres Gefecht brauchen, um einen Anruf beim Sheriff’s Department auszulösen. Die Unkenntnis der Öffentlichkeit bedeutet nicht, dass Quinn vergessen ist. Kelly wird ihn als weiteres Gesicht in der Schattengalerie der Personen im Gedächtnis behalten, deren letzter Blick auf Erden ihm galt. Für den Existenzialisten Kelly gibt es kein moralisches Problem: Die Tat ist verrichtet; auf zu neuen Ufern.
    Für Caitlin und mich sind die Dinge jedoch komplexer. An diesem Ort, an dem die Vergangenheit nie tot oder auch nur vergangen ist, erhebt sich Quinn in dem einen oder anderen Moment zwischen uns – besonders dann, wenn wir moralisieren oder die oberflächlichen Verallgemeinerungen anstellen, zu denen wir als »Liberale« neigen. Caitlin weiß nun, dass all die schönen Worte, die im Laufe der Jahrhunderte ausgesprochen wurden, nichts bedeuten, wenn man miterlebt hat, wie ein Stammesmitglied gnadenlos misshandelt wurde – selbst wenn der Stamm alle Frauen der Welt mit einschließt. Als sie vor der Wahl zwischen einem sicheren Tod für den Verbrecher und einer fairen Verhandlung mit der Aussicht eines Freispruchs stand, war sie kurz davor, den Tod zu
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