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Achtzig Gedichte

Achtzig Gedichte

Titel: Achtzig Gedichte
Autoren: Georg Trankl
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schönen Zimmern;
An einem Träumer läuft ein Hund vorbei.
    Ein leerer Sarg im Dunkel sich verliert.
Dem Mörder will ein Raum sich bleich erhellen,
Indes Laternen nachts im Sturm zerschellen.
Des Edlen weiße Schläfe Lorbeer ziert.
    Â 
DREI BLICKE IN EINEN OPAL
    1
Blick in Opal: ein Dorf umkränzt von dürrem Wein,
Der Stille grauer Wolken, gelber Felsenhügel
Und abendlicher Quellen Kühle: Zwillingsspiegel
Umrahmt von Schatten und von schleimigem Gestein.
    Des Herbstes Weg und Kreuze gehn in Abend ein,
Singende Pilger und die blutbefleckten Linnen.
Des Einsamen Gestalt kehrt also sich nach innen
Und geht, ein bleicher Engel, durch den leeren Hain.
    Aus Schwarzem bläst der Föhn. Mit Satyrn im Verein
Sind schlanke Weiblein; Mönche der Wollust bleiche Priester,
Ihr Wahnsinn schmückt mit Lilien sich schön und
düster Und hebt die Hände auf zu Gottes goldenem Schrein.
    2
Der ihn befeuchtet, rosig hängt ein Tropfen Tau
Im Rosmarin: hinfließt ein Hauch von Grabgerüchen,
Spitälern, wirr erfüllt von Fieberschrein und Flüchen.
Gebein steigt aus dem Erbbegräbnis morsch und grau.
    In blauem Schleim und Schleiern tanzt des Greisen Frau,
Das schmutzstarrende Haar erfüllt von schwarzen Tränen,
Die. Knaben träumen wirr in dürren Weidensträhnen
Und ihre Stirnen sind von Aussatz kahl und rauh.
    Durchs Bogenfenster sinkt ein Abend lind und lau.
Ein Heiliger tritt aus seinen schwarzen Wundenmalen.
Die Purpurschnecken kriechen aus zerbrochenen Schalen
Und speien Blut in Dorngewinde starr und grau.
    3
Die Blinden streuen in eiternde Wunden Weiherauch.
Rotgoldene Gewänder; Fackeln; Psalmensingen;
Und Mädchen, die wie Gift den Leib des Herrn umschlingen.
Gestalten schreiten wächsernstarr durch Glut und Rauch.
    Aussätziger mitternächtigen Tanz führt an ein Gauch
Dürrknöchern. Garten wunderlicher Abenteuer;
Verzerrtes; Blumenfratzen, Lachen; Ungeheuer
Und rollendes Gestirn im schwarzen Dornenstrauch.
    O Armut, Bettelsuppe, Brot und süßer Lauch;
Des Lebens Träumerei in Hütten vor den Wäldern.
Grau härtet sich der Himmel über gelben Feldern
Und eine Abendglocke singt nach altem Brauch.

DE PROFUNDIS
    Â 
TRÜBSINN
    Weltunglück geistert durch den Nachmittag.
Baraken fliehn durch Gärtchen braun und wüst.
Lichtschnuppen gaukeln um verbrannten Mist,
Zwei Schläfer schwanken heimwärts, grau und vag.
    Auf der verdorrten Wiese läuft ein Kind
Und spielt mit seinen Augen schwarz und glatt.
Das Gold tropft von den Büschen trüb und matt.
Ein alter Mann dreht traurig sich im Wind.
    Am Abend wieder über meinem Haupt
Saturn lenkt stumm ein elendes Geschick.
Ein Baum, ein Hund tritt hinter sich zurück
Und schwarz schwankt Gottes Himmel und entlaubt.
    Ein Fischlein gleitet schnell hinab den Bach;
Und leise rührt des toten Freundes Hand
Und glättet liebend Stirne und Gewand.
Ein Licht ruft Schatten in den Zimmern wach.
    Â 
PSALM
    Es ist ein Licht, das der Wind ausgelöscht hat.
    Es ist ein Heidekrug, den am Nachmittag ein Betrunkener verläßt.
    Es ist ein Weinberg, verbrannt und schwarz mit Löchern voll Spinnen.
    Es ist ein Raum, den sie mit Milch getüncht haben.
    Der Wahnsinnige ist gestorben. Es ist eine Insel der Südsee,
    Den Sonnengott zu empfangen. Man rührt die Trommeln.
    Die Männer führen kriegerische Tänze auf.
    Die Frauen wiegen die Hüften in Schlinggewächsen und Feuerblumen,
    Wenn das Meer singt. O unser verlorenes Paradies.
    Die Nymphen haben die goldenen Wälder verlassen.
    Man begräbt den Fremden. Dann hebt ein Flimmerregen an.
    Der Sohn des Pan erscheint in Gestalt eines Erdarbeiters,
    Der den Mittag am glühenden Asphalt verschläft.
    Es sind kleine Mädchen in einem Hof in Kleidchen voll herzzerreißender Armut!
    Es sind Zimmer, erfüllt von Akkorden und Sonaten.
    Es sind Schatten, die sich vor einem erblindeten Spiegel umarmen.
    An den Fenstern des Spitals wärmen sich Genesende.
    Ein weißer Dampfer am Kanal trägt blutige Seuchen herauf.
    Die fremde Schwester erscheint wieder in jemands bösen Träumen.
    Ruhend im Haselgebüsch spielt sie mit seinen Sternen.
    Der Student, vielleicht ein Doppelgänger, schaut ihr lange vom Fenster nach.
    Hinter ihm steht sein toter Bruder, oder er geht die alte Wendeltreppe herab.
    Im Dunkel brauner Kastanien verblaßt die Gestalt des jungen Novizen.
    Der Garten ist im Abend. Im
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