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Achtzig Gedichte

Achtzig Gedichte

Titel: Achtzig Gedichte
Autoren: Georg Trankl
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Kreuzgang flattern die Fledermäuse umher.
    Die Kinder des Hausmeisters hören zu spielen auf und suchen das Gold des Himmels.
    Endakkorde eines Quartetts. Die kleine Blinde läuft zitternd durch die Allee,
    Und später tastet ihr Schatten an kalten Mauern hin, umgeben von Märchen und heiligen Legenden.
    Es ist ein leeres Boot, das am Abend den schwarzen Kanal heruntertreibt.
    In der Düsternis des alten Asyls verfallen menschliche Ruinen.
    Die toten Waisen liegen an der Gartenmauer.
    Aus grauen Zimmern treten Engel mit kotgefleckten Flügeln.
    Würmer tropfen von ihren vergilbten Lidern.
    Der Platz vor der Kirche ist finster und schweigsam, wie in den Tagen der Kindheit.
    Auf silbernen Sohlen gleiten frühere Leben vorbei
    Und die Schatten der Verdammten steigen zu den seufzenden Wassern nieder.
    In seinem Grab spielt der weiße Magier mit seinen Schlangen.
    Schweigsam über der Schädelstätte öffnen sich Gottes goldene Augen.
    Â 
MENSCHHEIT
    Menschheit vor Feuerschlünden aufgestellt,
Ein Trommelwirbel, dunkler Krieger Stirnen,
Schritte durch Blutnebel; schwarzes Eisen schellt,
Verzweiflung, Nacht in traurigen Gehirnen:
Hier Evas Schatten, Jagd und rotes Geld.
Gewölk, das Licht durchbricht, das Abendmahl.
Es wohnt in Brot und Wein ein sanftes Schweigen
Und jene sind versammelt zwölf an Zahl.
Nachts schrein im Schlaf sie unter Ölbaumzweigen;
Sankt Thomas taucht die Hand ins Wundenmal.
    Â 
ALLERSEELEN
    Die Männlein, Weiblein, traurige Gesellen,
Sie streuen heute Blumen blau und rot
Auf ihre Grüfte, die sich zag erhellen.
Sie tun wie arme Puppen vor dem Tod.
    O! wie sie hier voll Angst und Demut scheinen,
Wie Schatten hinter schwarzen Büschen stehn.
Im Herbstwind klagt der Ungebornen Weinen,
Auch sieht man Lichter in der Irre gehn.
    Das Seufzen Liebender haucht in Gezweigen
Und dort verwest die Mutter mit dem Kind.
Unwirklich scheinet der Lebendigen Reigen
Und wunderlich zerstreut im Abendwind.
    Ihr Leben ist so wirr, voll trüber Plagen.
Erbarm’ dich Gott der Frauen Höll’ und Qual,
Und dieser hoffnungslosen Todesklagen.
Einsame wandeln still im Sternensaal.
    Â 
IM HERBST
    Die Sonnenblumen leuchten am Zaun,
Still sitzen Kranke im Sonnenschein.
Im Acker mühn sich singend die Frau’n,
Die Klosterglocken läuten darein.
    Die Vögel sagen dir ferne Mär’,
Die Klosterglocken läuten darein.
Vom Hof tönt sanft die Geige her.
Heut keltern sie den braunen Wein.
    Da zeigt der Mensch sich froh und lind.
Heut keltern sie den braunen Wein.
Weit offen die Totenkammern sind
Und schön bemalt vom Sonnenschein.
    Â 
IM WINTER
    Der Acker leuchtet weiß und kalt.
Der Himmel ist einsam und ungeheuer.
Dohlen kreisen über dem Weiher
Und Jäger steigen nieder vom Wald.
    Ein Schweigen in schwarzen Wipfeln wohnt.
Ein Feuerschein huscht aus den Hütten.
Bisweilen schellt sehr fern ein Schlitten
Und langsam steigt der graue Mond.
    Ein Wild verblutet sanft am Rain
Und Raben plätschern in blutigen Gossen.
Das Rohr bebt gelb und aufgeschossen.
Frost, Rauch, ein Schritt im leeren Hain.
    Â 
DE PROFUNDIS
    Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt.
Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.
Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist.
Wie traurig dieser Abend.
    Am Weiler vorbei
Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein.
Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung
Und ihr Schoß harrt des himmlischen Bräutigams.
    Bei der Heimkehr
Fanden die Hirten den süßen Leib
Verwest im Dornenbusch.
    Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern.
Gottes Schweigen
Trank ich aus dem Brunnen des Hains.
    Auf meine Stirne tritt kaltes Metall
Spinnen suchen mein Herz.
Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht.
    Nachts fand ich mich auf einer Heide,
Starrend von Unrat und Staub der Sterne.
Im Haselgebüsch
Klangen wieder kristallne Engel.
    Â 
TROMPETEN
    Unter verschnittenen Weiden, wo braune Kinder spielen
Und Blätter treiben, tönen Trompeten. Ein Kirchhofsschauer.
Fahnen von Scharlach stürzen durch des Ahorns Trauer
Reiter entlang an Roggenfeldern, leeren Mühlen.
    Oder Hirten singen nachts und Hirsche treten
In den Kreis ihrer Feuer, des Hains uralte Trauer,
Tanzende heben sich von einer schwarzen Mauer;
Fahnen von Scharlach, Lachen, Wahnsinn, Trompeten.
    Â 
ABENDLIED
    Am Abend, wenn wir auf dunklen Pfaden gehn,
Erscheinen unsere bleichen Gestalten vor uns.
    Wenn uns
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