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Acht Augen sehen mehr als vier

Acht Augen sehen mehr als vier

Titel: Acht Augen sehen mehr als vier
Autoren: Ravensburger
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brüllt wie am Spieß. Tanja packt sie an den Armen und schüttelt sie, wie einen ungezogenen Hund. Finn und ich sprinten zum Zaun.
    Die nächsten Sekunden überschlagen sich.

„Tanja, lass sofort das Kind in Ruhe!“, ruft Finn.
    „Lass Vanessa los, du blöde F…“ Ich verkneife mir das schlimme Wort.
    Tanja schüttelt ihre Schwester, als hätte sie nicht gehört.
    Klimmzug am Tor hoch, bäuchlings drüber, wenden und rückwärts auf den Weg gleiten. Früher hätte ich das nie geschafft, schießt es mir durchs Hirn. Da hab ich Tanja schon an den Haaren gepackt und reiße sie von ihrer Schwester weg.
    „Bist du bescheuert?“, kreischt sie, dreht sich um und hämmert mit den Fäusten gegen meinen Brustkorb. Ich umklammere ihre Handgelenke und halte sie fest.
    „Mil, pass auf!“, schreit Finn. Gleichzeitig spüre ich Tanjas Knie zwischen meinen Schenkeln. Im nächsten Augenblick kippt Tanja nach vorn und fällt mir buchstäblich in die Arme. Schreck! Ich lasse los, aber sie klammert sich fest, hängt wie ein Sack Kartoffeln an mir und strampelt wie blöd mit den Beinen.
    „Ich lass dich erst runter, wenn du nachgibst!“, faucht Finn. Ah, der war das! Hat blitzschnell Tanjas linkes Bein unter ihrem Hintern weggezogen und hält es fest.
    „Supi, Finn!“
    Emily! Plötzlich ist sie da, springt vom Rad, lässt es einfach fallen. Emily ist zurückgekommen! Sie ist nicht nach Hause gefahren, hat mich nicht im Stich gelassen.
    Finn stellt Tanja auf die Füße, umklammert sie aber von hinten. Ich hab wieder ihre Handgelenke gepackt. Sie windet sich wie eine Kreuzotter und beißt mich in die Fingerknöchel.
    „Aua!“
    „Lasst Tanja los!“, piepst Vanessa. „Sie hat euch nichts getan!“
    „Hat sie wohl, kleine Maus.“ Emily geht vor Vanessa in die Hocke, wischt das Blut weg, das aus einem langen Kratzer auf Vanessas Backe tropft. „Tanja hat meiner Freundin eine gaaanz teure Sonnenbrille geklaut und noch andere Sachen.“
    „Halt die Klappe!“, giftet Tanja. Über ihre Schulter hinweg kann ich Emily vor Vanessa hocken sehen.
    „Du meinst, der Bikini mit dem Glitzerdelfin und das tolle Shampoo und das weiche Badetuch und das Parfüm gehören auch deiner Freundin?“
    Tanja windet sich, aber Finn und ich halten sie schraubstockfest.
    „Das hat Tanja nicht geklaut. Der Wolli hat es uns geschenkt. Ich hab das Shampoo gekriegt und das Badetuch und die Bürste mit dem goldenen Rücken“, plappert Vanessa weiter.
    „Lasst mich endlich los, ihr Deppen!“, wütet Tanja. „Und du halt endlich den Mund, Kleine, sonst setzt es noch was!“
    „Droh ihr nicht, ja?“ Emilys Stimme klingt gefährlich.
    „Okay, wenn du versprichst, dass du uns die geklauten Sachen gibst, damit wir sie Laura Wiesenhügel zurückbringen können.“ Finn versucht es wieder mit Verhandeln.
    „Dieser Zicke mit dem vergoldeten Pavianhintern? Ihr habt sie ja nicht alle!“ Tanja ruckt heftig mit dem Po und drückt Finn ein paar Zentimeter von sich weg. Kaum kann sie sich bewegen, versucht sie schon wieder zu beißen. Mit ihren messerscharfen langen Fingernägeln kratzt sie Striemen in die Haut auf meinen Armen.
    „Gib nach, du Biest! Ich kann auch anders!“, zische ich sie an und drehe ihr die Arme auf den Rücken, dass sie aufschreit. „Gib nach! Dann reden wir.“
    Finn fängt ihren linken Fuß am Knöchel. Die wollte schon wieder treten.
    „Tanja, sei vernünftig! Wir tun dir nichts.“ Emily, sanft. „Laura denkt, Milan hätte ihre Tasche leer gemacht, als er sie eurem Bruder abgenommen hat.“
    „Ich geb euch das schöne Badetuch und das Shampoo!“, fiept Vanessa verzweifelt. „Lasst ihr Tanja dann los?“
    Autsch, wie gemein sind wir eigentlich? Wegen Lauras Krempel quälen wir die Kleine?
    „Brauchst keine Angst haben, wir tun ihr nicht weh. Wir wollen nur das zurück, was Wolli meiner Freundin geklaut hat. Verstehst du?“
    „Tanja, sag, dass du Lauras Sachen zurückgibst!“
    „Pfff“, schnaubt Tanja nur. „Fehlt grade noch!“
    „Okay, dann zeigen wir dich eben an.“ Finn zückt sein Handy und hat plötzlich ein Kärtchen mit Polizeistern in der Hand, das er Tanja unter die Nase hält.
    „Kira Obermann wartet nur darauf, dass wir deinen Bruder und dich anzeigen!“
    Das wirkt. Wildkatze Tanja wird zahm wie ein Hauskätzchen. „Ihr kriegt euer Gerümpel. Versprochen. Ehrenwort!“
    Was du so unter Ehrenwort verstehst, denke ich und lasse sie vorsichtig los. Immerhin hat Tanja unter sechs Augen gestanden.
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