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Achilles Verse

Achilles Verse

Titel: Achilles Verse
Autoren: Achim Achilles
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wirklich leicht, aber kräftig dafür, entschlossen.
    Ein Laufstil ist individuell wie ein Fingerabdruck. Wäre vielleicht eine Zukunftsidee. »Laufen Sie mal ein paar Schritte«, sagen die Grenzer dann bei der Einreise am Frankfurter Flughafen. Der Klang wird direkt vor dem Grenzerhäuschen digital aufgenommen und abgeglichen mit einer Sounddatei, die auf einem Chip im Ausweis gespeichert ist. Schwere Zeiten für Fälscher. Und einen Namen für das neue Dokument gibt es auch schon: Laufpass.

Alleine laufen oder in der Gruppe
    Es gibt wunderbare Laufgruppen. Fidele Herrschaften, stilvoll und angenehm, die die feine Balance zwischen Leistungssteigerung und Wohlfühlatmosphäre pflegen. Es gibt ekelhafte Laufgruppen. Kalte Killer wollen die Mitläufer einfach nur demütigen. Sie riechen nach Latschenkiefer und tragen im November noch kurze Hosen. Schlechte Laune garantiert.
Die Frage, ob Gruppe oder nicht, hängt entscheidend von der Qualität derselben ab. Alleine laufen hat den Vorteil: Ruhe. Nachdenken. Eigenes Tempo. Nachteil: Langeweile. In der Gruppe verhält es sich umgekehrt. Der größte Vorteil einer Gruppe ist die Motivation. Ein Läufchen mit den Kameraden lässt man nicht aus, vor lauter Angst vor den garstigen Kommentaren beim nächsten Mal.

Der leichte Läufer kommt eher ins Ziel. Prima. Aber wenn es doch so gut schmeckt? Neumodische Proteincocktails sind keine Alternative? Im Vergleich dazu mundet selbst Jugendherbergskost wie ein Vier-Sterne-Menü.

    Etwas Furchtbares ist passiert. Mona hat mich erwischt. Sie hat breit gegrinst. Es ist eine Katastrophe. Sie wird mich auslachen. Für den Rest unseres Lebens hat sie tödliche Waffen gegen mich in der Hand. Ich überlege auszuwandern.
    Alles begann damit, dass Karl sich den Magen verdorben hatte. Er war am Samstag bei einer Geburtstagsfeier und hatte alles in sich hineingestopft, was Deutschlands chemische Industrie zu bieten hat. Ich war währenddessen natürlich laufen, mit knurrendem Magen. So strikt, wie es mir möglich ist, halte ich mich an meine Diät, die Achim-Methode. Habe ich selbst entwickelt. Eines Tages werde ich sie mir patentieren lassen.
    Grundlage ist die Erkenntnis, dass nicht Fett, sondern Kohlehydrate die wirklichen Dickmacher sind. Nudeln, Brot, Fanta, Reis – alles Gift. Sagt Mona. Und die weiß es aus Amerika. Auf der Liste der Top-Volksfeinde rangieren Kohlehydrate gleich hinter Terroristen und Investment-Bankern.
    Die Achim-Methode vereint nun alle Erkenntnisse der modernen Ernährungswissenschaft: Kohlehydrate sind der Treibstoff für die
Muskelmotoren. Nimmt der Ausdauersportler, ich zum Beispiel, trotz harten Trainings keine Kohlehydrate zu sich, lernt der Körper, sich die Energie woanders herzuholen. Direkt von der Hüfte zum Beispiel. Dazu noch einen guten Schluck Fitline®Aktivize® Oxyplus für bessere Sauerstoffaufnahme – und das Fett fliegt nur so weg.
    Die Achim-Methode hat nur ein kleines Problem: Sie funktioniert nicht. Das muss am Fitline®Aktivize®Oxyplus liegen. Das Zeug ist eine Enttäuschung. Ich bin schon bei der dritten Dose, je 28 Euro für 175 Gramm. Nach 14 Tagen spüre man 10 Prozent mehr Leistung, im Durchschnitt. Das stand auf der Homepage von Guru Greif. Jemand anders muss mindestens 18 Prozent Zuwachs verspüren. Denn ich merke höchstens 2. Ich habe die Dose im Küchenschrank versteckt, ganz unten, ganz hinten, wo nie jemand hinkommt, noch hinter dem Zwieback.
    Wenn man auf Kohlehydratentzug ist, wirkt Zwieback wie Heroin. Ich würde mir Zwieback sogar spritzen. Jedes Mal, wenn ich die Dose Fitline®Aktivize®Oxyplus hervorangele, fährt meine Hand in die Zwiebacktüte. Ich kann nicht anders. Vor ein paar Wochen war die Tüte voll. Jetzt finde ich kaum noch größere Krümel. Gut, dass neulich Nikolaus war. Karl hatte den Stutenkerl aus seinem Nikolausstiefel schnell vergessen. Ich legte ihn unauffällig auf den Küchenschrank. Dort konnte ich mir immer mal ein Stückchen abbrechen. Zwei Beine und einen Arm hatte ich schon amputiert. Der Teig war hart und trocken und staubig. Sie schmeckten göttlich, die bösen kleinen Kohlehydrate.
    Als Karl vom Geburtstag zurückkam, klagte er über Magendrücken. Das sei Hunger, bestimmte Mona. Eine käsetriefende Tiefkühlpizza später war Karl dann richtig schlecht. In der Nacht hat er sich mehrfach übergeben. Morgens brachte Mona ihm Kamillentee. Ich lag noch im Bett und analysierte den stechenden Schmerz hinter der linken Kniescheibe. Bestimmt der
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