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Ach, Herbert (German Edition)

Ach, Herbert (German Edition)

Titel: Ach, Herbert (German Edition)
Autoren: Lilian Grzesiak
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Freundin, da kann ich mir nie die Namen merken. Ich vergesse auch immer, ob das noch dieselbe ist wie beim letzten Mal. Das kann manchmal richtig peinlich sein. Wenn ich Pech habe, hat die Freundin auch noch ein Kind, das natürlich auch mitkommt. Dieses Kind ist dann sehr klein, weil die Freundinnen von meinem Sohn ja immer so jung sind. Und sie denken dann immer, sie tun mir einen Gefallen, wenn sie mir das Kleine auf den Arm geben. Da stehe ich dann in meiner guten Bluse und das Kind kotzt mir auf den Kragen.
     
    Meine Tochter kommt aus Kiel mit Mann und drei Kindern. Na ja, und meine alte Mutter holen wir natürlich auch aus dem Seniorenstift. Sie kann sich die Freundinnen von meinem Sohn auch nicht merken. Da sie schwerhörig ist, spricht sie sehr laut und fragt manchmal auch peinliche Sachen.
    Mit Herbert und mir sind das 14 bis 15 Personen.
    Sie kommen wie die Heuschrecken kurz vorm Mittagessen. Die Kinder bringen alle den gleichen Blumenstrauß mit roten Herzen, den gab es bei Blume 2000 im Muttertags-Sonderangebot. Und da ich nicht drei exakt gleiche Vasen habe, muss ich aufpassen, welche ich nehme. Die Gören sind auch als Erwachsene ziemlich eifersüchtig aufeinander.
     
    Die Enkelkinder bringen auch etwas mit. Die beiden großen, Julia und Kevin, schenken mir sicher wieder Gutscheine. Früher haben sie die selbst gemalt und heute drucken sie sie mit dem Computer aus. Die Gutscheine sind fürs Abwaschen, Fensterputzen und Rasen mähen.
    Zum Glück habe ich eine Geschirrspülmaschine, eine Zugehfrau fürs Fensterputzen und Herbert zum Rasen mähen. Bis jetzt wurden die Gutscheine nämlich nie eingelöst.
     
    Die Enkelkinder aus Kiel haben verwelkte Blumen gepflückt. Also, die waren sicher nicht verwelkt, als sie gepflückt wurden, aber wenn sie endlich hier ankommen, sind sie es.
    Und dann Merci-Schokolade. Ich hasse das Zeug. Warum kritteln Herbert und meine Tochter immer an meinem Gewicht herum und schenken mir dann Schokolade?
    Ach, ich mag diesen Muttertag nicht – ich hoffe, Du verstehst das.
    Liebe Grüße,
    Deine Else
     
    1. Mai
    Meine liebe Else,
    das hab ich ja alles nicht gewusst. Mir ist allerdings aufgefallen, dass Du auch von Herbert Merci kriegst. Du bist doch gar nicht sei ne Mutter!
    Trotzdem, ich finde Dich ziemlich hart. Eine Familie zu haben ist doch wirklich wunderbar. Mir ist das nach meiner Scheidung damals ja nicht mehr vergönnt gewesen.
     
    Weißt Du, ich stelle es mir immer so romantisch vor: Frühstück im Bett, die ganze Familie liegt einem zu Füßen, schön Essen gehen und sich feiern lassen. Wun–der–bar.
    Gib es doch zu, Du magst es auch – sei ehrlich, Else.
    Liebe Grüße,
    Deine Anne
     
    2. Mai
    Liebe Anne,
    ich glaube, Du verstehst mich nicht. Du bist doch sonst nicht so schwer von Begriff. Also, ich erkläre es Dir jetzt noch einmal:
    Eine Familie zu haben ist wirklich wunderbar. Meistens! Aber am Muttertag?
    Was ist am Frühstück im Bett romantisch, wenn man Kinder hat? Ja, ganz früher, das war romantisch – sogar ohne Frühstück.
     
    Aber als die Kinder klein waren, hat Herbert mit ihnen die Küche verwüstet. Ich hörte vom Bett aus Klirren und Gemecker und mindestens ein heulendes Kind. Und das Schlimmste war: Ich durfte nicht aufs Klo. Schließlich musste ich doch so tun als ob ich schlafe, wenn sie ins Zimmer kamen. Lieg Du mal mit einer vollen Blase und Kaffeedurst im Bett und höre zu, wie Deine Küche verwüstet wird. Was ist da romantisch?
     
    Na ja, süß war es schon, wenn sie denn reinkamen und das Frühstück brachten. Dann stellten sie sich mit Herbert erwartungsvoll ums Bett und wollten zusehen, wie ich nun glücklich frühstücke: und das mit voller Blase, weil ich ja nun nicht mehr raus konnte – dann wären sie enttäuscht gewesen.
    Die Küche habe ich dann später aufgeräumt.
     
    Dass einem der Mann und die Kinder einmal im Jahr zu Füßen liegen finde ich, gelinde gesagt, ziemlich wenig. Entweder sie liegen mir das ganze Jahr zu Füßen oder sie lassen es bleiben.
    Ach ja; warum Herbert mir Schokolade zum Muttertag schenkt? Das ist auch so ein Rätsel. Selbst im Werbefernsehen werden die Männer ja aufgefordert, ihren Frauen Schokolade, Blumen oder - noch schlimmer - Küchengeräte zum Muttertag zu schenken. Ich gewöhne das Herbert auch wieder ab. Als Nächstes nennt er mich sonst nicht mehr Else sondern Mutti!
    Liebe Mütter, lasst Euch nicht veräppeln, vor allem nicht von Merci!
    Schenken kann Herbert mir die Sachen ja dann
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