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Abzocke im Online-Chat

Abzocke im Online-Chat

Titel: Abzocke im Online-Chat
Autoren: Stefan Wolf
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einer großen Kraftanstrengung.
    Klößchen war verschnürt wie ein
Postpaket. Bloß würde hier niemals ein Postbote vorbeikommen, um ihn abzuholen.
    »Hier kann die Specktonne
verschimmeln«, sagte Silvi und drehte sich zur Tür.
    »Und wenn er anfängt zu
schreien?« Richard Schuberts Einwand war berechtigt. Er fing sich dafür einen
anerkennenden Blick von Silvi ein. Sie hatte auch schon eine Lösung für das
Problem parat. Sie wühlte in ihren Manteltaschen und entdeckte ein gebrauchtes
Papiertaschentuch.
    Klößchen ekelte schon der
Anblick. Er musste würgen. »Bitte nicht! Ich sage auch keinen Ton.
Versprochen!«
    Silvi lachte nur und stopfte
ihm den Knebel in den Mund. Klößchen schossen Tränen aus den Augen. Seine
Peiniger verließen nacheinander den Schuppen. Nun war er allein mit sich. Das
Licht hatten sie beim Hinausgehen gelöscht. Wie sollte es mit ihm weitergehen?
Vor allen Dingen durfte er nicht die Nerven verlieren. Er begann, gleichmäßig
durch die Nase zu atmen. Der Tränenstrom versiegte. Spätestens morgen würden
hier Bahnarbeiter auftauchen und ihn finden. Oder auch nicht. Es sah nicht
danach aus, dass der Schuppen noch für irgendetwas benutzt wurde. Außer als
Grab für ihn...
    Klößchen kämpfte gegen die
Verzweiflung und das Selbstmitleid an und überlegte, wie er sich befreien
könnte. Die Tür war nicht abgeschlossen. Als sie ankamen, war sie nur
angelehnt. Ein Schloss fehlte. Er brauchte also nur bis zur Tür zu robben. Aber
das war leichter gedacht als getan. Er schwor sich, weniger Schokolade zu essen
und mehr Sport zu treiben, sollte er gerettet werden.
    Bei seinen Versuchen, sich dem
Ausgang zu nähern, ähnelte er einem zappelnden Hering, der ans Ufer gespült
worden war. Sosehr er sich auch anstrengte, er schaffte es nicht.
    Und wenn er versuchte, den
Schal aufzuknoten?
    Keine schlechte Idee, aber
ebenso untauglich. Sein dicker Bauch hinderte ihn daran, sich bis zu den
Knöcheln vorzubeugen. Aber nur auf diese Weise hätte er den Knoten vielleicht
mit den Zähnen lösen können. Er gab auf.
     
    Anders seine Freunde, die alles
dransetzten, ihn aus den Klauen der Entführer zu befreien.
    »Stimmt so«, sagte Karl und gab
dem Taxifahrer ein großzügiges Trinkgeld.
    Der Mann mit dem gezwirbelten
Schnauzbart musterte ihn misstrauisch. Schließlich bedankte er sich und steckte
das Geld in seine Ledertasche.
    Die drei von der TKKG-Bande
schauten dem abfahrenden Taxi hinterher. Jetzt standen sie vor dem Güterbahnhof
und waren auch nicht schlauer als zuvor. Weit von ihnen entfernt wurden von
einer Rampe aus Waggons beladen. Mehr war um diese Zeit nicht los.
    Karl fummelte auf einmal an
seiner Brille herum, dann schnippte er mit den Fingern. Offenbar war ihm etwas
Wichtiges eingefallen, aber er zögerte noch, es mitzuteilen.
    »Spuck es schon aus«, drängte
Gaby.
    »Ups!« Karl lächelte wissend.
»Wenn ich mich recht erinnere, stand kürzlich in der Zeitung, dass der
komplette südliche Teil des Güterbahnhofs stillgelegt wurde. Rentiert sich
angeblich nicht mehr. Die Baracken und Lagerhallen, die dort noch in der Gegend
stehen, sollen bald abgerissen und durch Bürohochhäuser ersetzt werden.«
    »Und?«, fragte Tim, der gerade
nichts geschnallt hatte.
    Gaby stöhnte leise. »Kapierst
du nicht, Schuppen und Lagerhallen... leer stehend... Hallo!«
    Endlich ging auch Tim ein Licht
auf. »Bingo! Und warum stehen wir noch hier rum?« Er rannte los. Allerdings in
Richtung Norden.
    »Stopp!«, rief Karl. »Nach
Süden geht’s da lang...«
    Sie stolperten über Schienen,
die von Unkraut zugewuchert waren, begegneten Ratten, die größer als Katzen
waren, und mussten sich durch ein Dornengestrüpp kämpfen, ehe sie ihr Ziel
erreichten.
    Ein paar Schuppen und Hallen
waren schon abgerissen. Trotzdem war die Auswahl noch groß. Wo waren Klößchen
und seine Entführer abgeblieben?
    »Es hilft alles nichts. Wir
müssen jede Bruchbude abklappern«, schlug Karl vor.
    »Aber möglichst geräuschlos«,
sagte Tim.
    »Ein geräuschloses Klappern?
Wie soll das denn gehen?« Gaby konnte endlich wieder lachen. Aber das Lachen
verging ihr gleich wieder, als eine fette Ratte über ihre Füße huschte.
    Sie zogen los. Die meisten Hallen
waren mit Vorhängeschlössern gesichert. Alle drei waren müde, hungrig, durstig
und sehnten sich nach ihrem warmen Bett. Aber niemand dachte ans Aufgeben. Es
kam nicht in Frage, Klößchen im Stich zu lassen.
    »Hoffentlich lebt er noch«,
sagte Gaby auf einmal im
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