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Abzocke im Online-Chat

Abzocke im Online-Chat

Titel: Abzocke im Online-Chat
Autoren: Stefan Wolf
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alte Villa mit einem großen Park. Aber lieber übernachtete er
im Internat und teilte sich mit Tim ein Zimmer. Bei seinen Eltern hätte er es
vor Langeweile nicht ausgehalten. Mit Tim erlebte er Abenteuer, von denen er
früher nicht einmal geträumt hätte.
    »Lecker!« Klößchen schob den
leeren Teller von sich, nachdem er die dritte Portion Milchreis gegessen hatte.
»Jetzt hol ich uns den Nachtisch.«
    »Geschenkt«, sagte Tim. »Ich
meine, schenke ich dir.«
    Klößchen warf Tim eine Kusshand
zu und sauste zur Essensausgabe. Es gab Schokoladenpudding mit einem
Sahnehäubchen.
    »Du bist echt ein Freund«,
sagte Klößchen und vermischte die Sahne mit dem Pudding.
    Tim legte die Stirn in Falten.
»Ich weiß nicht... Als Freund müsste ich eigentlich aufpassen, dass du nicht so
viel Süßes in dich reinstopfst.«
    »Nicht schon wieder!«, sagte
Klößchen in einem strengen Tonfall. Auf einmal lachte er. »Alles wird schwerer
— ich auch... Ein cooler Spruch, oder? Den hab ich mal auf einer Karte gelesen.
Du kennst doch auch diese Karten, auf denen witzige Sprüche stehen und...«
    »Ich hab’s kapiert«, sagte Tim
und schielte auf seine Armbanduhr. In einer halben Stunde waren sie mit Gaby
und Karl in der Stadt verabredet. »Bei dir dauert es ja noch. Ich geh mal eben
zur Toilette.«
    Klößchen nickte nur. Tim lief
den langen Gang hinunter zur Toilette. Als er sich die Hände waschen wollte,
merkte er, dass er nicht allein war. Jemand hatte sich auf dem WC
eingeschlossen und führte entweder Selbstgespräche oder telefonierte.
    »Ich brauche noch etwas Zeit«,
sagte die Stimme in einem weinerlichen Tonfall. »Bitte, nur noch bis morgen.
Versprochen!«
    Tim verhielt sich
mucksmäuschenstill. Zu wem gehörte die Stimme? Irgendwie kam sie ihm bekannt
vor.
    Die Tür wurde aufgesperrt.
Heraus trat ein Junge aus der 9a. Er trug einen dunkelblauen Leinenanzug,
weißes Hemd und rote Krawatte. Die schwarzen Haare waren kurz geschnitten und
fielen durch einen Mittelscheitel auf. Das war unverkennbar Patrick Schneider.
Tim beobachtete ihn ihm Spiegel. Patrick Schneiders Augen waren kaninchenrot.
Er hatte geheult.

    Das war nicht zu übersehen. Er
zuckte zusammen, als er Tim bemerkte.
    »Du...!«
    Tim rückte ein Lächeln ins
Gesicht. »Probleme?«
    Patrick Schneider schüttelte
heftig den Kopf und sagte rasch: »Probleme? Wie kommst du denn darauf?« Er
lachte zwanghaft.
    Patrick Schneider log. Tim sah
es ihm an der Nasenspitze an. Wahrscheinlich steckte er bis zum Hals in
irgendeiner Hühnerkacke.
    »Stress in der Schule?«, fragte
Tim.
    Patrick schüttelte den Kopf.
    »Stress mit deinen Alten?«, hakte
Tim nach.
    »Warum sollte ich?«, sagte der
Junge. »Und wenn es so wäre, ginge es dich nichts an.«
    »Na gut«, sagte Tim. »Wenn du
es mir nicht sagen willst...« Er ließ den Jungen stehen.
    Auf dem Gang kamen zwei Jungen
aus der 10a angehetzt. Fast hätten sie Tim umgerannt. Sie hatten es sehr eilig,
auf die Toilette zu kommen. Anscheinend handelte es sich um einen dringenden
Fall von Blasenschwäche. Tim schmunzelte. Er kannte die Jungen nur vom Sehen:
Olli Richter und Richard Schubert. Olli war fast so dick wie Klößchen, Richard
so dünn wie Karl. Die beiden waren wie siamesische Zwillinge und im Internat
als Duo Dick und Doof bekannt.
    Tim wollte sich gerade
abwenden, als er Richards Stimme hörte: »Du nimmst uns wohl nicht ernst,
Kleiner...«
    »Wir verstehen leider keinen
Spaß«, raunte Olli. »Wir sind echt total humorlos. Wenn du nicht parierst,
unterhalten wir uns mal mit deinem Alten. Dann werden wir ja sehen...«
    »Nein, bitte nicht!« Das war
eindeutig Patrick Schneider, der da Olli Richter anflehte.
    »Oder sollen wir dir die Fresse
polieren? Wäre dir das lieber?«, sagte Richard.
    »Gebt mir noch vierundzwanzig
Stunden Aufschub, bitte.«
    »Was meinst du, Richard, wollen
wir der Ratte einen Aufschub gewähren?«
    »Gebongt!«, sagte Olli. »Aber
wenn du wieder kneifst, dann ist Schluss mit lustig.«
    Tim verdrückte sich schnell in
Richtung Speisesaal. Olli und Richard mussten ja nicht wissen, dass er alles
mitgehört hatte. Die hatten da was mit Patrick Schneider laufen. Aber was nur?
    »Du hast ja eine halbe Ewigkeit
gebraucht«, empfing Klößchen seinen Freund. »Wir müssen los. Gaby und Karl
warten sicher schon.«
    Tim setzte sich und starrte mit
zusammengekniffenen Augen auf den Tisch, den Klößchen in der Zwischenzeit
abgeräumt hatte.
    »Hast du gehört? Wir müssen
los«, wiederholte
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