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Absolute Beginners

Absolute Beginners

Titel: Absolute Beginners
Autoren: Colin MacInnes
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Londoner Randsiedlungen, ziemlich ländlich, mit Kopfsteinpflaster und Blumen und Stille und einem Hauch von Pferdestall in der Luft; da sah ich eine Vespa mit einem CD -Nummernschild, die neben einem weißen, kürzlich zu einer Wohnung umgebauten Stall geparkt war, und neben einem Holztrog vor einer Chromtür eine Gestalt in einem malvenfarbenen Anzug aus thailändischer Seide, die allen Ernstes einen Feigenbaum goss, der aus dem Trog wuchs.
    Ich schoss kurz ein Foto.
    »Huhu«, sagte er, blickte auf und lächelte. »Willst du, dass ich neben meiner Vespa in Positur gehe?«
    »Können die Ihnen nicht etwas mit vier Rädern zur Verfügung stellen?«, sagte ich. »Sie kommen doch sicher aus einem dieser sehr kleinen, sehr korrupten Länder.«
    Mr. Mickey P. war naturgemäß nicht besonders erfreut. »Ich hab’s zu Schrott gefahren«, sagte er. »Es war ein Pontiac Cabriolet.«
    »Schon verwirrend«, sagte ich, »dieser Linksverkehr bei uns.«
    »Den Verkehr verstehe ich«, sagte Mr. P., »mir ist aber trotzdem einer reingefahren.«
    »Das ist immer so«, sagte ich.
    »Ist immer wie?«
    »Halten Sie still, bitte, und lächeln Sie, wenn Sie eine solche Aufnahme wollen.« Ich klickte ein paar Mal. Er stand neben seinem Motorroller, als wäre es ein Araberhengst. »Es fährt einem immer einer rein«, erklärte ich. »Es ist immer der andere Bursche.«
    Mr. Pondoroso lehnte seinen Roller gegen die Wand seines Stalls.
    »Da bin ich mir nicht sicher«, sagte er, »aber es gibt eine Menge sehr schlechter Autofahrer in Ihrem Land.«
    Ich drehte meinen Film weiter. »Und wie sind so die Autofahrer in Ihrem Land?«, fragte ich ihn.
    »In meinem«, sagte er, »ist das egal, weil die Straßen breit sind und es weniger Autos gibt.«
    Ich sah zu ihm hoch. Ich war neugierig zu erfahren, woher er kam, wollte aber keine direkten Fragen stellen, weil mir das eine zu plumpe Art ist, Sachen herauszufinden, die man, mit ein bisschen Geduld, sowieso erzählt bekommt. Und überhaupt waren wir noch in diesem Sparring-Stadium, das bei Älteren offenbar immer nötig ist, egal welcher Rasse.
    »Sie sind Lateinamerikaner?«, fragte ich ihn.
    »Aus dieser Gegend komme ich, ja, aber ich lebe in den Vereinigten Staaten.«
    »Aha. Sie vertreten beide?«
    Er lächelte sein diplomatisches Lächeln. »Ich habe einen Job bei der UNO «, sagte er. »Angestellt. Pressesprecher der Delegation.«
    Ich fragte nicht, welcher Delegation. »Ich wüsste gerne«, sagte ich, »ob ich wohl reinkommen und diesem grellen Licht entkommen könnte, um meinen Film zu wechseln?«
    »Um …?«
    »Meine Kamera nachzuladen. Genau genommen«, sagte ich und beäugte ihn, wie er so im Säulengang stand, »glaube ich, dass ich mit Ihnen über Fotografie sprechen muss. Suzette schickt mich, Sie haben sie in Henleys Laden kennengelernt.«
    Einen Moment lang blickte er mich reserviert und mit ausdruckslosem Blick an, dann knipste er sein diplomatisches Lächeln wieder an und klopfte mir auf die Schulter. »Komm doch rein«, rief er, »ich hab dich schon erwartet.«
    Drinnen sah es kühl und teuer aus – schon klar, mit Möbeln aus Metall und Glas, mit hell gebeiztem Gebälk, mit Ami-Magazinen und Zimmerpflanzen und Springbrunnen, aber doch so, als ob nichts davon ihm gehörte, was schätzungsweise auch der Fall war. »Was zu trinken?«, sagte er.
    »Danke, nein, für mich nicht«, sagte ich zu ihm.
    »Trinkst du nicht?«
    »Nein, Sir, nie.«
    Er starrte mich an, eine Flasche und ein Glas in seiner Hand, und schien sich zum ersten Mal wirklich für mich zu interessieren.
    »Wie kommst du dann klar?«, fragte er mich.
    Ich musste das den älteren Brüdern schon so oft erklären, dass es beinahe Routine geworden ist. »Ich brauche keinen Alkohol, um in Schwung zu kommen, denn ich bin es so schon genug.«
    »Du trinkst gar nichts?«
    »Entweder man trinkt viel«, sagte ich ihm, »oder man trinkt wie ich überhaupt nichts. Alkohol ist nichts für den kleinen Schluck, sondern für Orgien oder totale Abstinenz. Das sind die einzig klugen Lebensbünde zwischen Mensch und Flasche.«
    Er schüttelte den Kopf und schenke sich was von dem tödlichen Gebräu ein. »Du bist also Fotograf«, sagte er.
    Ich merkte schon, ich würde mit diesem Typen sehr geduldig sein müssen. »Das bin ich«, sagte ich. »Was für eine Art von Bildern hätten Sie denn gern?«, fuhr ich fort, wobei ich mir noch nicht ganz im Klaren war, welche Perversion ich hier zu erwarten hatte.
    Er streckte sich und bog seinen
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