Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau
Autoren: John D. MacDonald
Vom Netzwerk:
immer mein Daddy versteckt hatte, was auch immer er mit nach Hause gebracht hatte und wovon er uns all diese Kleider und Pferde und Weltreisen kaufen wollte. Unter dem einen oder anderen Vorwand schaffte er es, beinahe jeden Meter des Hofes umzugraben. Eines Tages wurden wir wach, und Junior Allen war weg. Das war gegen Ende des vergangenen Februars, und beide Torpfeiler an unserer alten Zufahrt waren umgestürzt. Mein Daddy hatte sie vor langer Zeit aus Muschelkalksteinen gebaut, zu groß und herrschaftlich für so eine kleine Auffahrt, aber er hatte sie nur lose aufgetürmt. Junior Allen warf sie um und machte sich davon, und in den Überbleibseln des linken Torpfostens lag etwas, von dem ich erst nicht recht wußte, was es war. Rostreste und zerfallener Stoff, der vielleicht einmal die Farbe der Armeeuniformen gehabt hatte, und etwas Draht, wie eine große Büroklammer, und etwas Rost von der Länge einer kleinen Kette, und etwas, was einmal eine Art Deckel gewesen sein konnte.
    Er hatte seine persönlichen Sachen mitgenommen, also wußte ich, daß es genauso war wie damals bei Wally Kerr. Zwecklos, nach ihm zu suchen. Aber er tauchte drei Wochen später wieder auf, in Candle Key. Nicht, um mich zu besuchen. Er kam zurück, um Mrs. Atkinson zu besuchen. Das ist eine wunderschöne Frau. Ihr gehört eines der großen, neuen Häuser dort, und ich nehme an, er hat sie kennengelernt, als er bei Esso gearbeitet und ihren Thunderbird aufgetankt hat. Man hatte mir erzählt, daß er bei ihr wohnen würde und daß er in teuren Klamotten und mit einem großen, eigenen Boot gekommen und direkt bei ihr eingezogen wäre. Die Leute erzählten mir das und schauten mich dabei an, um zu sehen, was ich sagen oder unternehmen würde. Am vierten Tag, an dem er da war, bin ich ihm in der Stadt begegnet. Ich versuchte ihn anzusprechen, aber er machte kehrt und eilte in die andere Richtung davon, und ich machte mich zum Narren und rannte hinter ihm her. Er stieg in ihr Auto, sie war nicht da, und er klopfte seine Taschen ab und fluchte, weil er die Schlüssel nicht finden konnte, einen häßlichen Ausdruck im Gesicht. Ich weinte und versuchte ihn zu fragen, was er mir denn da antun würde. Er nannte mich eine heruntergekommene Schlampe und sagte, ich sollte nach Hause gehen und mich in den Sümpfen verstecken, wo ich hergekommen sei, und röhrte los. Genügend Leute hatten das gesehen und gehört, also hatten sie eine ganze Menge zu tratschen. Sein Boot lag gleich da, auf ihn zugelassen und eingetragen, eine große Kreuzyacht, direkt an Mrs. Atkinsons Bootssteg, sie machte das Haus dicht, und dann fuhren sie weg. Nun weiß ich, daß sie sehr genügsam lebte und ihm so ein Boot niemals hätte kaufen können. Und ich weiß, daß Junior Allen, als er bei uns gelebt hat, nie einen Dollar übrig hatte. Aber er hat gesucht und gesucht und gesucht und etwas gefunden, dann ging er fort, kam zurück und hatte Geld.
    Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß man irgend etwas dagegen unternehmen kann. Chookie hat gesagt, ich soll es Ihnen erzählen, also habe ich es Ihnen erzählt. Ich weiß nicht, wo er jetzt ist. Ich weiß nicht, ob Mrs. Atkinson es weiß, falls sie nicht noch mit ihm irgendwo unterwegs ist. Und falls ihn jemand finden könnte, was könnte man dann tun?«
    »Stand ein Name und der Heimathafen auf dem Boot?«
    »Er hat es Play Pen getauft, es stammt aus Miami. Kein neues Boot, aber ein neuer Name. Er hat ein paar Leuten die Papiere gezeigt, um zu beweisen, daß es ihm gehört. Ich würde sagen, es war eine Einzelanfertigung, vielleicht zwölf Meter, weiße Wände, grauer Rumpf und ein blauer Trennstreifen.«
    »Dann sind Sie von Candle Key weg.«
    »Nicht lang danach. Es war einfach nicht genug Geld da, wenn nur einer von uns arbeitete. Als ich klein war, hat mich eine Touristin alleine tanzen sehen und hat mir jeden Winter, wenn sie hierherkam, kostenlosen Tanzunterricht gegeben. Bevor ich verheiratet war, habe ich zwei Jahre in Miami für Geld getanzt. Also bin ich darauf zurückgekommen, und es wirft so viel ab, daß ich Christine genug schicken kann und sie damit auskommt. Ich wollte sowieso nicht mehr in Candle Key leben.«
    Sie sah mich mit sanften, schüchternen Augen an, herausgeputzt in ihrem besten Kleid, nur um mit mir zu reden. Das Leben hatte sich alle Mühe gegeben, sie zu unterdrücken und zu demütigen, aber die Konturen ihres guten, zähen Lebensgeistes schienen durch. Ich merkte, daß ich eine unerklärliche
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher