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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten
Autoren: Charlotte Vale Allen
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daher eingewilligt.
    An dem betreffenden Samstag, etwa vierzig Minuten vor dem vereinbarten Termin, meldete Claudia sich telefonisch. „Tut mir schrecklich Leid, aber mir ist was dazwischengekommen. Ich musste sofort zum Restaurant. Könnten wir uns nicht dort treffen? Das würde mir die lange Fahrt zum Haus zurück ersparen. Wir könnten dann los, sobald du hier eintriffst.”
    Wieder hatte Rowena sich überreden lassen und sich auf den Weg nach New Canaan gemacht. Sie war bereits spät dran, da sie lange nach einem Parkplatz hatte suchen müssen. Und als sie endlich zum Lokal hastete, war sie nicht mehr sicher, ob die ganze Sache nicht wieder einmal damit enden würde, dass ihre Schwester in allerletzter Minute alle Planungen über den Haufen warf, sodass am Ende nichts mehr wie vorgesehen lief.
    Doch Claudia wartete bereits im Foyer. Sie trug ein besonders glamouröses weißes Leinenkleid, das ihre zierliche, aber dennoch sehr weibliche Figur und ihre tiefe Sonnenbräune unterstrich; dazu passend weiße, hochhackige Riemchenpumps. Sie hatte große goldene Ohrringe angelegt und eine schwere Gliederkette aus Gold sowie verschiedene Ringe und Armreifen zur Abrundung des Gesamteindrucks von „reich und schön”. Ihr schulterlanges Haar war kunstvoll mit Strähnchen durchwirkt, dunkler Lidschatten und Wimperntusche betonten dramatisch die Augen, und die collagenverstärkten Lippen glänzten hellrot. Die verräterische, hektische Rötung ihrer Wangen war allerdings echt und verriet, dass Claudia nichts Gutes im Schilde führte.
    Lächelnd eilte sie auf Rowena zu, musterte sie rasch von Kopf bis Fuß und flötete: „Du siehst hinreißend aus, Ro! Ich fand ja immer schon, dass dir das Kleid ganz toll steht!”
    Rowena hätte ihr gern gesagt, dass es neu war. Der entschlossene Ausdruck in Claudias Blick, der so gar nicht zu ihrem Lächeln passte, irritierte sie allerdings dermaßen, dass sie nur herausbrachte: „Entschuldige die Verspätung, ich konnte nur mit Mühe einen Parkplatz finden.”
    „Nicht der Rede wert! Komm, setz dich an die Bar und trink was, ich bin gleich fertig!” Claudia fasste Rowena beim Arm und zerrte sie regelrecht ins Innere des Lokals, wo zwei Tische zusammengerückt worden waren. Auf sechs der acht Stühle thronten Rowenas Freundinnen und Freunde, die sich jetzt strahlend umdrehten und ausriefen: „Happy birthday, Rowena!”
    Rowena, der die Vorstellung von Überraschungspartys an sich schon ein Graus war, wurde derart von Entsetzen gepackt, dass sie die Hand vor den Mund schlug und zu lachen begann, obwohl ihr vor Entsetzen fast die Knie nachgaben. Die Freunde, die diese Reaktion als ein positives Zeichen deuteten, stimmten in das Lachen ein. Nur Claudia allein wusste, wie sehr Rowena sich ärgerte, und in einem unbedachten Augenblick, als alle sich gegenseitig ob des Gelingens dieses Streiches beglückwünschten, zeigte sich Claudias Verachtung für die Gruppe darin, dass ihre Augen sich kaum merklich verengten und die Winkel ihres geschürzten Schmollmundes sich ein wenig nach unten verzogen. Obwohl ihr eher zum Weinen denn zum Lachen zu Mute war, nahm Rowena gehorsam am Kopfende des Tisches zwischen Penny und Mark Platz, bemüht, gute Miene zum perfiden Spiel zu machen.
    Während des Essens jedoch ging ihr jener unbedachte Moment nicht aus dem Sinn, in dem Claudias Züge alles enthüllt hatten: Schadenfreude darüber, dass der Bekanntenkreis ihrer Schwester nach ihrer Pfeife getanzt hatte; klammheimliche Freude angesichts Rowenas Verärgerung, weil ihre Freunde sich dafür hergegeben hatten; diebisches Vergnügen ob der Tatsache, dass ihr eine Show gelungen war, die, wie sie genau wusste, Rowena im höchsten Grade peinlich sein würde, gegen die man jedoch keine Einwände vorbringen konnte, ohne in den Ruch einer undankbaren Spielverderberin zu geraten. Wieder einmal war ihr ein Bravourstück gelungen. Als die Kellner dann auch noch eine Torte mit brennenden Kerzen hereintrugen und ein Geburtstagsständchen zum Besten gaben, in das Freunde, Bekannte und die übrigen Gäste im Lokal einstimmten, wäre Rowena vor Scham am liebsten im Boden versunken, rang sich indes ein Lächeln ab, obwohl ihr die Tränen in die Augen traten.
    „Na los, Ro”, juchzte Claudia und beugte sich über die Schwester. „Die Kerzen auspusten!”
    Rowena brachte es nicht über sich.
    Mark sprang ihr bei. „Sie ist so überwältigt”, sagte er, „dass sie kaum noch Luft hat!” Dann blies er für sie die
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