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Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Titel: Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)
Autoren: Martin Suter
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Nebenprodukt.
    Hat er immer gesagt. Aber ihm glaubt man es nicht. Von ihm wird erwartet, dass er vierundzwanzig Stunden am Tag für den Laden zur Verfügung steht. Ihn benutzt man als den entmenschlichten Vollstrecker einer Meute geldgieriger Aktionäre.
    Mosimann blickt sich in der Lobby um. Ein ständiges Kommen und Gehen unbeschwerter schöner Menschen besten psychischen und physischen Wohlbefindens. Und mitten unter ihnen Mosimann, das arme Schwein, am Fachliteratur Büffeln.
    Spontan geht er in die Bar, bestellt einen Whisky und beschließt, den Nachmittag freizunehmen. Unter Menschen.

Hitzeopfer Schönenberger
     
    ›Morgen tu’ ich’s‹, denkt Schönenberger. Es ist früher Nachmittag, und das Thermometer zeigt 32 Grad. Außentemperatur, versteht sich; Schönenbergers Büro ist auf angenehme 21 heruntergekühlt. Aber man ist ja nicht nur im Büro. Die Distanz zwischen Wagen und Büro, zum Beispiel, ist über weite Strecken unconditioned. Ganz zu schweigen von den Gartenbeizen, die zurzeit in den Mittagspausen im Trend liegen. Und, sein wichtigstes Argument: Hitze ist ja nicht nur eine Wetterlage. Hitze ist vor allem ein Lebensgefühl.
    Die Stadt ist voller Menschen auf dem Sprung in die Ferien oder noch nicht ganz aus diesen zurück, achtlos in etwas Beliebiges, Schlabbriges, Luftiges geschlüpft, umweht von Cologne und Aftersun.
    Die Hitze verstärkt das Körperbewusstsein. Nicht nur fremder Körper (bei Frau Gertsch zeichnet sich unter der dünnen Leinenhose etwas wie ein Stringtanga ab) wird sich Schönenberger bewusster als sonst, sondern auch seines eigenen. An Tagen wie diesem betrachtet er seinen Körper nicht einfach als einigermaßen zufriedenstellend funktionierende Infrastruktur seines Kopfes. An Tagen wie diesen spürt er seinen Körper. Und der will nichts wie raus. Raus aus der Förmlichkeit seines Business-Anzugs, raus aus der Enge seiner Paisley-Krawatte, raus aus der Zugeknöpftheit seines Buttondown.
    ›Morgen tu’ ich’s.‹
    Eigentlich wollte er es schon gestern, ach was, schon seit Tagen. Bereits dreimal hat er sich, als die Luft rein war, ins Schlafzimmer eingeschlossen und die Shorts anprobiert. Passen tun sie jedenfalls noch. Etwas knapp zwar, aber soviel er sich erinnert, waren sie schon etwas klein gearbeitet, als er sie letztes Jahr in Nizza gekauft hatte. Was soll’s, sein Körper will raus. Besonders die Stelle über dem Hosenbund.
    Für oben hat er verschiedene Optionen durchgespielt: ein Lacoste gelb, ein Lacoste blau, ein Lacoste weiß und ein Lacoste rosa. Letzteres ist zwar farblich etwas gewagt, macht das aber durch eine zurückhaltendere Körperbetonung wett, da er es sich erst diese Saison spontan und in seiner aktuellen Größe angeschafft hat.
    Gewisse Schwierigkeiten bereitet ihm die Fußbekleidung. Er persönlich fühlt sich in Schuhen und Socken am sichersten, glaubt sich aber zu erinnern, dass diese in Kombination mit Shorts in Lifestylekreisen verpönt sind. Er tendiert also zu Mokassins ohne Socken, obwohl er sich der Gefahr von Blasen durchaus bewusst ist.
    Schönenberger wäre von der Sache her seit Tagen bereit, wie selbstverständlich in Shorts im Büro aufzutauchen. Was ihn aber jedes Mal in letzter Sekunde hat zurückschrecken lassen, war die Vorstellung, wie Ruf, Knaus, Streib und die andern reagieren würden. Aber jetzt waren Knaus und Streib in den Ferien, Ruf musste für zwei Tage in die Zentrale nach London, und die andern können ihn alle am Arsch lecken, so schlecht sieht er nämlich gar nicht aus in Shorts. Vielleicht etwas dünne Beine im Verhältnis zum Rest. Aber vielleicht ist er auch zu streng mit sich.
    ›Morgen tu’ ich’s.‹
    Und tatsächlich, am nächsten Morgen tut er’s. Duscht sich, rasiert sich, deodoriert sich, kämmt sich, pudert die Mokassins, packt den Aktenkoffer und federt in beigen Shorts und rosa Lacoste die Treppe hinunter, ein Liedchen auf den Lippen.
    Und so wäre er auch aus dem Haus gekommen, hätte nicht Monika, seine Frau, am Frühstückstisch die Zeitung gesenkt und gefragt: »Wohl verrückt geworden?«

Ferien-Management

Ferienplanung
     
    Wie jeden Juli fahren Leimbergers in die Provence. Und wie jeden Juli sucht Leimberger nach einem Grund, nicht die ganzen drei Wochen dabei sein zu müssen. Natürlich liebt er Anna und die Kinder, darum geht es nicht. Er ist einfach nicht so der Familienferientyp. Er kommt sich dabei sehr schnell überflüssig vor. Ein Zustand, den er höchstens zehn Tage aushält, ohne
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