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Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition)
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
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Mann.«
    »Tja, so kann’s gehen«, sagte Herzfeld und wollte sich vorbeidrängen, aber der Kerl stieß ihm grob vor die Brust und sagte: »Halt, nicht so schnell, Professor.«
    Er sah sich zustimmungheischend nach seinen grinsenden Kollegen um.
    Professor? Verdammt, die wissen, wer ich bin.
    »Wir wollen Ihnen nur was geben«, sagte der Anführer. Das Nicken und Grinsen der Meute wurde ausgeprägter.
    Herzfeld zog die Schultern hoch, spannte die Bauchmuskeln an und machte sich auf den ersten Schlag gefasst. Doch zu seiner Verblüffung drückte der Kerl ihm den Hammer in die Hand. Erst jetzt erkannte Herzfeld eine blaue Geschenkschleife am Stiel.
    »Das nächste Mal nehmen Sie das Ding hier, wenn Sie dem Arsch den Schädel einschlagen wollen, ja?«
    Die Gruppe lachte, einer nach dem anderen zog sich die Arbeitshandschuhe aus und begann zu klatschen, während Herzfeld, immer noch mit wild pochendem Herzen, aber mit einem erstaunten Lächeln im Gesicht an ihnen vorbeiging.
    »Bravo!«
    »Gut gemacht.«
    »War mal Zeit, dass Rocco an den Falschen gerät«, riefen sie ihm hinterher.
    Herzfeld war so aufgeregt, dass er vergaß, sich zu bedanken. Es fiel ihm erst ein, als er eine halbe Stunde später den Sektionssaal betrat, um mit dem schrecklichsten Fall seiner Karriere konfrontiert zu werden.

5. Kapitel
     
    D er Unterkiefer war aus den Gelenken herausgetrennt worden, vermutlich mit derselben grobzahnigen Säge, mit der der Täter auch den Oberkiefer entfernt hatte. Ob vor oder nach ihrem Tod, würde Herzfeld erst sagen können, wenn er Luftröhre und Lunge der Unbekannten untersucht hatte.
    »Bei der Toten handelt es sich um eine weibliche Mitteleuropäerin, geschätztes Alter aufgrund des Organstatus zwischen fünfzig und sechzig«, diktierte er in das Aufnahmegerät. »Die an die Umgebungstemperatur am Leichenfundort angenäherte Rektaltemperatur sowie die Ausprägung von Leichenstarre und Leichenflecken deuten auf einen Eintritt des Todes vor maximal achtundvierzig, höchstens sechsunddreißig Stunden hin.«
    Eigentlich hatte Herzfeld eine tiefe und laute Stimme, mit der er auch den müdesten Studenten im Hörsaal wecken konnte, aber bei der Arbeit im Sektionssaal hatte er sich angewöhnt, leise zu sprechen. Schon aus Respekt vor den Toten, aber auch, um den Sekretärinnen, die später die Obduktionsprotokolle schrieben, die Arbeit zu erleichtern. Je lauter man hier unten sprach, desto stärker war das Echo, das von den gekachelten Wänden zurückschlug und die Verständlichkeit der Aufnahme erschwerte.
    »Die beiden Unterkieferäste einschließlich der Kieferwinkel wurden offensichtlich nach Abschälen von Oberhaut- und Unterhautfettgewebe über den zuvor genannten Strukturen herausgelöst und …«, Herzfeld hielt kurz inne und beugte sich noch einmal prüfend über die Leiche auf dem Stahltisch, bevor er weiter den Bericht für die Staatsanwaltschaft diktierte, »… und der Blick auf die Stimmlippen liegt frei. Die Haut über Kinn und Mundboden hängt nur schlaff herunter, ist in Falten gezogen. Keinerlei Unterblutungen des Unterhautfettgewebes oder der freiliegenden Mundbodenmuskulatur. Auch im Bereich der Kieferwinkel keine Einblutungen in das umgebende, offenliegende Weichgewebe.«
    Die brutal entstellte Frauenleiche war von einem Obdachlosen in einem Umzugskarton auf dem stillgelegten Freizeitgelände des Spreewaldparks entdeckt worden, als der arme Kerl dort gerade sein Nachtlager aufschlagen wollte.
    »Der hat jemand die Luft aus dem Kopp gelassen«,
hatte der Landstreicher den Polizisten gesagt. Und diese Beschreibung war erstaunlich zutreffend. Herzfeld erinnerte das Gesicht der Toten an eine leere Maske. Wegen der fehlenden Kiefer war es wie ein verschrumpelter Luftballon in sich zusammengesackt.
    »Haben wir den Karton hier, in dem sie gefunden wurde?«, fragte er in die Runde.
    »Der ist noch bei der Spurensicherung.«
    Herzfeld öffnete die Mundhöhle, um sie nach eingeführten Fremdkörpern zu untersuchen. Allein diese Handbewegung ließ ihn vor Schmerz zusammenzucken, der ihn zum Glück aber nicht so sehr behinderte, wie er befürchtet hatte. Solange seine Finger in Bewegung blieben, war es auszuhalten.
    »Puhh … Grundgütiger.«
    Er runzelte die Nase unter seinem Mundschutz. Die Tote war erst vor wenigen Minuten aus dem Kühlfach geholt worden, trotzdem füllte sich die Luft hier unten bereits mit dem süßlichen Duft der beginnenden Leichenfäulnis.
    Der Sektionssaal war mit vierundzwanzig
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