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abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
Autoren: Minck
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Diäter davon überzeugt, dass der Sieg und das damit verbundene Gratis-Schnitzel nur unter der Führung von Berti Blaschke errungen werden konnte. Denn darum sollte es schließlich gehen: Eine Schatzkiste, versteckt in den Weiten des Goldenen Grundes, musste gefunden werden. Darin würde sich ein Gutschein für das Gewinnerteam befinden, und zwar für eine Schnitzelsause im Berkelbacher Hof. Mehr Motivation brauchte die Diätgruppe nicht, um Lethargie, Motivationsdefizite und Gehhilfen von sich zu werfen wie weiland die Lahmen im Angesicht der Madonna von Lourdes. Dass ich als Adjutantin von Oma Berti natürlich mit dabei sein musste, verstand sich von selbst.
    »Ja, und? Möchten Sie mich für Ihr Neurosen-Team abwerben?«
    »Also, warum eigentlich nicht? Du Maggie, bei den Diätern, bei deiner Prachtfigur.« Fox saugte gierig an seiner Zigarette. Seine Augen huschten nervös hin und her, als erwarte er jeden Augenblick hier, mitten im Klinikgarten, die Landung einer fliegenden Untertasse. Er klopfte einladend auf den nassen Plastikstuhl neben sich.
    »Tut mir leid, ich muss zur nächsten Anwendung.«
    »Ja, ja, ich auch. Man ist ja hier nur im Stress.«
    Was du nicht sagst, du interstellarer Superspinner! Ich drückte gerade meine Zigarette im überquellenden Aschenbecher aus, da kam Rita Thiel, geschiedene Brahms, ins Blickfeld gehuscht.
    Nicht, dass ich nicht schon genug unter Langeweile, Therapiegefasel und unappetitlichen Frühstücks-Gesprächen, den Verdauungstrakt, speziell Flatulenzen betreffend, zu leiden hatte. Nein, auch Rita Thiel musste sich ausgerechnet hier in Bad Camberg materialisieren. Hatte ein UFO sie vielleicht gebracht?
    Gerade mal einen Tag nach unserer Ankunft in der Klinik war ich ihr auf dem Gang zur Bastelwerkstatt in die Arme gelaufen. Zunächst hatte ich sie gar nicht erkannt, denn ihr Spitzname im Gymnasium war ebenso treffend wie beleidigend »dicke rosa Rita« gewesen. Geschlagene drei Minuten hatte ich gebraucht, um zu begreifen, wer da aus längst vergessenen Schultagen vor mir stand, denn diese Frau war weder dick noch rosa. Sie war schlank und dunkelgrün und sah sehr apart aus, bis auf die dunklen Ringe um ihre Augen. Während ich noch sprachlos glotzte, hatte sie auch schon losgeplappert wie ein Maschinengewehr: über ihre Scheidung, ihre Depression, wie sehr sie sich freue, mich hier zu treffen, und ob ich denn auch … blah … blah … blah … Prompt stand ich wieder auf dem Schulhof. Es roch im Gang nicht mehr nach Schwimmbad, es roch ganz plötzlich nach indischen Gewürzzigaretten und in Patchouli-Parfum getränkten Palästinensertüchern.
    Um Ritas privaten Geständnissen zu entkommen, hatte ich »Atemtherapie!« zwischen ihr Stakkato gebellt und war geflohen.
    Seitdem zickzackte ich durch die Gänge der Kurklinik wie ein Wiesel, immer auf der Hut vor der grünen Rita und Fox Mulder.
    Aber Rita war wie Tinkerbell: Sie materialisierte sich am Salatbuffet zwischen geraspelten Rüben und roter Bete; in der Bibliothek steckte sie so gut wie hinter jedem Buchrücken; während der Wassergymnastik schoss sie plötzlich vor mir aus dem Wasser, und selbst während der morgendlichen Atemübungen schaffte sie es, mich in der letzten Ecke der Turnhalle aufzuspüren. Und ganz egal, ob ich schnarchte, kaute oder mich mit jemand anderem unterhielt, sie plapperte jedes Mal wild drauf los. So war es die ganzen Jahre auf dem Gymnasium auch schon gewesen. Wie durch ein Wunder dematerialisierte sie sich nach der Abiturfeier, ohne auch nur einmal Tschüss zu sagen. Das Schicksal musste mich erst nach Bad Camberg verschlagen, um mich wissen zu lassen, wie toll die letzten zwanzig Jahre ohne sie gewesen waren.
    Jetzt hatte sie aus der Tasche ihrer dunkelgrünen Regenjacke ihre schlanken Damenzigaretten genestelt und wisperte: »… ab nächste Woche schaffe ich das. Ich hör’ auf … nicht wahr, ha ha, Dr. Muhler? Das schaffen wir …«, dann zündete sie hastig die Zigarette an, inhalierte tief und strahlte uns an. Fox nahm das als Aufforderung zu bleiben und steckte sich auch eine an.
    »Hach, hör mal Maggie, hab’ ich dir schon erzählt, dass der Konny Sattelmann mich bei der Scheidung vertritt? Ist das nicht ein irrsinniger Zufall?« Sie nahm ihre vertraute Rita-raucht-Pose ein: rechte Hand hält krampfhaft den Ellenbogen des linken Armes fest, Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Hand geklemmt, der Filter fast zerquetscht.
    »Hast du, Rita, schon mehrfach,
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