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abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
Autoren: Minck
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irrsinnig oft, würde ich sagen.«
    »Der konnte dich doch so gut leiden. Weißt du noch? Seid ihr nicht sogar mal zusammen gegangen? In der Zwölften oder so?«
    Jetzt fing sie an, mit ihrem langen, blass-rosé lackierten Daumennagel Riefen in den Zigarettenfilter zu drücken.
    »Nein, nie. Ich konnte den nämlich noch nie leiden. Der war Stones-Fan. «
    Ich sah aus dem Augenwinkel, dass sich Fox Mulders Kopf wie bei einem Tennismatch zwischen uns beiden hin und her drehte.
    »Ja, ja, ich erinnere mich, die Abende im Partykeller von Kai-Uwe Hasselbrink«, seufzte sie, schaute in den grauen, regenverhangenen Himmel, inhalierte tief und fing tatsächlich an, Jennifer Juniper von Donovan zu summen.
    »Is’ was, Rita? Wenn du alte Platten hören willst, geh ins Café Madrid. Kai-Uwe hat alles zu dem Thema.«
    »Ach nee, ich dachte nur so. Kai-Uwe und du …«
    »Was, Kai-Uwe und ich? Man kann mir alles vorwerfen, aber schlechter Geschmack ist nicht dabei. Hattest du nicht eben Sattelmann und ich gesagt? Wer denn noch alles?«
    »Ihr kennt euch schon von der Schule?«, versuchte Fox sich ins Gespräch einzubringen. Aber Rita wechselte abrupt Gesichtsausdruck und Thema: »Geht ihr auch zur progressiven Muskelentspannung?«, fragte sie übertrieben munter.
    Das war das Irritierendste an Rita – abgesehen von der Konsequenz ihrer monochromen Farbauswahl und des inflationären Gebrauchs des Wörtchens ›irrsinnig‹ – wenn man sich gerade auf ein Thema eingegroovt hatte, machte es Schnipp! – und Rita war schon wieder ganz woanders. Für einen Neuling im Rita-Universum konnte so eine Konversation im Schleudertrauma enden. Ich fragte mich, ob Fox und Rita wohl jemals zueinanderfinden würden. Irgendwie schienen sie mir füreinander bestimmt. Keiner der beiden würde jemals merken, dass sie ständig aneinander vorbeiredeten.
    »Ja, Rita, ich geh’ da hin, und zwar jetzt!«
    Ich schlug die Kapuze meines Regencapes hoch, schob mein Schreibpapier unter den Umhang und nahm Anlauf, den Raucher-Gulag so schnell wie möglich zu verlassen.
    »Ach, Muskel …dings ist jetzt?«, schleimte Fox, »da wollte ich immer schon mal hin. Dafür lass ich die Kneippgüsse sausen. Es regnet ja sowieso.« Fox lachte meckernd über seinen Killerjoke, und schon hatte ich ihn wieder an den Hacken.
    »Mensch, Maggie, dass du das immer so irrsinnig eilig hast«, rief Rita und rannte hinter uns her.
    Ein paar Minuten später platzierte ich Oma Berti im großen Seminarraum in der ersten Reihe und hatte eine geniale Idee: Gerade wollten sich Fox und Rita neben mich setzen, da verspürte ich einen unwiderstehlichen Drang nach Kneippschen Wassergüssen.
    »Wissen Sie was, Herr Muhler, wenn Sie die Kneippgüsse ausfallen lassen, geh’ ich mal hin. Danke, dass Sie mir Ihren Termin überlassen.«
    »Seit wann stehs du auf kaltet Wasser, Schätzken?«, torpedierte Oma Berti meinen Fluchtversuch, aber ein scharfer Blick von mir auf den UFO-Forscher und Rita ließ sie verstummen, und ich durfte mich davonmachen.
    In der Tür prallte ich mit Prof. Casapietra, dem Klinikchef, zusammen. »Na, na, na … Sie wollen doch nicht etwa flüchten, Frau Abendroth?«
    »Doch, Herr Professor. Kann ich für zwei Stunden Ihren Ferrari haben?«
    Sein öliges Lachen perlte an meinem Regencape ab. Ich schob mich an ihm vorbei und rannte, so schnell ich konnte. Bis sich die Tür vom Seminarraum endlich geschlossen hatte, verfolgte mich seine sonore Stimme den Gang hinunter: »Was ist progressive Muskelentspannung? Meine lieben Kurgäste, Stress ist zu einer Geißel der modernen Welt geworden, aber wir können trotz der Belastungen des Alltags mit wenigen und einfachsten Mitteln in kurzer Zeit viel Gutes für uns tun …«
    Oh ja, Herr Professor! – und wie wir das können! Ich bringe jetzt die Post weg und verbringe den Rest meiner gestohlenen eineinhalb Stunden Freizeit ganz alleine, trinke so viel Espresso und rauche so viele Zigaretten, bis mein Herzmuskel eine Hauptrolle bei Emergency Room kriegt. Splendid solitude ist ja so einfach, so progressiv und so entspannend.

03
    Mein Asyl, das Café Amthof, war leer, weil alle Kurgäste außer mir andächtig Prof. Casapietras Heilsversprechungen lauschten. Seine Seminare waren der reinste Straßenfeger. Alle Damen, egal welchen Alters, vergötterten den Klinikchef. Und während ihre Augen selig entspannt geschlossen waren, dachten sie heimlich weiß Gott was, das man mit diesem Kerl alles anstellen könnte: Flucht im roten
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