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Aber bitte mit Sake

Aber bitte mit Sake

Titel: Aber bitte mit Sake
Autoren: Dana Phillips
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Nacheinander betreten fünf Pärchen den Tempel des schlechten Gesangs. Da es noch zu früh ist, um schlafen zu gehen, beschließe ich, es auch einmal mit Karaoke zu probieren. Immerhin handelt es sich neben Golfspielen sozusagen um den japanischen Volkssport, und wer eine anständige Reportage über Japan schreiben will, der sollte zumindest einmal Karaoke gesungen haben. Man weist mir den Weg zu einem Verschlag, in dem vor einer roten Plastikeckbank ein Tisch und ein Fernseher stehen. Die Luft ist schwül und riecht abgestanden. Habe ich nicht mal irgendwo gehört, dass japanische Jugendliche hierherkommen, um Sex zu haben, da ihre Eltern ihnen nicht erlauben, dass der oder die Liebste bei ihnen übernachtet? Schnell verscheuche ich den Gedanken, schließe die Tür und studiere die Knöpfe an der Karaokemaschine, die zumindest leichter zu bedienen sind, als die an meinem Navigationssystem. Zu meiner Freude sind eine ganze Reihe englischer Lieder vorhanden, ansonsten wäre es auch kompliziert geworden. Da ich keinerlei Präferenzen habe, fange ich bei A an und stoße auf Alphavilles Big in Japan . Na bitte, das passt doch. Und zwar nicht nur, weil ich tatsächlich größer bin als alle Japaner, die mir heute über den Weg gelaufen sind. Ich drücke auf Play , positioniere mich vor dem Bildschirm, über den nun die bunt gefärbten Textzeilen flimmern, und kurz darauf schallt der Song bereits aus den Boxen. »Winter’s cityside, cristal bits of snowflakes all around my head and in the wind, I had no illusions, that I ever find a glimpse of summer’s heatwave in your eyes. You did what you did to me, know it’s history I see, here is my comeback on the road again …« , singe ich in die Nacht, mutterseelenallein, mitten in Tokio, der größten Stadt der Welt. »And when you’re big in Japan tonight, big in Japan be tight, big in Japan, and the eastern sea is so blue …« , gröle ich voller Inbrunst die Textzeilen, die genau hier und jetzt exakt zu meinem Lebensgefühl passen.

Lost in Translation, oder: Weshalb der Japaner eine treue Seele ist
    Eine Kolumne von Dana Phillips
    Liebe Komplizinnen! Die Japaner sind es seit Jahrhunderten gewohnt, von Erdbeben heimgesucht zu werden, denn Japan liegt in einer tektonisch aktiven Zone. Vulkanausbrüche, Tsunamis und starke Erderschütterungen sind hier keine Seltenheit, denn hier treffen verschiedene Erdplatten aufeinander. Wenn die eurasische Platte, auf der Japan liegt, sich verschiebt, kollidiert sie mit der pazifischen und der philippinischen und erzeugt dadurch weit über tausend Beben im Jahr. Erstaunlich ist, wie ruhig und gelassen die Japaner in solchen Situationen bleiben. Sicher, das ausgeklügelte Warnsystem in Form einer Handy-Erdbeben-App, die umgehend die Lage des Epizentrums und Stärke des Bebens durchgibt, trägt einiges dazu bei, dass es den Japanern gelingt, Haltung zu wahren. Aber das starke Erdbeben von 2011, das den verheerenden Tsunami auslöste, ist nicht spurlos an den Menschen vorübergegangen. Immer noch setzt, sobald die Handys piepsen, ein kurzer Moment der Erstarrung ein. In den Läden sind Erdbeben-Survival-Kits erhältlich, sie gehören zur Grundausstattung japanischer Haushalte. Dennoch denkt trotz der Gefahr kaum ein Japaner daran, sein Land zu verlassen. Da kann die Erde wackeln, wie sie will! Denn der Japaner ist selbst dann, wenn die Natur wütet, treu wie Hachiko, der Hund.
    Sayonara! Ihre Dana

3

    Gericht: Winterorangen und Bentoboxen
    Japaner des Tages: Die nackten Badenixen
    Place to be: Im Onsen
    Erkenntnis: Es macht mehr Spaß, in heißen Quellen zu baden, als im Selbstmitleid
    I ch erwache davon, dass mein Handy piepst. Um mich herum ist es dunkel. Einen kurzen Moment lang kann ich mich nicht erinnern, wo ich bin, dann fällt es mir wieder ein. Ich liege in meinem Hotelzimmer in Tokio Akasaka. Schnell knipse ich das Licht an und werfe einen Blick auf die Uhr. 6.00. In Deutschland ist es jetzt zehn. Da hat wohl jemand nicht an die Zeitverschiebung gedacht. Die SMS kommt von meiner Chefin, Carla.
    »Extraauftrag: Beauty-Redaktion braucht Artikel über Onsen, jap. Bäder. Alles organisiert, check deine Mails. Bis bald, Carla«
    Zwei Stunden später irre ich mit einem ausgedruckten Reiseplan durch Tokio-Station, einem der Verkehrsknotenpunkte der Stadt. Menschenmassen bewegen sich durch den Bahnhof. Ich durchquere das Erdgeschoss, in der Hand eine Plastiktüte mit einer Bento-Box. Die Japaner nehmen ihr Bento gern mit auf
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