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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier
Autoren: Peter J. Kraus
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meiner Mutter hinterlegt waren. Und das ausgebuddelte Drogengeld, das Bare, das Drogenkönig Moreno in sein Gemüsebeet versenkte, ehe er für immer abtrat. Die Munitionskisten mit der Kohle hatte ich hundert Meilen östlich meiner alten Strandheimat im Carrizo Plain wieder in den mittelkalifornischen Wüstenboden gepflanzt – schon damals unterbewusst fürchtend, dass unser krimineller Rundumschlag böse Konsequenzen haben könnte. Meinen Anteil an unseren gemeinsamen Unternehmungen verwaltete Misty, die für so was den Kopf hatte, der Julie und mir fehlte. Ich hatte natürlich nicht die geringste Ahnung, wie viel das war und wo es steckte. Mir hatte immer genügt, dass Misty gelegentlich meldete, dass alles in Ordnung sei.
     
    Ich hatte mit der Idee geliebäugelt, einen großen Bogen zu fahren und irgendwo in Panama anzulegen. Das war nun unmöglich: Ich musste hoch nach Kalifornien. Gute Papiere hatte ich bei meiner Mutter in Striker Beach, noch mal einen einwandfrei gefälschten Pass mit dem dazugehörigen kalifornischen Führerschein und der entsprechenden Social Security Card, alles vom Superfälscher Bobby im Kloster San Miguel hergestellt. Vielleicht konnte ich ausfindig machen, ob Bobby noch lebte und wo er wohnte. Dann würde er mir noch ein paar neuere Papierchen machen können – wenn ich mich recht erinnerte, war der Führerschein abgelaufen – und ich hätte einige Jahre Ruhe. Ich wollte sowieso zur Mission San Miguel, bei Ignacio vorbeischauen, der jetzt zwar offiziell Bruder Ignacio hieß, aber sicher nach wie vor für einen alten Kumpel Zeit hatte.
     
    Große Scheiße. Ich hätte nicht so sorglos mit meinen E-Konten umgehen sollen. Wer mich bis aufs Hemd ausgezogen hatte, war mir allerdings ein Rätsel. Die Vermutung lag nahe, dass es die Witwe Moreno war, aber Frau Moreno war zu blöd dazu. Eindeutig. Ich erinnerte mich noch, wie unbeholfen sie schien. Dummfrech, die übliche Kombination bei solchen Goldgräberinnen. Außerdem glaubte ich nicht, dass sie mir den Tod ihres Mannes krummnahm, falls sie überhaupt die Verbindung herstellte. Von den damals abgehörten Gesprächen wusste ich, dass Drogenkönig Moreno seine Gattin loswerden wollte, ein Fakt, den ich ihr auf leicht bearbeitetem Tonband zukommen ließ. Anonym, wie es sich gehörte.
     
    Wird sich zeigen, wer mein Geld geklaut hat. Und vermutlich Ricks gleich mit. Ich kannte seine Konten nicht, aber ich nahm an, dass sie auch leer waren.
     
    Halb elf. Ich schlug einen Westkurs ein, und als sich der Nebel eine Stunde später verzogen hatte, war kein Land mehr zu sehen. Auch vom Schnellboot keine Spur mehr.
    War mir lieber, auf offener See in den Norden zu fahren. Die beiden Gewehre standen geladen im Gewehrschrank, der Colt hatte Körpertemperatur angenommen, der Diesel hörte sich fast freudig an, Verpflegung war an Bord, ich würde eben verdammt die Augen aufhalten müssen. Und weniger saufen.
    Ricky stapfte hellwach und gut gelaunt die paar Stufen zur Brücke hoch. Ich stellte den Autopiloten ein, schaute noch einmal durchs Fernglas, sah aber außer Delfinen und Möwen kein Lebewesen.
    Wir hielten auf die Insel Catalina zu, runde fünfhundert Meilen vor uns. Von da aus würde man weitersehen.
     

 
     
     
    04 Heimkehr
     
     
    Ricky langweilte sich seit drei Tagen. Wir tuckerten gemächlich parallel zur Westküste Baja Californias, sahen gelegentlich ein Kap oder einen besonders hohen, wolkenverhangenen Berg der langen Halbinsel, hörten manchmal ein Schiff vorbeirauschen, aber außer angeln und viel schlafen hatten wir nichts zu tun. Er schien schon zu bedauern, dass er so schnell zugesagt hatte, mit mir auf Reisen zu gehen. Würde lieber mit seinen Freunden am Strand spielen, meinte er, und jammerte, dass er zu Juanita wollte. Von seiner Mutter keinen Ton. Die war wohl nur interessant, solange er sich an Juanitas Rockzipfel festhalten konnte.
     
    Ich hörte oft Radio, aber außer der Meldung, unser hippes Strandhotel sei bis auf die Grundmauern abgebrannt, gab es nichts, was mich betraf. Ich hatte angenommen, dass unser Dorfpolizist Himmel und Hölle in Bewegung setzt, um mich zu finden. Immerhin hatte ich ihn ordentlich verarscht. Ob er der Schießer war, wusste ich nicht - es war eigentlich nicht sein Stil. Vielleicht ja, vielleicht nein. Aber nichts war zu erfahren. Auch nicht über das Ehepaar Palacios, Miteigentümer des Hotels, der beiden Ausflugsschiffe und des Fischkutters. War mir auch recht.
    Rick, Misty und ich
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