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80 Days - Die Farbe der Lust

80 Days - Die Farbe der Lust

Titel: 80 Days - Die Farbe der Lust
Autoren: V Jackson
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meinen Abend als Dienstmädchen geschickt hatte, war jedoch größer. Ihr helles Läuten durchdrang den Raum wie eine Totenglocke, ein hohler Klang, der unendlich lange im Raum schwebte und bei dem sich mir die Haare aufstellten. Kaum war er verhallt, öffnete sich eine Tür, und eine Frau kam herein. Ihr Kleid, wenn man es so nennen konnte, schimmerte weißlich, war jedoch vollkommen durchsichtig und wie eine Toga geschnitten. Ihre langen Haare hatte sie zu einem lockeren hohen Knoten zusammengefasst, aus dem sich einzelne Strähnen in ihr Gesicht ringelten. Sie sah aus wie eine moderne Interpretation der Medusa.
    Sie schenkte mir nicht die geringste Beachtung und senkte vor Victor den Kopf, als sie auf nackten Füßen näher kam. Mit ihrer Größe von mehr als eins achtzig gehörte sie zu einem Frauentyp, den Victor offenbar am liebsten hatte. Wenn er uns erniedrigte, konnte er wohl leichter vergessen, wie klein er war.
    »Cynthia wird heute Abend deine Vorbereitungen beaufsichtigen, Sklavin. Knie vor ihr nieder.«
    Ich tat wie befohlen und neigte mich so tief, dass mein Gesicht beinahe den Boden berührte. Dabei fiel mir auf, dass Cynthia am Knöchel ein elegantes zartes Silberkettchen trug, so etwas wie ein Amulett, mit einem kleinen Vorhängeschloss als Anhänger. Es war zauberhaft. Besser als ein Piercing oder ein Tattoo, dachte ich, und damit könnte ich mich arrangieren.
    Allerdings glaubte ich nicht, dass mir Victor in dieser Sache ein Mitspracherecht zugestehen würde. In seiner jetzigen Stimmung würde er sich wohl eher für die demütigendste unter den unauslöschlichen Markierungen entscheiden, die er sich ausdenken konnte: ein Tattoo.
    »Victor«, rief die glamouröse Dunkelhaarige, die sich auf den Kissen räkelte.
    »Ja, Clarissa?« Er nannte seine Mitspieler nur gegenüber seinen Sklavinnen Herrin oder Herr.
    »Wo sind denn heute bloß all deine Dienstsklavinnen? Ich sitze schon seit Ewigkeiten vor einem leeren Glas. Kann man hier nicht mal einen Champagner bekommen?«
    Dabei hatte ich gesehen, dass sie gerade drei Sekunden zuvor die letzte Neige aus ihrem Glas geschlürft hatte.
    »Herrje, meine Liebe«, erwiderte er. »Ich werde herausfinden, wer dafür verantwortlich ist, und ihr später eine kräftige Abreibung verpassen.«
    »Gut«, meinte Clarissa. »Ich hoffe, du lässt mich zusehen. Könnte ich in der Zwischenzeit einen Tropfen bekommen, um meine trockene Kehle zu befeuchten? Und könntest du dein neues Mädchen bitten, ihn mir zu bringen? Ich muss sagen, sie gefällt mir.« Clarissa musterte mich, als ich nackt vor ihr kniete, und grinste anzüglich.
    Der Mann mit dem Schnauzbart, der neben ihr lag, hatte sich aufgerichtet und betrachtete mich ebenfalls.
    »Eigentlich«, meinte er in gedehntem Südstaatenakzent, »könnte ich auch noch ein Schlückchen vertragen. Aber hättest du nicht zufällig etwas Hochprozentigeres? Die Frauen scheinen den Champagner ja zu mögen, aber ich mag lieber etwas … Härteres.« Bei den letzten Worten schaute er mich durchdringend an, und ich kauerte mich noch ein bisschen tiefer zusammen.
    Bislang waren Victors Spielchen recht banal gewesen – nichts, womit ich nicht hätte fertigwerden können. Ich hatte sie sogar auf gewisse Weise genossen, wenn ich dabei an einen anderen als an Victor dachte. Ich wusste jedoch auch, dass einige der Gäste zu Brutalität und Sadismus neigten und zu Dingen bereit waren, die richtig wehtaten oder einem sogar Wunden zufügten. Und dazu hatte ich nun wirklich keine Lust. Bis jetzt hatte ich zum Glück nur relativ harmlose Spuren wie Kratzer oder Blutergüsse davongetragen, die ich unter langen Ärmeln verstecken oder irgendwie wegerklären konnte. Doch das mochte nicht immer so bleiben.
    »Gewiss«, antwortete Victor, nach außen hin die Haltung wahrend, obwohl der Wunsch seiner Gäste, von mir bedient zu werden, offenbar seiner Inszenierung in die Quere kam und ihn ärgerte. »Schenk Mistress Clarissa ein Glas Champagner ein und hol Whisky für Master Edward.«
    Immer nannten sie sich bei diesen albernen Decknamen.
    Er kramte in seiner Tasche nach dem Schlüssel der Bar und gab ihn mir.
    »Wenn du irgendetwas anderes anfasst als den Whisky«, flüsterte er mir ins Ohr, »darfst du nicht mehr wählen, wo ich deine Markierung anbringe.«
    Ich schenkte zunächst ein Glas Champagner ein und trug es zu Clarissa hinüber.
    »Vergebt mir, Herrin, Herr«, sagte ich, »dass ich die beiden Gläser nicht auf einmal bringe. Aber die
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