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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
Autoren: Karl May
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mit dem Förster aus dem Gebüsch getreten, sondern sie hatte sich durch dasselbe nach dem Weg hin gearbeitet, damit es den Anschein haben möge, als ob sie nicht bis zu diesem Augenblick mit dem Förster zusammengewesen sei.
    Als er nun gar nicht nach ihr hinblickte, trat sie näher.
    „Fritz“, rief sie. „Träumst wohl?“
    Jetzt kehrte er ihr das Gesicht zu, tat, als ob er sie nun erst bemerke, und kam langsam herbei.
    „Ich wart schon eine halbe Stund auf dich“, sagte sie.
    „Hab dich nicht sehen.“
    „Ich bin ein ganzes Stück den Weg hinab, weil ich denkt hab, du bist vorangegangen.“
    „So bist nun wiederum zurück und heraufi wegen meiner? Das ist mir ja eine sehr große Ehren!“
    „Ich wollte eben mit dir gehen und hab nicht denkt, daß dich hier an die Mauer stellen tust. Was eine Freundschaftlichkeit ist, das brauchst nicht als eine Ehren zu betrachten. Komm mit!“
    Sie wendete sich abwärts und er folgte ihr. Es ärgerte sie, daß der Pfad so schmal war, daß sie nicht nebeneinander gehen konnten. Sie hätte dann viel mehr Gelegenheit zu Traulichkeiten gehabt.
    „Der Förster hat noch mit dir sprechen?“ fragte sie.
    „Das hast sehen?“
    „Ja. Was hatte er mit dir?“
    „Nix Wichtiges.“
    „Hat er was von mir sagt?“
    „Er hat von der Martha begonnen und darüber zankt, daß ich mit derselbigen sprochen hab.“
    „Ja, er denkt, daß sie dein Dirndl ist.“
    „Ich hab nix dagegen, wenn er es denkt. Mit der kann man mich immerhin zusammen nennen. Sie ist ein braves und ehrliches Dirndl.“
    „So magst sie wohl haben?“
    „Wozu brauch ich ein Weib?“
    „Da hast recht und so mußt immer denken. So ein Bursch, wie du bist, kann wählen unter vielen. Wannst deine Zeit abwartest, so wirst schon eine bekommen, die eine volle Truhen hat und mit derst auch Staat machen kannst.“
    „So bin ich neugierig, wo die jetzunder stecken mag.“
    „Wie ich dir schon sagt hab: In deiner nächsten Nähe.“
    „Also doch die zweite Magd meinst?“
    „Geh! Red nicht solches Zeug! Ich hab dir bereits erklärt, was ich unter der nächsten Nähe verstehe.“
    „Den Kronenhof.“
    „Ja.“
    „Aber da hab ich bereits alle geraten, und du sagst, es sei falsch.“
    „Alle? Nein, nicht alle.“
    „Es ist doch weiter keine da, die noch zu haben wär!“
    „In jetziger Zeit. Aber was man jetzund nicht haben kann, das kann man später wohl bekommen.“
    „Ach so! Jetzunder verstehe ich dich. Und nun weiß ich freilich auch, daßt nur einen guten Witz macht hast.“
    „Witz? Inwiefern?“
    „Auf dem Kronenhof ist nur noch die Tagelöhnersfrau. Der ihr Mann ist ein Trunkenbold und wird sich noch zu Tode schnapsen. Du meinst, ich soll warten, bis ihn der Branntwein umbracht hat und mir sodann die seinige Frau nehmen.“
    Da schlug sie, halb belustigt, halb zornig, die Hände zusammen und rief:
    „Nein, wast für einer bist! Das hab ich doch nicht denkt! Daß man sich an einem gar so irren kann.“
    „An mir?“
    „Ja. Du bist doch sonst nicht so schwer mit denen Begriffen.“
    „Meinst?“
    „Ja. Schon als Schulbub bist immer der Erster voran gewest; sodann im Dienst ganz ebenso. Aber ich weiß es schon: Das viele Lesen hat dich ganz verdreht macht.“
    „Meinst, daß ich darum les, um ein verdrehter Bub zu werden?“
    „Warum du liest, das weiß ich schon. Du willst was lernen. Da kaufst dir für deinen sauer verdienten Lohn lauter Bücher und Schriften und setzt dich damit nächtelang in die Kammer. Ein Bier trinkst nicht, eine Zigarre oder Pfeife rauchst nicht, ein Dirndl magst nicht, und auf den Tanz gehst auch nicht. Nicht mal ein Kegelschieben machst mit. Ist's da ein Wundern, daßt da ein hölzerner Bub bleibst, der sich nicht bewegen kann? Mit denen Büchern pfropfst dir den Kopf so voll, daß für was anderes und Besseres gar kein Raum übrig bleibt, und so kommt es, daßt ganz einfache Sachen nicht begreifen kannst, wie zum Beispiel das, wovon wir vorhin sprachen.“
    „Das ist ja eine richtige Litaneien, die du mir da vorbetest!“
    „Ja, doch sie ist gut gemeint.“
    „So mußt ich mich gar schön bedanken dafür.“
    „Laß deinen Dank darinnen bestehen, daßt in Zukunft besser begreifst.“
    „Ich will mir Mühe geben. Aber ich hab freilich mal lesen, daß es Dinge gibt, die selbst einer, der den besten Kopf hat, niemals begreifen kann.“
    „Ja, das sind gelehrte Sachen. Das ist die Philisiphi und die Asternomerie, und solche Dinge, mit denen man sich nicht abgeben
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