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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
Autoren: Karl May
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dreißigtausend Mark gewonnen hat, wird mir doch lieber sein als ein Knecht, der gar nix im Sack hat. Kannst das nicht begreifen?“
    „Begreifen kann ich's schon, denn eigentlich ist's ganz selbstverständlich. Ob es aber bei dir wirklich der Fall ist, das fragt sich noch.“
    „Geh! Vorhin sagst, daß wir wiederum versöhnt sind, und nun fängst bereits schon wieder an! Willst mich wohl wiederum zornig machen?“
    Sie zeigte bei diesen Worten ein so ernstes Gesicht, daß er sich beeilte zu antworten:
    „Nein, nein, Kätherl, das will ich nicht, sonst könnt es dir gar einfallen, heut abend nicht zu kommen!“
    „Ganz natürlich käm ich nicht.“
    „So sei nicht bös! Ich hab ja doch nicht zanken wollt! Bist mir gut?“
    Er schlang den Arm um ihren Nacken und legte die andere Hand unter ihr Kinn, um ihr Gesicht kußgerecht emporzuheben.
    „Frag nicht erst“, sagte sie. „Wer viel fragt, der geht viel irre.“
    „Hast recht, hast recht! Darum will ich nicht fragen, sondern mir gleich das nehmen, was ich haben will.“
    Er küßte sie wiederholt. Sie duldete es eine ganze Weile. Dann schob sie ihn von sich ab und sagte:
    „Nun ist's genug. Wann wir so fortmachen, bleibt für heut abend nix übrig und wir werden am End noch gar derwischt. Mach nun, daßt fortkommst!“
    „Wannst so kommandierst, muß ich schon gleich gehorchen.“
    „Gut, so leb also wohl!“
    „Leb wohl, Kätherl, und vergiß ja nicht, zu kommen!“
    Er ging.
    Als er auf den freien Platz trat, sah er Fritz, welcher mit verschränkten Armen an der Mauer der Kapelle lehnte und geduldig auf seine Herrin wartete.
    Er wollte nicht an ihm vorübergehen, ohne ihn zu ärgern. Darum blieb er vor ihm stehen und fragte:
    „Die Zeit ist dir wohl lang worden?“
    „Vielleicht kürzer als dir.“
    „Das glaub ich nicht. Ich hab mich ganz famos amüsiert.“
    „Ich auch.“
    „So allein? Das machst mir nicht weis.“
    „Ich war in meiner eigenen Gesellschaft, und das ist eine brave.“
    „So meinst, daß diejenige, in welcher ich mich befunden hab, keine brave sei?“
    „Nimm es, wie es dir beliebt!“
    „Das werd ich der Bäuerin sagen!“
    „Hab nix dagegen!“
    „Sie wird dich fortjagen!“
    „Nicht eher als dich!“
    „Donnerwetter! Was bildest dir ein! Es wird die Zeit schon noch kommen, in der du ganz anders mit mir reden wirst.“
    „Wohl wannst Kronenbauer bist?“
    „Hast etwa horcht?“
    „Nein. Aber diese Frag sagt mir, daß ich recht geraten hab. Wannst wirklich gedenkst, diesen guten Bissen zu verschlucken, so hab ich nix dagegen und wünsch dir eine gesegnete Mahlzeit. Erstick nur nicht daran, Förster!“
    Der Förster ärgerte sich, daß sein Angriff an dem kalten Wesen des Knechts zurückprallte. Darum ließ er sich zu der Unvorsichtigkeit hinreißen, zu fragen:
    „Selber hättst ihn wohl gern verschlucken wollt?“
    „O nein! Danke sehr!“
    „Das mußt jetzt so sagen. Dir geht's wohl auch wie dem Fuchs in der Fabel: Weil ihm die Trauben zu hoch hängen, so daß er sie nicht derlangen kann, so sagt er halt, sie seien ihm zu sauer.“
    „Diese Traube ist auch sauer; darauf kannst dich verlassen. Jetzunder nippst nur erst daran und davon wirst schon genügsames Bauchgrimmen haben. Wie groß wird das Leibschneiden erst dann sein, wannst sie ganz und wirklich hast. Es kann gar eine Cholera draus werden. Und weil ich so eine Krankheit nicht haben mag, kannst diese Traube immerhin aufessen. Sie ist dir gern gegönnt.“
    „Der Ärger spricht aus dir. Hast vorhin mit meiner Nichte sprochen. Was hast mit der zu tun?“
    „Nix.“
    „Schweig! Wann man mit einem Dirndl im Busch steckt, so hat man auch seine Absichten dabei.“
    „Und wann man mit einer Ehefrau fast eine geschlagene Stund zwischen denen Sträuchern steht, so gibt's wohl keine Absichten? Fragst du den Kronenbauern nicht, so darfst auch nicht denken, daß ich dich um die Erlaubnissen frag, mich von dem reinen Zufall mal mit der Martha zusammenführen zu lassen.“
    „Willst uns wohl verraten?“
    „Ich bin keiner Frau zum Hüter setzt worden. Was andre treiben, das geht mich nix an, wann's mich dabei in Ruhe lassen.“
    „Das hast schön sagt, sehr schön und auch deutlich. Also werd ich dich in Ruhe lassen. Leb wohl und bleib nicht hier an der Mauer kleben.“
    Er ging. Fritz warf ihm keinen Blick nach. Er hatte bereits gesehen, daß die Bäuerin mitten auf dem abwärts führenden Pfad stand, und tat so, als ob er sie gar nicht bemerke.
    Sie war nicht
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