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7 Minuten Zu Spät

7 Minuten Zu Spät

Titel: 7 Minuten Zu Spät
Autoren: Kate Pepper
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»Wie kann denn alles in Ordnung sein?«
    Maggie ergriff Lizzies roten Koffer, der oben an der Treppe stand, und trug ihn in die Eingangshalle.
    »Hallo, Maggie.« Die beiden Frauen tauschten Luftküsse.
    »Wie geht es Ihnen?«
    »Ein bisschen durcheinander, wie üblich. Immer dieselben Probleme mit den Männern.« Maggie lächelte Lizzie strahlend an.
    »Sie und Ihr Mann sind also wieder zusammen.« Lizzie trat ins Wohnzimmer und blickte sich um. »Sehr hübsch. Ein bisschen barock, aber eigentlich gefällt es mir.«
    »Also, offiziell sind Simon und ich eigentlich nicht zusammen. Das Haus habe übrigens ich eingerichtet, und bis jetzt hat Simon noch nichts verändert.«
    Lizzie warf ihr einen Blick über den Rand ihrer Hornbrille zu und lächelte ein wenig spöttisch. »Es ist prachtvoll, meine Liebe.«
    Maggie erwiderte das Lächeln und sagte gelassen:»Ich glaube, ich mache uns Frühstück. Sie sterben bestimmt vor Hunger, Lizzie. Soll ich auch Eier und Speck braten?«
    »Ja, das wäre wunderbar.« Lizzie ließ sich seufzend auf die Couch sinken.
    Alice setzte sich neben ihrer Mutter aufs Sofa und umklammerte die Zeitung, die noch in ihrer blauen Plastikhülle steckte. Sie hätte sie schrecklich gerne aufgemacht, um zu erfahren, was Erin Brinkley über die Ereignisse der letzten Tage geschrieben hatte, traute sich jedoch nicht, weil sie wusste, dass ihre Angst dann wieder zunehmen würde.
    »Wie war dein Flug, Mom?«
    Lizzie streichelte ihr über die Wange. »Wie geht es dir, mein Liebling? Ich habe mir solche Sorgen gemacht.«
    »Mir geht es gut. Es war ein Albtraum, aber jetzt ist es ja vorbei.«
    »Hoffentlich.« Lizzie gähnte. »Ob eine alte Frau hier wohl einen starken Kaffee bekommen kann?«
    »Ich bringe dir sofort einen.«
    Als Alice fünf Minuten später wieder ins Wohnzimmer kam, hatte Lizzie sich die Schuhe ausgezogen, sich auf der Couch ausgestreckt und las die Zeitung. Die blaue Plastikhülle lag zerknüllt neben dem Lokalteil auf dem Couchtisch. Alice stellte den Kaffeebecher ab und ergriff die Zeitung. Und da stand es.
    In ihrem Artikel unter der Schlagzeile Falsche Identität führt Polizei in die Irre behauptete Erin Brinkley, dass es Sylvie Devrais nie gegeben habe. Das Baby, das Judy Gersten zur Adoption freigegeben habe, sei in Paris unter dem Namen Christina Dreux aufgewachsen, aber es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie jemals in New York gewesen sei. Laut ihrer Adoptiveltern war sie ein rebellischer Teenager gewesen und hatte mit siebzehn ihr Elternhaus verlassen, war allerdings nach einem Jahr demütig wieder zurückgekehrt. Sie hatte eine Ausbildung als Krankenschwester gemacht, diesen Beruf aber nie ausgeübt, und es blieb unklar, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Auch die französischen Behörden rollten zurzeit ungeklärte Fälle wieder auf, bei denen schwangere Frauen verschwunden waren.
    Unter der Überschrift »Internationaler Schwarzmarkt für Babys« erläuterte Brinkley, dass das Fehlen einer zusammenhängenden Datenbank illegale Adoptionen erleichtere, weil jeder Fall mit großem Zeitaufwand einzeln untersucht werden müsse. Und sobald ein Kind über eine Grenze gebracht werde, sei es fast unmöglich, es wiederzufinden.
    In einem weiteren Artikel »Miethai vor Gericht« prangerte Brinkley erneut die Praktiken von Julius Pollack und Sal Cattaneo an und beschrieb ihre schlimmsten Kündigungsmethoden. Alice lief ein Schauer über den Rücken. Was sie mit Pollack erlebt hatte, war nichts im Vergleich zu dem, was andere Mieter hatten aushalten müssen: abgestellte Heizungen, zerbrochene Fensterscheiben, Ratten.
    Und in dem Artikel »Eine geheime Geschichte« beschrieb Brinkley schließlich, wie Metro Properties und Garden Hill Realty zusammenhingen, wobei sie die langjährige Beziehung von Sal Cattaneo und Judy Gersten offen legte. Irgendwie hatte sie die Fotos in die Hand bekommen, die Alice in Judys Wohnung gesehen hatte. Sie schrieb auch über Angie Cattaneo und ihre kinderlose Ehe, und sie stellte die Verbindung zu Sylvie her, die als uneheliche Tochter nach vielen Jahren zurückkehrt und ihren Anteil haben will. Ihrer Meinung nach war Sylvie von den uralten Motiven Rache und Geldgier getrieben. Brinkley stellte die These auf, dass Sylvie ihre leiblichen Eltern vernichten wollte, indem sie hochschwangere Mieterinnen, denen gekündigt worden war, ermordete, ihnen die Babys wegnahm und sie auf dem Schwarzmarkt verkaufte.
    Alice kam das alles viel zu kompliziert vor.
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