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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
Autoren: Karl May
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auf.
    „Gnädige Frau! Endlich, endlich!“ sagte er.
    Ihre blassen Wangen röteten sich; sie zog die Hände wieder an sich, ballte sie aber zu Fäusten, streckte sie drohend wieder aus und knirschte mit der Stimme eines Teufels, eines höllischen Wesens:
    „Fluch ihm! Verderben! Rache! Rache!“
    „Wem?“ fragte der Fürst.
    „Ihm, ihm! Dem Baron!“
    Ihre Zähne knirschten so laut aufeinander, daß den Lauschern das Gehör weh tat.
    „Er ist ein Satan! Ein tausendfacher Satan! Sie aber sind mein Retter! Er gab mir Gift, und ich konnte mich nicht regen; aber ich fühlte, ich hörte alles, alles! Die Minuten wurden zu Wochen, die Stunden zu Jahren und die Tage zur Ewigkeit! Er stand vor mir mit Doktor Mars und besprach mit ihm, daß er mich ermorden solle. Und als Mars sagte, daß ich jedes Wort verstände, da hatte er noch höllische Freude darüber!“
    Sie schüttelte die Arme drohend vor sich hin.
    „Baronin, fassen Sie sich!“ bat der Fürst.
    „Fassen? Ich bin gefaßt; ich bin nicht aufgeregt. Oh, Fürst, Sie wissen nicht, welche Qualen ich erduldet habe! Hätte ich tausend Menschen umgebracht, ich wäre jetzt quitt mit dem Richter, denn eine jede Sekunde ist mir zum letzten Augenblick, zur Hinrichtung geworden. Welch ein fürchterliches Gift! Mein Herz stand still, und meine Lungen waren wie Stein. Es war todeskalt in meinem Körper, und dennoch lebte ich. Ich wollte mich bewegen, und ich konnte nicht. Ich wollte die Fäuste ballen, und ich vermochte es nicht. Ich wollte schreien, ich wollte fluchen, beten, es ging nicht. Ich war wie eine Erzfigur im weichen, warmen Daunenbett. Da wurde jede Sekunde zur Geburtsstunde eines Fluches für ihn. Meine Zunge lag in meinem Mund wie Eisen, und doch fühlte ich jeden Lufthauch. Der Hunger, der Durst, sie wollten mich verzehren; aber sie konnten es nicht, denn ich war ja ein Stück Metall. Nun aber ist es vorüber, und nun soll die Reihe an ihn kommen, an ihn, an ihn, an ihn!“
    „Gnädige Frau, verzeihen Sie ihm. Er ist Ihr Mann, Ihr Gemahl!“
    „Was sagen Sie? Was wollen Sie? Mein Gemahl! Gerade aus diesem Grund ist sein Verbrechen tausendfach größer und strafbarer. Sie sind ein weiches Gemüt, und Sie haben nicht einen einzigen solchen Augenblick erlebt, wie ich ihrer Millionen. Als ich Ihre Stimme zum erstenmal wieder hörte, da tropfte ein Atom Himmelstrost in meine Höllenqual. Und als Sie dann mit Doktor Zander kamen, um mich zu entführen, mich zu retten, als Sie mich auf Ihren Armen in das Coupé trugen und heimlich nach hier brachten, da wollte ich vor Wonne laut aufbrüllen, da wollte ich meine Arme um Sie legen, um Sie totzudrücken vor Seligkeit; aber, ich war ja noch tot. Doch ich wurde ruhig, ich wartete. Und als soeben Doktor Zander sagte, daß es nur noch fünf Minuten währen könne, da wußte ich, daß mein Erwachen kein wahnsinniges sein werde. Desto wahnsinniger aber wird meine Rache sein, meine Rache, Rache, Rache!“
    „Bitte, legen Sie sich! Soll ich Ihnen eine Erquickung reichen lassen?“
    „Legen soll ich mich? Erquickung soll ich genießen? Hölle und Tod! Ich werde mich nicht legen; ich werde nicht ruhen, bis ich ihn verdorben habe! Ich habe weder Hunger noch Durst nach Speise und Trank mehr. Ich hungere und dürste aber nach seiner Seele. Meine größte Erquickung wird sein, wenn sein Todesschrei in meinen Ohren gellt. Durchlaucht, Sie haben mich gerettet! Sie dürfen dabei nicht stehenbleiben. Sie müssen auch ferner für mich handeln!“
    „Was soll ich tun?“
    „Wollen Sie? Wollen Sie?“
    „Sagen Sie was!“
    „Sie sollen der Träger, der Schildknappe meiner Rache sein. Sie sollen der Dolch sein, den ich ihm ins Leben stoße, und der Hammer, mit dem ich ihn zerschmettere!“
    „Fassen Sie sich!“
    „Fassen! Fassen! Fassen! Herrgott, wie kann ein Mensch so ruhig sprechen! Fassen! Ich wollte, ich könnte zur Flamme werden, in welcher er bis auf die Knochen verbrennt, und sollte ich mich dabei selbst auch verzehren. Verderben soll er, verderben! Er soll ausgestoßen werden, wie ein räudiger Hund. Er soll als Merkzeichen der Schande und der Gefährlichkeit dienen, wie die Eule, welche man an das Scheunentor nagelt. Und ich ruhe nicht eher, als bis Sie mir versprechen, mich dabei zu unterstützen.“
    „Rache ist unchristlich!“
    „Unchristlich! Ist er ein Christ? Oh, Sie kennen ihn ja nicht. Sie haben keine Ahnung, was er ist. Er ist der Auswurf der Menschheit, der größte Verbrecher. Er muß zertreten werden
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