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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
Autoren: Karl May
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dieselbe und sagte erschrocken:
    „Ah, von Seiner Exzellenz!“
    „Ja. Werden Sie nun bleiben?“
    Der einstige Vorsitzende verbeugte sich tief und antwortete:
    „Unter diesen Verhältnissen, ja!“
    „Auch unter den erst vorwaltenden Verhältnissen wäre jeder andere außer Ihnen geblieben. Glücklicherweise hat man mich über Ihre Eigentümlichkeiten unterrichtet. Ein braver Beamter, zumal Justizbeamter, verdient die höchste Achtung und möglichste Rücksichtnahme. Sie sind ein verdienstvoller Beamter gewesen, aber seit Sie dieses Band in das Knopfloch erhalten haben, leiden Sie an Größenwahn. Sie haben sich hier bei mir heute abend eines Verhaltens befleißigt, als ob es für mich die höchste Ehre sei, Sie bei mir zu sehen. Gewöhnen Sie sich das ab! Sie machen sich doch nur lächerlich! Jetzt aber, bitte, nehmen Sie Platz! Ich werde Sie überzeugen, daß Sie keineswegs so unfehlbar sind, wie Sie denken!“
    Der Angeredete gehorchte, ohne ein Wort zu entgegnen. Er war leichenblaß geworden. Es kochte in ihm. Er sagte sich keineswegs, daß er diese Zurechtweisung verdient habe; aber der Respekt vor der Unterschrift des Ministers legte ihm schweigenden Gehorsam auf.
    „Meine Herren“, fuhr der Fürst fort. „Wir werden uns jetzt in das Nebenzimmer begeben. Es ist dunkel, damit sie unbemerkt Zeugen dessen sein können, was geschehen wird. Ich ersuche Sie, Ihre Anwesenheit durch kein Geräusch, durch keinen Laut zu verraten.“
    Er ergriff einen mehrarmigen Leuchter und schritt voran in das erwähnte Zimmer. Sie folgten.
    Der Raum war mit dicken Teppichen belegt, und die schweren, weichen Polstermöbel waren ganz geeignet, jedes Geräusch zu ersticken. Sie nahmen Platz, einer dunklen Wand gegenüber, auf welche der Fürst sie aufmerksam machte, indem er sagte:
    „Dies scheint eine Zwischenwand, eine Mauer zu sein, ist aber nichts, als ein dünner, durchsichtiger, aber straff angezogener Schleier, durch dessen Maschen Sie blicken können, ohne bemerkt zu werden, weil Sie sich im Dunkeln befinden werden. Also bitte, so still wie im Grab selbst!“
    Er ging mit dem Licht hinaus, und nun sahen sie allerdings, daß sie sich vor einem Schleier befanden, durch welchen sie den dahinter liegenden Raum als ein fein ausgestattetes Damenboudoir erkannten. Die Gaze war so fein, daß sie sogar die feinsten Striche der dahinter an der Wand hängenden Malereien zu unterscheiden vermochten. Es brannte drüben eine Ampel, welche ein mildes, aber durchdringendes Licht verbreitete.
    Sie warteten in höchster Spannung der Dinge, die da kommen würden. Sie wagten nicht, auch nur ganz, ganz leise miteinander zu flüstern.
    Jetzt wurde drüben eine Portiere geöffnet, und zwei Diener brachten ein höchst elegantes Ruhebett hereingetragen, welches sie in die Mitte des Raumes setzten. Dann zogen sie sich zurück.
    In den Kissen lag eine bleiche, aber wunderschöne Frauengestalt. Diejenigen von den verborgenen Zuschauern, welche die Baronin Ella von Helfenstein gesehen hatten, erkannten diese sofort.
    Nach einer kurzen Pause trat der Fürst ein, mit ihm Doktor Zander. Sie benahmen sich so unbefangen, als ob sie gar nicht wüßten, daß sie belauscht würden.
    „Warum ordneten Sie an, daß die Dame in dieses Zimmer geschafft werde?“ fragte der Fürst laut.
    „Dieses Zimmer hat eine abgesonderte Lage. Es steht zu befürchten, daß die Baronin bei ihrem Erwachen sich höchst aufgeregt benimmt, sie befindet sich in einem Zimmer, wo sie von Unberufenen nicht gehört werden kann.“
    „Das genügt. Fühlen Sie den Puls?“
    „Er ist bereits da. Es ist ganz genauso, wie Durchlaucht vorher bestimmt haben. In fünf Minuten wird die Allerärmste die Macht zurückerhalten, sich bewegen zu können.“
    „So will ich bleiben. Sie darf bei ihrem Erwachen nicht allein sein.“
    „Und ich? Wie befehlen, Durchlaucht?“
    „Gehen Sie! Ich will mit ihr ganz allein sein. Kein Mensch soll hören oder sehen, was sie tut, außer mir.“
    Zander ging.
    Der Fürst setzte sich auf einen Stuhl, welchen er neben das Bett zog, und beobachtete sie.
    Es vergingen mehrere Minuten; die fünf waren vorüber. Wie würde ihr Erwachen sein? Langsam, allmählich, von einem Glied auf das andere übergehend?
    Nein. Sie lag noch vollständig starr; aber einen einzigen Augenblick darauf ertönte ein überlauter, gräßlicher Schrei, und da saß sie aufrecht im Bett, mit weit von sich abgestreckten Händen und übernatürlich aufgerissenen Augen.
    Der Fürst sprang
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