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616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall
Autoren: David Zurdo
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der Mann, der das jüdische Volk aus Ägypten ge-führt hatte, von hier aus das Gelobte Land schauen, ehe er starb und die Herrschaft an Josua übergab. Angeblich hatte man Moses auch hier begraben. Viel erstaunlicher war jedoch der Mythos, demzufolge der Prophet Jeremia in einer Höhle den heiligsten Gegenstand der alten Israeliten – die Bundeslade – versteckt hatte, zusammen mit dem Rauchopferaltar und dem Tabernakel, welches Moses zum Gedenken an die Durchquerung des Roten Meeres angefertigt hatte.
    Bezüglich dessen, was Jeremia im Berg Nebo versteckt hat-te, gab es in der Bibel verschiedene Prophezeiungen: »Die Stelle soll unbekannt bleiben, bis Gott sein Volk wieder sammelt und ihm wieder gnädig ist.« Und am Ende der Zeiten, wenn Gott sein Volk versammelt und ihm den Ort enthüllt, an dem diese Gegenstände sich befinden, wird »die Herrlichkeit des Herrn … erscheinen und auch die Wolke, genauso wie sie sich in den Tagen des Mose gezeigt hat und in der Zeit, als Salomo betete, dass der Ort hochheilig werden mö-ge«.
    Göttliche Offenbarungen, dachte Cloister bei sich. Doch er war auf der Suche nach den Offenbarungen des Teufels.
    Vor Erregung keuchend, lief er die Höhle mehrfach ab und untersuchte jeden Winkel. Ein großer Fels an der hinteren Wand, in dem Bereich, wo der Boden sich absenkte, zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er war von kleineren Steinen umgeben – die Formation sah aus wie Menschenwerk. Cloister kauerte sich davor und entfernte an der Seite einige Steine. Im Licht der Taschenlampe entdeckte er an einer Seite einen Spalt. Er versuchte, den Fels zu bewegen, doch es ge-lang ihm nicht. Er richtete sich auf und stemmte sich mit dem gesamten Körper gegen den Fels, die Füße in den Boden ge-rammt. Auch diese Anstrengung blieb vergeblich.
    Er benötigte irgendein Werkzeug. Cloister kehrte zum Landrover zurück und durchsuchte das Gerümpel im völlig verdreckten Kofferraum. Zu seinem Glück fand er jedoch zwischen all dem Unrat eine etwa vierzig Zentimeter lange Brechstange. Außerdem steckte er zwei große Schlüssel ein. Dann kehrte er zur Höhle zurück. Der Spalt schien tief zu gehen. Cloister steckte die Brechstange beinahe bis zur Hälfte hinein. Daraufhin legte er einen der Schlüssel quer über das wie ein Haken gebogene obere Ende der Stange und zog, so fest er konnte, bis er das Gleichgewicht verlor und rückwärts zu Boden stürzte. Vorübergehend fühlte er sich benommen, doch als er sah, dass der Fels sich beinahe um eine Handbreit bewegt hatte, brachte das Adrenalin ihn rasch wieder zu sich.
    Er richtete die Taschenlampe auf den Spalt – man konnte etwas erkennen. Da war eine Art großer Tonkrug. Noch be-kam er ihn nicht durch die Öffnung, so dass er zunächst den Vorgang mit der Brechstange wiederholte und dann, am Bo-den liegend, mit den Füßen gegen den Fels drückte, bis die Öffnung praktisch frei lag.
    Völlig außer sich vor Erregung, stürzte er sich regelrecht auf den Tonkrug. Der steckte unten immer noch fest, doch Cloister zog ihn mit einem Ruck heraus. Der Krug war rundlich: unten schmal, in der Mitte bauchig, und nach oben hin wieder schmaler werdend; allerdings war er oben breiter als unten.
    Verschlossen war der Krug mit einem wulstigen Stopfen, der mit Teer oder einem ähnlichen Material festgeklebt wor-den war. Der Priester versuchte, den Stopfen zu entfernen, doch es gelang ihm nicht. Seine Erregung glich mittlerweile einem Alkoholrausch. Cloister konnte sich nicht mehr beherrschen. Er nahm die Brechstange und versetzte dem Hals des Tonkrugs einen gezielten Schlag. Mit einem trockenen Geräusch brach der Hals ab.
    Cloister sah in den Krug und erblickte so etwas wie eine kleine Pergamentrolle, eingewickelt in klebriges Leder. Er holte sie aus dem Krug, vergewisserte sich, dass sich nichts weiter in dem Gefäß befand, stand auf und ging mit der Rolle vor die Höhle. Der Sonnenschein traf ihn wie ein Schlag. Es war beinahe Mittag, die Zeit, in der die Schatten am kürzes-ten sind. Er zog die Lederhülle von der Rolle ab und legte sie zur Seite. Dann rollte er das Pergament ohne weitere Um-stände auf der Motorhaube des Landrovers auseinander. Es war verschmutzt, roch nach Öl und wirkte sehr fragil. Wenn ihn jetzt einer der Restauratoren des Geheimarchivs hätte sehen können, er wäre entsetzt gewesen: Durch seine sorglo-se, unsachgemäße Handhabung fügte Cloister der Pergamentrolle irreversiblen Schaden zu. Doch dies war nicht der rechte Moment, um
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