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595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)

595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)

Titel: 595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
Autoren: Jo C. Parker
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Jahre.«
    Neben Sascha taucht unvermittelt ein aus Wolken geformter Aktenschrank auf. Der Jenseitsbegleiter öffnet eine Schublade und holt etwas heraus, das wie ein Wolken-iPad aussieht.
    Verehrte Engelschar, Steve Jobs präsentiert euch das iPad der neuesten Generation. So leichtes Material wurde nie zuvor für ein modernes Elektronikgerät verwendet.
    »Hm«, murmelt Sascha. »Für dein Alter hast du wirklich schon zahlreiche Stunden durch Verkehrsbehinderungen verloren.«
    »Genau! Richtig behindert war das!«, bestätige ich ihm. »Deswegen habe ich den Job als Transporteur an den Nagel gehängt.«
    »Vierundzwanzig Tage, neunzehn Stunden, achtzehn Minuten und dreißig Sekunden«, stellt Sascha fest.
    »Rechne das nach!«, fordere ich ihn auf. »Gefühlt waren es mindestens zwei Jahre.«
    »Vierundzwanzig Tage, neunzehn Stunden, achtzehn Minuten und dreißig Sekunden«, wiederholt Sascha.
    Besserwisserischer Korinthenkacker!
    »Was würde der Boss wohl dazu sagen, wenn ich dir quasi eine Nachspielzeit gewähre? Lustige Vorstellung! Bringt ein wenig Pfeffer in den Alltag! Ist eh alles so eingefahren hier. Aber eigentlich entspricht es nicht den Regeln.«
    Seine nachdenklich geäußerten Worte wecken Hoffnung in mir, jedoch finde ich vierundzwanzig Tage zu wenig.
    »Moment!«, wende ich mit erwachender Selbstsicherheit ein. »Wir sollten über alle gestohlenen Jahre reden! Die ganze Schulzeit beispielsweise.«
    Sascha sieht mich kopfschüttelnd an. »In der Schule lernt ihr Menschen fürs Leben.«
    »Nicht bei den langweiligen Lehrern. Von denen hatte ich einige.«
    »Auch bei diesen hast du gelernt.«
    »Meine Beziehung mit Simone!«, fällt mir ein. Simone war die zweite Freundin, die ich ins Bett bekommen hatte. Zu meinem Verdruss dauerte es acht Monate, sie zu überreden, und dann floppte der Sex gewaltig. Da die Wiederholung keinen Deut besser war, trennte ich mich anschließend von ihr.
    »Niemand hat dich gezwungen, Zeit mit ihr zu verbringen.«
    »Na ja«, widerspreche ich. »Ich bin kein Experte bezüglich des Sexualtriebs von Engeln, doch junge Männer werden von den Hormonen zu so manchen Sinnlosigkeiten angestiftet.«
    In seinen Augen erkenne ich, dass er dieses Argument nicht gelten lässt. Hektisch suche ich nach weiteren Zeitverschwendungen.
    »Familienfeste!«, rufe ich. »Was habe ich mich dort gelangweilt!«
    »Familienfeste dienen dem Wachsen der Seele«, klärt er mich auf.
    »Die Anfänge des Internets!«
    »Was?«
    »Weißt du, wie langsam früher eine Modemverbindung war?«
    Er schüttelt den Kopf.
    »Schlechte Kinofilme! Mieses Fernsehprogramm! Niederlagen meines Fußballvereins!«
    »Mein Entschluss steht fest«, teilt er mir mit. Der Aktenschrank und das Wolken-iPad lösen sich in Luft auf. »Du hast unangemessen viel Erdenzeit durch Verkehrsbehinderungen eingebüßt. Daher biete ich dir an, diese auf der Erde nachzuholen. Weil ich in Spendierlaune bin, bekommst du sie sogar komplett erstattet, obwohl fast jeder Mensch in den Industrienationen etwas Zeit im Stau verliert. Von jetzt an stehen dir noch fünfhundertfünfundneunzig Stunden, achtzehn Minuten und dreißig Sekunden zur Verfügung. Allerdings muss ich dich warnen. Dein Karmapunktekonto war nur knapp im positiven Bereich; gerade in den letzten Jahren hast du reichlich Negativpunkte gesammelt. Bei unverändertem Verhalten läufst du in der Nachspielzeit Gefahr, die Zutrittsberechtigung zum Himmelsreich einzubüßen. Deswegen lautet mein Rat, auf eine Rückkehr in deine menschliche Hülle zu verzichten und mir diskussionslos zu folgen.«
    Tatsächlich denke ich kurz über die Alternativen nach. Was bringen mir knapp fünfundzwanzig Tage? Eine prinzipielle Erwägung gibt den Ausschlag: Ich will nicht mitten im Berufsverkehr sterben.
    »Die Nachspielzeit wird angenommen«, kläre ich ihn auf.
    Im gleichen Moment verschwindet Sascha und alles um mich herum wird schwarz.

Tags zuvor
    Etwa vierundzwanzig Stunden vor meiner denkwürdigen Begegnung mit Sascha verdiente ich auf für mich alltägliche Weise Geld: Eine Grundschule hatte mich für zwei Lesungen gebucht.
    Ich saß in einem stickigen Raum, mein Vortrag näherte sich einem Spannungshöhepunkt, mit einem Cliffhanger beendete ich diesen Teil der Veranstaltung und schlug effektheischend das Buch zu. Der Knall schien eine der Lehrerinnen aus ihrem Halbschlaf zu reißen, denn sie zuckte zusammen und blinzelte wie ein Autofahrer, den der Sekundenschlaf übermannt hatte.
    »Ob es Tamara
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