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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
Autoren: Karl May
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sein?“
    „Warum nicht. Es handelt sich nämlich um einen armen Kräutersammler aus Thionville.“
    Emma wurde aufmerksamer. Sie wußte ja, daß der brave Fritz als Kräutersammler engagiert war, und zwar gerade in Thionville.
    „Das beginnt sehr romantisch!“ sagte sie.
    „Es ist auch wirklich romantisch. Der arme Teufel hat keine Eltern; er ist ein Findelkind. Er wurde als Knabe im Schnee gefunden, und darum Schneeberg genannt.“
    Jetzt wußte Emma genau, daß von Fritz die Rede war.
    „Ihre Schwester scheint sich aus diesem Grund für ihn zu interessieren?“
    „Sogar sehr; sie ist ja selbst, ebenso wie ich, eine elternlose Waise! Kürzlich nun hat sie mit ihm gesprochen und von ihm gehört, daß er ein Erkennungszeichen bei sich trägt, durch welches es möglich wäre, seine Eltern zu finden.“
    „Eben dieser Schneeberg?“
    „Ja. Nanon nun hat einst in Paris von einer Dame gehört, welcher zwei Knaben, Zwillingsbrüder, geraubt worden sind, und die Knaben haben ganz dasselbe Zeichen an sich getragen, welches Schneeberg besitzt.“
    „Zwillingsbrüder? Wer war diese Dame?“
    „Nanon hat leider den Namen vergessen, und die Freundin in Paris, welche ihr Auskunft geben könnte, ist nach Italien gereist. Die Schwester glaubt sich zu besinnen, daß diese Dame eine Deutsche gewesen sei. In diesem Fall ließe sich vielleicht hier in Berlin etwas erfahren. Darum schreibt mir Nanon, mich doch zu erkundigen, ob es hier nicht eine Familie gebe, welcher vor nun mehr als zwanzig Jahren ein Zwillingsknabenpaar gestohlen worden ist.“
    Mit dem Gesicht Emmas war eine außerordentliche Veränderung vor sich gegangen. Es hatte den Ausdruck der allergrößten Spannung angenommen.
    „Schreibt Nanon nichts weiter von der Dame?“ fragte sie.
    „Nichts, als daß sie den schweren Verlust nach so langer Zeit nicht verschmerzt habe, da sie stets in tiefer Trauer gehe.“
    „Gott. Und worin besteht das Erkennungszeichen?“
    „Aus einem Löwenzahn an einer feinen, goldenen Kette.“
    Da sprang Emma vom Stuhl auf und rief:
    „Weiter, weiter! Wie ist der Zahn beschaffen?“
    „Er ist hohl. Wenn man die Grafenkrone, welche am unteren Ende befestigt ist, abschraubt, kommen die Miniaturgemälde eines Herrn und einer Dame zum Vorschein.“
    „Er ist's! Er ist's! Es ist der Zahn!“ rief Emma, indem sie im höchsten Entzücken die Hände zusammenschlug.
    Die beiden anderen sahen sie erstaunt an.
    „Wissen Sie auch etwas von diesem Zahn?“ fragte Madelon.
    „Natürlich, natürlich. Mehr als Sie denken und ahnen. Habe ich Ihnen denn noch nicht von ihm erzählt?“
    „Kein Wort.“
    „Und von Tante Goldberg?“
    „Hierüber noch nichts.“
    „Daß Tante stets in Trauer geht.“
    „Das weiß ich; aber den Grund kenne ich nicht.“
    „Nun, sie hat vor mehr als zwanzig Jahren zwei Knaben, welche Zwillinge waren, verloren. Die Knaben waren verschwunden, und alle Nachforschungen sind vergebens gewesen; selbst hohe Belohnungen, welche der Onkel ausgeschrieben hat, haben nichts gefruchtet.“
    „Ist das wahr? Ist das wahr?“
    „Warum sollte ich es erfinden!“
    „Und Frau von Goldberg ist in Paris gewesen?“
    „Sogar sehr oft.“
    „So ist sie es, so ist sie es. Die Mutter ist gefunden. Oh, Emma, lassen Sie sich umarmen.“
    Sie flog in die geöffneten Arme der Freundin. Die beiden Mädchen küßten sich herzlich, und die Witwe weinte vor Rührung.
    „Wie wird Nanon sich freuen, wenn ich ihr persönlich diese Kunde bringe!“ rief Madelon jubelnd. „Und Sie, Sie müssen sofort zu Ihrer Tante eilen, um ihr die frohe Botschaft zu bringen. Ich gebe Ihnen den Brief meiner Schwester mit, damit sie ihn lesen kann. Ich laufe, ihn zu holen!“
    Das Mädchen war ganz Glück und Jubel. Sie wollte das Zimmer verlassen. Die ältere und bedachtsame Emma aber hielt sie zurück.
    „Warten Sie noch!“ bat sie. „Diese Sache ist zu wichtig, als daß man zu eilig handeln sollte. Die Trauer der Tante um die Verlorenen ist mit den Jahren eine ruhigere geworden. Wenn wir uns irrten, wenn hier eine Täuschung vorläge, denken Sie, wie wir ihrem Herzen schaden würden. Überlegen wir lieber vorher. Also Schneeberg ist wirklich derjenige, welcher den Zahn besitzt?“
    „Ja.“
    „Wissen Sie, für wen er Kräuter sammelt?“
    „Warum fragen Sie?“
    „Weil ich meine Gründe habe. Bitte, antworten Sie!“
    „Er steht im Dienst eines Doktor Bertrand in Thionville.“
    „Mein Gott, welch ein Zusammentreffen! Wir haben ihn so lange
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