Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
denken Sie sich den Schlitten hinweg; so war es.“
    „O weh!“
    „Der eine war lang und stark gebaut; er sah dem Fritz meines Bruders außerordentlich ähnlich –“
    „Das ist er; ja, das ist er!“
    „Dieser hatte kaum die Tiefe der Schlucht, in welcher wir gesessen hatten, erreicht, so ergriff er die Flucht.“
    „Wie feige.“
    „Oh, die Situation war nicht gerade diejenige eines Helden. Und außerdem hatte die eigenartige Schlittenpartie seine Kleidung in der Weise geschadet, daß er sich vor Damen gar nicht sehen lassen konnte.“
    „Der andere aber?“
    „Dieser war klein und dick, fast wie eine Kugel. Er kam bis an meine Füße herangesaust. Dort machte er mir ein Kompliment und stellte sich mir in aller Form, als der Maler Hieronymus Aurelius Schneffke vor.“
    „Am Boden sitzend?“
    „Am Boden sitzend!“ nickte die Gefragte.
    „Das muß lustig gewesen sein. Ja, das ist der wunderbare Name, den Herr Haller uns gestern abend nannte. Und Sie haben diese beiden wiedergesehen?“
    „Ja. Sie fuhren mit uns in einem Coupé erster Klasse nach Dresden, und während der Fahrt machte mir der Kleine die allerschönste Liebeserklärung.“
    „Schrecklich.“
    „O nein. Es ist ganz das Gegenteil von schrecklich. Alles, was er spricht, und tut, hat eine Art und Weise, welche nicht zuläßt, daß man ihm etwas übelnehmen kann. Am anderen Vormittag ging ich mit Tante nach Blasewitz spazieren. Auf einmal hören wir Pferdegetrappel hinter uns. Wir blicken uns um, und wen sehen wir?“
    „Den Maler Haller?“
    „Nebst seinem Sancho Pansa. Dieser letztere will stolz an uns vorbei kurbettieren, gibt seinem Pferd einen Hieb über den Kopf, wird abgeworfen, und sitzt im nächsten Augenblick gerade vor mir an der Erde.“
    „Lächerlich!“
    „Es war allerdings höchst spaßhaft. Wir mußten lachen.“
    „Er war natürlich im höchsten Grad verlegen?“
    „Das fiel ihm gar nicht ein. Ich glaube, dieser Hieronymus ist durch nichts in Verlegenheit zu bringen.“
    „Was tat er denn!“
    „Er sprach mir seine Freude aus, daß er, mir zu Füßen liegend, mir seine hochachtungsvolle Ehrfurcht beweisen könne.“
    „Allerdings höchst originell. Und dann?“
    „Dann kugelte er in höchster Eile dem Gaul nach, welcher inzwischen durchgegangen war. Und heut als ich –“
    „Wie?“ wurde sie von Madelon unterbrochen. „Heut haben Sie einen von ihnen auch bereits wiedergesehen?“
    „Alle beide.“
    „Es ist wahr; Herr Haller ging aus. Aber wo?“
    „Ich stand im Begriff, zu Ihnen zu gehen. Ich wollte am Tor des Nachbarhauses vorüber, eben als eine Equipage aus demselben hervorrollte. Ich sah etwas Dickes durch die Luft fliegen; vor mir lagen eingerahmte Bilder an der Erde; ein mächtiger Kalabreserhut rollte mir zwischen die Füße, und mitten unter den Bildern lag – nun, wer an der Erde.“
    „Der kleine Dicke?“
    „Ja, er!“
    „Aber wie ist das denn gekommen?“
    „Er hat an den Pferden vorüber springen wollen und dabei sowohl die Balance als auch die Bilder und den Hut verloren.“
    „Der Allerärmste. Er raffte sich doch sofort empor?“
    „O nein! Er fluchte zunächst ein wenig, hob dann das ehrwürdige Haupt, nickte mir, noch immer an der Erde liegend, sehr freundlich zu und erklärte sich für den glücklichsten Menschen, daß es ihm abermals vergönnt sei, mir zu Füßen seine Huldigung darzubringen.“
    Die drei Damen, die Erzählerin mit inbegriffen, brachen in ein herzliches Lachen aus.
    „Aber nun stand er doch auf?“ frage Madelon, noch immer lachend.
    „Allerdings. Er gab Haller den strengen Befehl, die Bilder aufzulesen und –“
    „Wie, Haller war dabei?“
    „Natürlich. Diese beiden scheinen unzertrennlich zu sein, wenn es sich um etwas Lustiges handelt. Aber das beste war, daß Haller ging, der Kleine aber bei mir blieb und mir abermals eine Liebeserklärung machte.“
    „Auf offener Straße?“
    „Natürlich.“
    „Sie haben ihn doch stehenlassen?“
    „Nicht sogleich. Er verlangte von mir, daß ich mich legitimieren solle. Er wollte meinen Namen wissen, wo ich diene, was meine Eltern sind, und was weiß ich alles!“
    „Das ist denn doch sehr stark, ja unverschämt!“
    „Nein. Sie müssen wissen, daß er mich für eine Gouvernante hält, für eine Erzieherin oder so etwas!“
    „Mein Gott! Aus welchem Grund denn?“
    „Weil ich im Wald einfach gekleidet war und der Tante aus dem Buch vorlas.“
    „Davon hat Herr Haller freilich kein Wort
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher