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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
Autoren: Karl May
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ihm?“
    „Er wurde in den Keller geworfen. Da liegt er noch.“
    „Und Ihr wart dabei?“
    „Warum nicht?“
    „Ah! So fahre zur Hölle und zum Teufel, Halunke!“
    Er konnte sich nicht mehr halten. Indem er diese Worte aussprach, riß er den Revolver hervor, hielt dem Capitano den Lauf an die Schläfe und drückte ab. Der Schuß krachte, und der Mann brach tot zusammen.
    Die anderen saßen einige Augenblicke ganz erstarrt da. Das gab Helmers Zeit, noch einige Kugeln zu versenden. Auch Mariano schoß, dem Beispiel des Gefährten folgend, mehrere Male ab. Dann aber rissen die Überraschten auch ihre Waffen hervor und sprangen auf, um diesen unerwarteten Angriff blutig zu rächen.
    Sie kamen jedoch nicht dazu, denn in diesem Augenblick ertönte Sternaus Stimme:
    „Gebt Feuer auf sie!“
    Es krachten so viele Schüsse, daß es schien, als sei eine Kanone entladen worden. Eine zweite Salve blitzte auf, und dann gab es kein Ziel mehr – die Leute lagen alle tot am Boden. Zweihundert Schüsse und mehr auf fünfzig Mann aus nächster Nähe gefeuert – es war kein Wunder.
    Jetzt raschelte es in dem Unterholz, und die unsichtbaren Schützen traten hervor.
    „Warum schossen Sie?“ fragte Sternau Helmers.
    „Hörten Sie nicht, was der Mensch erzählte?“ sagte der Gefragte.
    „Nein. Ich war bei den Pferden und kam gerade wieder zurück, als ihr erster Schuß fiel. Dann gab ich mein Kommando.“
    „Nun, so will ich Ihnen sagen, daß diese Kerls den Tod zehnfach verdient haben.“
    „Weshalb?“
    „Sie haben die Hacienda del Erina überfallen und meinen Schwiegervater gepeitscht. Dann ist er in den Keller geworfen worden.“
    Der Sprecher zitterte förmlich vor Grimm. Sternau erschrak sichtlich.
    „Ist denn dies wahr?“ fragte er schaudernd.
    „Ja. Der Schurke von Anführer hat es mir erzählt.“
    „So war es eine Räuberbande? Ich dachte, sie gehörten zu Cortejo.“
    „Das ist auch der Fall. Cortejo hat die Hacienda überfallen und plündern lassen, und seine Tochter Josefa hat befohlen, Arbellez zu schlagen.“
    „So befindet sie sich auf der Hacienda?“
    „Ja.“
    „Mein Gott, welch eine Nachricht. Aber darüber nachher. Jetzt vor allen Dingen müssen wir sehen, ob diese Menschen wirklich tot sind.“
    Juarez wurde jetzt, am Stamm eines Baumes lehnend, sichtbar. Er sah schweigend zu, wie man die Besiegten hin und her wendete, um zu sehen, ob noch eine Spur von Leben in ihnen sei. Sie waren alle tot. Viele von ihnen hatten mehr als eine Kugel erhalten. Ein einziger stöhnte auf, als er berührt wurde. Er blickte mit gläsernen Augen den an, der ihn gefaßt hielt und röchelte:
    „O, o, das ist das Gesicht des Haziendero.“
    „Was sagt dieser Mann?“ forschte Juarez.
    „Er spricht vom Gesicht des Haziendero“, antwortete der gefragte Mexikaner.
    „Es ist derjenige, welcher meinen Schwiegervater gepeitscht hat“, fügte Helmers hinzu, indem er dem Verwundeten einen Fußtritt versetzte.
    „Ah, davon sprach bereits ‚Bärenauge‘“, meinte Sternau. „Es ist einer dabei, welcher gesagt hat, daß ihm immer das Gesicht des gepeitschten Haziendero erscheine. Dieser Mann muß es sein.“
    „Er ist es“, bestätigte der Apache.
    „Sucht ihn am Leben zu erhalten. Vielleicht können wir von ihm etwas erfahren. Wie ist er verwundet?“
    „Eine Kugel durch die Brust.“
    „Zeigt her.“
    Sternau bog sich zu dem Manne nieder und öffnete ihm Jacke und Hemd. Nach einer kurzen Untersuchung meinte er:
    „Leider keine Rettung.“
    „Nein!“ röchelte der Verwundete, halb bewußtlos. „O, dieses Gesicht!“
    Seine Mienen drückten ein furchtbares Entsetzen aus. Nach einigen Augenblicken öffnete er die Augen. Sein Blick fiel auf den neben ihm liegenden Capitano.
    „Tot! Auch tot!“ gurgelte er. „O, der Brief! Wer besorgt den Brief?“
    „Welchen Brief?“ fragte Sternau.
    „An Cortejo“, erklang es, wie aus dem Munde eines Ertrinkenden.
    „Wo ist Cortejo?“
    „Am – am – am San Juana.“
    „Und der Brief?“
    Das Feuer beleuchtete den Sterbenden. Seine Wangen wurden fahl. Er schwieg. Er war nicht imstande eine Antwort zu geben. Da faßte Sternau ihn fest und rief laut, ihn derb rüttelnd:
    „Der Brief. Wo ist er?“
    Da öffnete der Mann langsam das Auge.
    „Im Stiefel“, lispelte er.
    „In wessen Stiefel?“
    Der Gefragte schloß das Auge wieder. Der Tod streckte seine Hand nach ihm aus. Kein Rütteln und kein Fragen half. Ein Blutstrom quoll aus seinem Mund. Schon schien er
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